Die Rottenburger Girlande hat bald ausgedient (Video)

Kaputte Bahnschranke soll Ende Januar repariert werden

Alle halbe Stunde, von frühmorgens bis spätabends, öffnet sich die Tür am Rottenburger Stellwerk. Heraus tritt ein Mann mit Warnweste, steckt sich meist erstmal eine Zigarette an und überquert dann gemessenen Schrittes die Weilerstraße, die hier die Bahngleise kreuzt.

03.01.2015

Von Hans-Jörg Schweizer

Drüben angekommen greift er sich eine Girlande, die an einer der vier Schranken befestigt ist, und verharrt in Wartestellung. Bis das Bimmeln erklingt, wenn die drei anderen Schrankenarme sich in die Waagrechte senken. Nun zieht auch der Bahnübergangsposten seine rot-weiß gestreifte Attrappe in die Straßenmitte – bis zur Spitze der gegenüberliegenden Halbschranke. Und wartet. Bis die Bahn durch ist. Der Posten lässt seine Girlande wieder zusammenschnurren und schlendert zurück ins Stellwerk. Und wartet. Auf den nächsten Zug durchs Neckartal.

01.09.2015 Girlandendienst am Rottenburger Bahnübergang
© Video: Schweizer 02:45 min
Seit einem Unfall im September kann die Rottenburger Schrankenanlage an der Hirschkreuzung nur noch drei ihrer vier Arme bewegen. Das alternative Sicherheitskonzept beruht auf Handarbeit und einer rot-weißen Girlande.

Bald aber soll Schluss sein damit: Die Girlandendekoration des Bahnübergangs an der Hirschkreuzung wird wohl ausgerechnet zur Fasnet wieder abgeschafft. Ein Bahnsprecher war kurz vor Silvester voller Hoffnung, dass Ende Januar, Anfang Februar Ersatz für die seit vier Monaten defekte Schrankenmechanik beim Rottenburger Bahnhof geliefert wird.

Ein Auto war am 7. September gegen die 60 Jahre alte Schranke Ecke Weiler- und Niedernauer Straße gekracht. Seither kann die Anlage nur noch drei ihrer vier Arme bewegen. Anfangs behalf sich die Bahn, indem sämtliche Züge von oder nach Horb an der Schranke halten und kräftig hupen mussten, um dann im Schritttempo die unzureichend zu drei Vierteln gesicherte Weilerstraße zu überquerten. Weil das Gehupe den Anliegern aber Ruhe und Nerven raubte, engagierte die Bahn Mitte September einen Ein-Euro-Jobber, der zunächst nur wochenends eine Schranken-Attrappe in Form der beschriebenen rot-weißen Girlande über die Lücke spannte.

Ende September wickelte die Bahn den bewegungsunfähigen Schrankenarm dann in blaue Plastikfolie. Ein pensionierter Verkehrssicherheitsingenieur hatte beanstandet, der weit sichtbar gen Himmel gereckte rot-weiße Balken könne Straßenverkehrsteilnehmern – trotz lautstarker Warnglocke und blinkendem Rotlicht beim Andreaskreuz – den ebenso falschen wie lebensgefährlichen Eindruck eines geöffneten Bahnübergangs vermitteln.

Derzeit erledigen den Girlandendienst täglich zwei von insgesamt sieben Mitarbeitern einer Sicherungsfirma, wie sie sonst auf Bahnbaustellen eingesetzt werden. Nach immerhin fünf Monaten soll das sehenswerte Schauspiel nun also wieder abgesetzt werden. Ein Bahn-Sprecher nannte es einen „Silberstreif am Horizont“: Eine beauftragte Spezialfirma habe zugesagt, bis Ende Januar die bestellten Schranken-Ersatzteile zu liefern. Denn selbst in den Tiefen der altehrwürdigen Eisenbahn-Lager waren keine Komponenten dieser 60 Jahre alten Mechanik mehr vorrätig. Die Teile für den Schranken-Oldtimer mussten eigens angefertigt werden, was freilich seine Zeit brauche, so der Sprecher.

Anstelle der alten eine neue Schrankenanlage am Rottenburger Bahnübergang zu installieren, das sei keine Alternative gewesen, so der Bahn-Sprecher. Dazu müsste man „tief in die bestehende Leitungs- und Sicherheitstechnik eingreifen“, das Planungs- und Genehmigungsverfahren würde nicht Monate, sondern Jahre dauern, und die aktuelle Bahn-Hightech würde vermutlich dennoch nicht reibungslos mit der alten Neckartalstreckentechnik harmonieren.

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Erstellt:
03.01.2015, 12:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 27sec
zuletzt aktualisiert: 03.01.2015, 12:00 Uhr

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