Horb · Bestattungskultur

Kein Grabschmuck mehr im Horber Ruhewald

Mit 13 zu 9 Stimmen hat sich der Gemeinderat für eine klare Richtlinie bei der Dekoration entschieden und hofft nun auf eine Befriedung.

26.11.2020

Von Dagmar Stepper

Nach einer Trauerfeier ist im Ruhewald künftig zehn Tage lang Blumenschmuck erlaubt. Danach wird er abgeräumt. Bild: Karl-Heinz Kuball

Nach einer Trauerfeier ist im Ruhewald künftig zehn Tage lang Blumenschmuck erlaubt. Danach wird er abgeräumt. Bild: Karl-Heinz Kuball

Keine Blumen, keine Kränze, keine Tannenzapfen, kein gar nichts: So soll nach dem Willen des Gemeinderats künftig die Grabgestaltung im Ruhewald aussehen. Leicht gemacht hat sich das Gremium die Entscheidung nicht: Mit 13 zu 9 fiel sie knapp aus.

Dass sich der Gemeinderat erneut mit dem Ruhewald beschäftigte, lag an Kontroversen in der Vergangenheit. Seit der Friedhof am 30. Juni 2018 eröffnet wurde, entbrannte ein Streit darüber, was an Grabschmuck erlaubt ist und was nicht. Die ursprüngliche Satzung, die gar nichts zulässt, wurde durch einen städtischen Flyer aufgeweicht, die dezente Erinnerungen erlaubte: Was im Wald gefunden wird, darf als Schmuck verwendet werden.

Viele persönliche Statements

Das wurde von einigen Angehörigen breiter ausgelegt, als sich das die Stadtverwaltung wünschte. Gräber wurden abgeräumt, Angehörige beschwerten sich bei der Presse, um ein sensibles Thema wurde ein lautstarker Kampf geführt. Um dem ein Ende zu bereiten, fand im September ein Workshop mit Teilen der Stadtverwaltung, Gemeinderäten und Pächtern statt. Dabei wurde ein Konsens erarbeit: Dezente Dekorationen mit waldtypischen Materialien sollten an der Grabstelle erlaubt sein (siehe die drei kleineren Fotos). Über diesen Kompromiss hatte nun der Gemeinderat zu entscheiden.

Dezente Dekorationen – wie dieser Schmuck aus natürlichen Materialien – wurden im Workshop von einigen Teilnehmernbefürwortet, Der Gemeinderat hat sich am Dienstagabend aber dagegen ausgesprochen.

Dezente Dekorationen – wie dieser Schmuck aus natürlichen Materialien – wurden im Workshop von einigen Teilnehmern
befürwortet, Der Gemeinderat hat sich am Dienstagabend aber dagegen ausgesprochen.

Kein Grabschmuck mehr im Horber Ruhewald
Kein Grabschmuck mehr im Horber Ruhewald

Der rote Faden, der sich durch die Diskussion am Dienstagabend zog, war der einigende Gedanke: „Wir hoffen, dass nun Ruhe in den Ruhewald einzieht“, sagte Oberbürgermeister Peter Rosenberger. Doch wie sollte das gelingen? Das war die entscheidende Frage. Der Entscheidung ging daher auch eine emotionale Diskussion voran. Einigkeit herrschte dabei in keiner Fraktion, daher wurden viele persönliche Statements abgegeben.

Wolf Hofmann (OGL) erzählte von seiner Mutter, die in einem Ruhewald auf der Schwäbischen Alb begraben ist. „Dort sind man nach zwei Wochen nichts mehr von dem Urnengrab.“ Er befürchtet, dass es bei dem Konsens auf eine „Erbsenzählerei“ hinauslaufe, auf die Weise: „Wie viele Steinchen sind erlaubt, wie viele Zentimeter sind es?“ Christina Nuss (BiM) dagegen plädierte für den Kompromiss: „Gar nichts mehr zu erlauben, halte ich für abwegig.“ Diana Hübl (CDU) wies darauf hin, dass vielen Workshop-Teilnehmern es wichtig gewesen sei, dass niemand auf ein Grab trete. Daher plädierte sie für dezenten Grabschmuck „Aber wenn wir uns für den Kompromiss entscheiden, dann muss es auch funktionieren“, betonte sie.

Das wiederum bezweifelten etliche – darunter auch OB Rosenberger, auf den der Kompromissvorschlag zurückging. „Das Problem ist das Ausufernde: Wo fängt es an, wo hört es auf?“ „Hier hilft nur eine deutliche Entscheidung: Die Grabpflege übernimmt die Natur“, sagte Fridolin Weckerle (CDU). Thomas Mattes (SPD) hingegen warb für den Kompromiss: „Ich kann beide Seiten verstehen: Aber es wäre auch eine Farce, zwei Sitzungen mit Angehörigen zu machen und dann das Ergebnis abzulehnen.“

780 Verträge abgeschlossen

Silke Wüstholz (FD/FW) wehrte sich dagegen, dass „eine Handvoll Menschen entscheidet.“ Sie spielte darauf an, dass 780 Verträge abgeschlossen wurden, von den Vertragspartnern sich aber sehr viele gar nicht äußerten. Im Gegensatz zu einer Minderheit, die lautstark auftreten würde. „In der Satzung steht, dass kein Grabschmuck verwendet werden darf. Wen ich einen Vertrag abschließe, dann akzeptiere ich, dass jemand über mein Grab läuft. Mit diesem Kompromiss werden wir keine Ruhe bekommen“, ist Wüstholz überzeugt. Hermann Walz gab sich diplomatisch: „Wenn es sich um einen Wald handelt, sollte eigentlich nichts rein. Aber wenn gemeinsam ein Konsens gefunden wurde, dann trage ich das mit.“

Was nun als Grabschmuck erlaubt ist, regelt jetzt die Friedhofssatzung in Paragraf 11

(1) Der naturbelassene Ruhewald darf in seinem Erscheinungsbild nicht gestört oder verändert werden. Pflegemaßnahmen sind nur durch die Stadt selbst oder durch von ihr beauftragte Dritte durchzuführen. Es ist nicht zulässig, die Bäume zu bearbeiten, zu schmücken oder in sonstiger Form zu verändern.

(2) Im Wald und auf dem Waldboden dürfen keine künstlichen Veränderungen vorgenommen werden. Insbesondere ist es nicht gestattet:

a) Grabmale, Gedenksteine oder Baulichkeiten zu errichten,

b) Kränze, Grabschmuck oder Erinnerungsstücke niederzulegen,

c) Nach der Beisetzung können Blumen an der Grabstätte niedergelegt werden. Die Blumen werden 10 Tage nach der Beisetzung durch die Stadt abgeräumt, um das Grab der Natur zu überlassen. Blumenschmuck nach diesem Zeitraum ist nicht gestattet, die Niederlegung von Blumen an dem zentralen Verabschiedungsplatz steht aber jederzeit frei.

d) Kerzen oder Lampen aufzustellen,

e) Anpflanzungen vorzunehmen.

(3) Im Sonnenscheinfeld wird auf die besonderen Bedürfnisse trauernder Familien Rücksicht genommen. Daher sind dort kleine Anhänger oder bunte Stoffbänder an den Bäumen zulässig, soweit diese die Gesundheit des Baumes nicht beeinträchtigen.“

Nachfolgend der Auszug aus der Friedhofssatzung zum Ruhewald, § 11:

㤠11 Vorschriften zur Gestaltung

(1) Der naturbelassene Ruhewald darf in seinem Erscheinungsbild nicht gestört oder verändert werden. Pflegemaßnahmen sind nur durch die Stadt selbst oder durch von ihr beauftragte Dritte durchzuführen. Es ist nicht zulässig, die Bäume zu bearbeiten, zu schmücken oder in sonstiger Form zu verändern.

(2) Im Wald und auf dem Waldboden dürfen keine künstlichen Veränderungen vorgenommen werden. Insbesondere ist es nicht gestattet:

a) Grabmale, Gedenksteine oder Baulichkeiten zu errichten,

b) Kränze, Grabschmuck oder Erinnerungsstücke niederzulegen,

c) Nach der Beisetzung können Blumen an der Grabstätte niedergelegt werden. Die Blumen werden 10 Tage nach der Beisetzung durch die Stadt abgeräumt, um das Grab der Natur zu überlassen. Blumenschmuck, nach diesem Zeitraum ist nicht gestattet, die Niederlegung von Blumen an dem zentralen Verabschiedungsplatz steht aber jederzeit frei.

d) Kerzen oder Lampen aufzustellen,

e) Anpflanzungen vorzunehmen.

(3) Im Sonnenscheinfeld wird auf die besonderen Bedürfnisse trauernder Familien Rücksicht genommen. Daher sind dort kleine Anhänger oder bunte Stoffbänder an den Bäumen zulässig, soweit diese die Gesundheit des Baumes nicht beeinträchtigen.“

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26.11.2020, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 51sec
zuletzt aktualisiert: 26.11.2020, 01:00 Uhr

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