Gericht

Keiner hat etwas gesehen

Der Prozess gegen einen 24-Jährigen, der im April 2014 in Empfingen mehrere Menschen teils schwer verletzt haben soll, begann gestern am Horber Amtsgericht.

07.12.2016

Von Fabian Schäfer

April 2014, Tälesee-Halle Empfingen. Die Mallorca-Party neigt sich dem Ende zu, einige Besucher stehen noch vor der Halle. Plötzlich Lärm, einige junge Männer gehen unvermittelt aufeinander los. Einer geht zu Boden, mehrere stehen über ihm, treten auf ihn ein. Die Situation ist unübersichtlich. Dann löst sich das Getümmel auf, Täter und Opfer gehen getrennte Wege. Doch kurze Zeit später kommt es an der nahegelegenen Tankstelle zu einer erneuten Auseinandersetzung, wieder zwischen zwei Gruppen. Das Ergebnis: Bruch der Schädelaußenwand, innere Blutungen im Bauch und erhebliche Verletzungen im Kieferbereich bei zweien der Opfer.

Körperverletzung in zwei Fällen

Was genau vor nun beinahe drei Jahren nach der Mallorca-Party passiert war, das versuchte das Horber Amtsgericht am gestrigen Dienstag unter Vorsitz von Direktor Albrecht Trick herauszufinden. Die Staatsanwaltschaft warf dem 24-jährigen Beschuldigten aus Horb vor, an diesem Abend zunächst vor der Tälesee-Halle und später vor der Tankstelle, auf zwei in Empfingen wohnende Brüder eingeschlagen und -getreten und diese mit Tritten ins Gesicht teils schwer verletzt zu haben. Die Anklage lautete auf gefährliche Körperverletzung in zwei tateinheitlichen Fällen sowie vorsätzliche Körperverletzung.

Der Angeklagte schilderte daraufhin seine Sicht der Dinge und stellte sich als das eigentliche Opfer dar. Er habe auf der Party ein Mädchen getroffen, mit dem er ins Gespräch gekommen sei. Währenddessen sei ihm aufgefallen, dass einige, offensichtlich betrunkene Besucher ihn beobachteten und immer wieder mit dem Finger auf ihn zeigten. Als er sie darauf angesprochen habe, sei ihm erklärt worden, dass die junge Frau die Ex-Freundin einer der beiden Brüder sei. Zunächst habe man sich dann im Frieden getrennt, doch als der Beschuldigte die Halle verlies, habe ihn erneut eine der Personen angesprochen. Ein zweiter Mann sei dann von hinten auf ihn losgegangen und habe ihn gegen den Hals geschlagen, berichtete der 24-Jährige. Er habe sich verteidigt, die Security daraufhin die Situation geklärt.

„Kronzeugen“ blieben aus

Mit einigen Freunden sei der Angeklagte dann zur Tankstelle gegangen, wo ihn nach kurzer Zeit die gleichen Männer erneut angegriffen hätten. Er selbst habe sich mit einem Mann geschlagen und dann später einen weiteren vor der Tankstelle liegend entdeckt, dem er Hilfe angeboten habe.

Insgesamt 19 Zeugen hatte Richter Trick geladen, doch ausgerechnet die beiden Empfinger Hauptakteure blieben unentschuldigt aus. „Ihre Mutter hat angerufen und erklärt, beide seien erkältet. Ein ärztliches Attest liegt allerdings nicht vor“, berichtete Trick. Die restlichen 17 Zeugen brachten jedoch wenig Licht ins Dunkle. Viele hatten nur von den Vorfällen gehört oder sich vom Tatort entfernt, als die Schlägerei losging, so dass wenig Verwertbares herauskam. Auch die weibliche Bekanntschaft des Beschuldigten war laut eigener Aussage während des Streits nicht mehr anwesend.

Offen blieb auch, wieso es überhaupt zu der Auseinandersetzung gekommen war. Einige Zeugen nannten die junge Frau, mit der sich der Angeklagte unterhalten hatte, als Grund. Andere sprachen von der Bitte um eine Zigarette als Auslöser.

Der Prozess wird am kommenden Dienstag, 13. Dezember, am Amtsgericht fortgesetzt, dann vermutlich mit den beiden Empfinger Zeugen.