Zwiebeln wären auch nicht schlecht

Kinder an der Rottenburger Hohenberg-Grundschule lernten gesundes Essen zu pflanzen

Kalt war‘s, lustig, und die Drittklässler-Kinder hatten viel Freude: Als erste Schule in Baden-Württemberg erlebte die Hohenberg-Grundschule in Rottenburg den Projekttag zu gesunder Ernährung der Münchener BayWa-Stiftung.

19.04.2016

Von Gert Fleischer

Das Hochbeet haben die Drittklässler der Rottenburger Hohenberg-Grundschule mit Erde befüllt, jetzt müssen die Pflänzchen eingesetzt werden. Die Frau mit Brille ist Cornelia Ast, die Leiterin des Projekts „Gemüse pflanzen, Gesundheit ernten“ der BayWa-Stiftung. Erem (im weißen Shirt) hat Cola-Kraut in der Hand.Bilder: Fleischer

Das Hochbeet haben die Drittklässler der Rottenburger Hohenberg-Grundschule mit Erde befüllt, jetzt müssen die Pflänzchen eingesetzt werden. Die Frau mit Brille ist Cornelia Ast, die Leiterin des Projekts „Gemüse pflanzen, Gesundheit ernten“ der BayWa-Stiftung. Erem (im weißen Shirt) hat Cola-Kraut in der Hand.Bilder: Fleischer

I n Bayern hat die BayWa schon knapp hundert Schulen besucht, nun sind Baden-Württemberg und Hessen an der Reihe. Die Hohenbergschule habe mit ihrer Bewerbung so überzeugt, dass sie als erste dran kam. Die Stiftung möchte möglichst sicher sein, dass ihr Projekt „Gemüse pflanzen, Gesundheit ernten“ dauerhaft fortgeführt wird. Dass die Hohenbergschule – mit einigen tausend Euro Unterstützung vom Bürgergeld und Spenden – voriges Jahr schon einen kompletten Schulgarten mit Zaun und Gerätehütte angelegt hat, machte Eindruck. Ebenso, dass es eine Schulgarten-AG gibt mit vier Lehrer(inne)n, die darauf achten, dass das viele Spendengeld immer wieder Früchte trägt,

Am Montag kam die BayWa Stiftung mit Projektleiterin Cornelia Ast und der Gartenbau-Ingenieurin Marion Zlamal. Sie brachten Bausätze, die alles enthielten, was für den Bau zweier Hochbeete benötigt wird – außer der Erde. Vom Werkzeug über die Gartengeräte bis zu den jungen Pflänzchen fanden die Kinder alles vor. Außerdem einen Bienenbeobachtungskasten und ein Schmetterlingshaus, denn aus der Blüte allein entsteht noch keine Gurke. Die Schule darf das alles auch behalten und bekommt in den nächsten drei Jahren jeweils noch 200 Euro, um sich Setzlinge oder auch mal eine Schippe nachzukaufen.

Ohne Theorie geht es bei aller lehmigen Gartenpraxis nicht: Ernährungskompass und Aktionsbuch erhalten die Kinder, auch damit sie ihr Wissen zu Hause mit Eltern und Geschwistern teilen und anwenden. Das Projekt wird gefördert von den bayerischen Ministerien für Bildung und Ernährung.

Als das TAGBLATT kam, hatten die Kinder die beiden Holzkisten für die Hochbeete schon zusammengebaut, mit Folie ausgeschlagen und fast ganz gefüllt. Der Grasboden im Garten, vom nächtlichen Regen aufgeweicht, zeigt die Spuren der Arbeit, Schuhe und Hosen der Acht- bis Zehnjährigen zeugen von robustem Tatendrang. „Ich muss so zum Zahnarzt“, sagt Lola. „Zum Zähne Versiegeln.“ Der Doktor wird sich gefreut haben. Auch Tamara hat einen Garten-Anschlusstermin in einer Praxis mit Bohrmaschine: „Ich muss einen Zahn rausziehen lassen. Der nervt.“ Loni vervollständigt das Thema: „Ich muss’ heute leider nicht zum Zahnarzt, aber zum Theater.“ Welches? „Theater am Torbogen. Viel mehr Leute sollten ins Theater gehen“, empfiehlt die Achtjährige. Wir erfahren, dass es auch eine Altenheim-AG gibt, die alle zwei Monate das „Haus am Neckar“ besucht.

Zurück zur Krume hilft uns Ben. Er erinnert sich, wie die Holzkisten gefüllt wurden: „Erstens Äste, dann ganz viel Laub und dann eine ganz dicke Schicht Erde.“ Fertig ist das Hochbeet. Aber von allein wächst nichts, jedenfalls nicht schnell. Yaren weiß Abhilfe: „Da können wir Obst und Gemüse einpflanzen.“ Schön, aber welches? „Zum Beispiel Karotten, Mandarinen . . .“ „Bananen“, „Äpfel“, riefen andere. Okay, wenn die Kinder die ersten Mandarinen und Bananen ernten, steht das TAGBLATT wieder auf der Grasnarbe. Annelie ist realistischer: „Gurken, Tomaten, Karotten. Zwiebeln wären auch nicht schlecht.“

„Wir arbeiten schon seit einer Stunde“, sagt Yaren. „Ich freu’ mich schon, wenn wir das alles essen.“ Der Hohenberg-Schulgarten scheint ein tolles Wachs-Klima zu haben. Johannes klärt den Zeitungsmann auf: „Wir haben Obst gemacht, und alles in den Mixer getan.“ Das klingt nach Smoothie, dieser kalten Trinksuppe. „Ja, mit Bananen, Salat und Wasser“, verrät Eren. „Sah eklig aus“, meint Belmin und verzieht sein Gesicht. Mit was er den edlen Smoothie verglich, schreiben wir mal nicht. Aber getrunken haben alle. „Es war grün und schmeckte viel nach Banane.“

Im Schulhaus drin haben die Kinder aber nicht nur Dicksaft geschreddert, sondern viele Brote mit selbstgemachtem Kräutersahnequark bestrichen. Auch zwei Schüsseln mit Quark als Dip, in den man nachher die massenhaft geschnitzten Karotten- und Kohlrabi-Stäbchen stecken kann, stehen bereit. Welche Kräuter sind da drin? Jasmin zählt auf: „Schnittlauch, Petersilie, noch ein Kraut, das kenn’ ich nicht.“ Basilikum? „Nee.“ Basilikum-Blättchen lagen auf dem Dip. „Petersilie, Thymian“, schlägt Zahira vor. Klara sagt super überzeugt: „Da ist auch Rosmarin drin.“

Bald ist die Beet-Gruppe fertig damit, grüne und rote Salat- und Kohlrabi-Pflänzchen in die Erde zu stecken und arme Regenwürmer zu liebkosen, da ist schon der Tisch im Freien gedeckt. Tatsächlich essen die Kinder das gesunde Zeug. Nicht dass sie es von der Platte reißen, aber sie essen. Besonders zu erwähnen: Obwohl Cornelia Ast ihnen sagt, sie dürften sich dann auch noch einen gesunden Nussriegel bei ihr holen, gibt es keine spontane Völkerwanderung hin zum Süß-Karton.

Der Projekttag nähert sich dem Ende, und Lehrer Klaus Otter will dem „Team aus München etwas ganz Besonderes mitgeben“. „Aus unserer Schul-Imkerei“, ruft er in die jetzt richtig große Runde von Schülern und Lehrern. „Schul-Honig, das gibt es ganz wenig. Honig aus biologischem Wachskreislauf.“ Die Hohenbergschule hat einen Bienenstock, am Arbach bei Wurmlingen.

In den nächsten Tagen sind Cornelia Ast und Marion Zlamal in Straubing, Freiburg, Bruchsal, Lindau und Nürnberg. Alles fürs gesunde Essen.

In einen Klassenzimmer bereiteten die Kinder Dips und Brote mit Kräuterquark zu. Dann futterten alle zusammen draußen.

In einen Klassenzimmer bereiteten die Kinder Dips und Brote mit Kräuterquark zu. Dann futterten alle zusammen draußen.

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Erstellt:
19.04.2016, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 29sec
zuletzt aktualisiert: 19.04.2016, 01:00 Uhr

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