Schüler und Lehrer tragen‘s mit Fassung

Klausurverschiebung an Realschulen bedeutet großen Mehraufwand

Weil ein Umschlag mit Prüfungsaufgaben vorab geöffnet wurde, musste die für gestern geplante Realschulklausur in Deutsch um eine gute Woche verschoben werden. Was bedeutet das für die Schulen im Landkreis? Die SÜDWEST PRESSE hat nachgefragt.

18.04.2018

Von dag, fbs, cap

Die einen schreiben doch keine Prüfung, die anderen haben doch nicht unterrichtsfrei: Schüler an der Horber Realschule.Archivbild: Kuball

Die einen schreiben doch keine Prüfung, die anderen haben doch nicht unterrichtsfrei: Schüler an der Horber Realschule.Archivbild: Kuball

Die Nachricht erreichte die Realschulen in Baden-Württemberg am frühen Montagabend: Die Abschlussprüfung im Fach Deutsch muss vom gestrigen Dienstag um über eine Woche auf Freitag, 27. April, verschoben werden. Wie das Kultusministerium mitteilte, wurde in Bad Urach (Landkreis Reutlingen) ein vollständig geöffneter Umschlag mit den Prüfungsaufgaben entdeckt. Angesicht der „nicht geschlossenen Verwahrungskette“ bestehe daher die Möglichkeit, dass sich Unbefugte Zugang zu den Prüfungsaufgaben verschafft hätten, hieß es von Ministeriumsseite.

Am 27. April werden nun die Aufgaben für den Nachtermin verwendet. Diese Lösung war am gestrigen Tag nicht möglich, da die Auslieferung an sämtliche Schulen in der kurzen Zeit nicht möglich war.

Keine dramatische Situation

Die Nachricht von der verschobenen Deutschprüfung verbreitete sich bei den 119 betroffenen Schülern der Realschule Horb in den sozialen Netzwerken wie ein Lauffeuer. Doch einen Tag später habe sich die Aufregung gelegt, berichtet Schulleiterin Heidrun Linka auf unsere Anfrage: „Klar, es wäre für die Schülerinnen und Schüler schön gewesen, wenn sie es weg gehabt hätten, aber es gibt Schlimmeres.“ Sie selbst hat es am Montagabend in der Landesschau erfahren und zuerst an einen Aprilscherz gedacht. Doch dann erinnerte sie sich an die Einbrecher im vergangenen Jahr, die in einem Stuttgarter Gymnasium den Tresor mit aktuellen Abiaufgaben geknackt hatten und daraufhin die Mathe- und Englischaufgaben in Baden-Württemberg ausgetauscht werden mussten.

Wie es zu dem „Unfall“ mit dem geöffneten Umschlag kam, kann sich Linka nicht erklären. Auf jeden Fall sorgt der Vorfall für etlichen bürokratischen Mehraufwand. Die Pläne müssen neu erstellt werden, die Rundhalle für nächsten Freitag neu gebucht werden. Zudem war die Halle für die für heute geplante Prüfung schon bestuhlt und muss wieder abgebaut werden. „Es ist ein Mehraufwand, aber nicht dramatisch“, sagt Linka.

Für die Schüler ist der heutige Mittwoch nun kein Prüfungstag, sondern ein ganz normaler Unterrichtstag. Als erste Prüfung in diesem Jahr steht nun Mathematik am Freitag an. Englisch folgt am Dienstag und Deutsch nun zum Schluss am darauffolgenden Freitag. Traditionell gehen die Abschlussschüler nach den Prüfungen zum Frühlingsfest auf den Stuttgarter Wasen. Dieses Jahr findet der Ausflug nun vorher statt. Denn der Tisch ist schon seit Wochen gebucht, wie eine Schülerin berichtet. Aber Linka sieht es entspannt. „Da kann man nichts machen“, sagt sie. Wichtig ist für sie vor allem eins: „Ich hoffe, dass alle einen guten Abschluss machen.“

Entspannung in Freudenstadt

Als „sehr entspannt“ beschreibt auch Stefanie Maier, Leiterin der Falkenrealschule Freudenstadt, die Situation an ihrer Schule. „Es gibt praktisch keine Aufregung. Für die Schüler ist es glaube ich ein kleineres Problem. Man schiebt unangenehme Sachen ja gerne von sich weg.“

Die Verwaltung habe die Schüler schon am Montagabend auf der Homepage über die Situation informiert. Der organisatorische Aufwand sei da noch die größere Herausforderung. „Wir haben ja den gesamten Prüfungstag geplant, mit doppelter Aufsicht, andere Klassen haben unterrichtsfrei“, erzählt Maier. Am schlimmsten träfe es jedoch die Korrektoren: „Die haben nun zehn Tage weniger Zeit. Und Deutsch ist nun mal ein sehr korrekturaufwendiges Fach.“

Den Vorfall in Bad Urach kann sich Maier nicht erklären: „Das kann ich nicht nachvollziehen. So etwas habe ich in meiner 16-jährigen Karriere in der Schulleitung noch nie erlebt.“ Dennoch sagt sie: „Wir kämpfen hier täglich mit schlimmeren Dingen. Menschliche Tragödien sind viel schwieriger zu klären. Organisationsdinge kann man immer lösen.“ Entsprechend richtig hält Stefanie Maier die Entscheidung des Kultusministeriums. „Es ist unsere wichtigste Prüfung“, stellt die Schulleiterin klar.

Jörg Springmann, Rektor der Lina-Hähnle-Realschule in Sulz meint: „Wir sind mitten in der Neukoordinierungsarbeit. Die offizielle Mitteilung haben wir am Montag spätnachmittags erhalten und gestern gleich die Schüler sowie die Eltern per Elternbrief informiert. Die Deutsch-Prüfungstermine muss die Lina-Hähnle-Realschule mit den Partnerschulen abstimmen. Die Abschlussschüler und die betroffenen Lehrer seien „nicht erfreut, aber jeder trägt‘s mit Fassung“, teilt der Schulleiter der Lina-Hähnle-Realschule mit.

„Es ist unangenehm für alle Beteiligten, hat aber den Charakter höherer Gewalt“, bringt es der Rektor auf den Punkt. Wie so etwas passieren kann, dafür hat Jörg Springmann auch keine Erklärung: „Die Prüfungsaufgaben sind eigentlich so verschlossen, dass nur die Schulleitung Zugang hat“. An der Lina-Hähnle-Realschule werden diese an einem sicheren und verschlossenen Ort aufbewahrt.

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Erstellt:
18.04.2018, 10:10 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 11sec
zuletzt aktualisiert: 18.04.2018, 10:10 Uhr

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