Bald wieder Konzerte im Sommerrefektorium

Kloster Bebenhausen: Risse wegen wandernder Wand

Die Schäden im Sommerrefektorium sind behoben. Es wird nun wieder die Sommerkonzerte in dem fast 700 Jahre alten Saal geben.

08.04.2017

Von Sabine Lohr

Die Restauratorin Luise Schreiber-Knaus und ihr Mitarbeiter Joachim Scheller bei der Arbeit am Gewölbe des Sommerrefektoriums. Die Risse entstanden, weil sich die Ostwand des Raumes bewegt. Bild: Staatliche Schlösser und Gärten Baden-Württemberg

Die Restauratorin Luise Schreiber-Knaus und ihr Mitarbeiter Joachim Scheller bei der Arbeit am Gewölbe des Sommerrefektoriums. Die Risse entstanden, weil sich die Ostwand des Raumes bewegt. Bild: Staatliche Schlösser und Gärten Baden-Württemberg

Wegen Rissen im Gewölbe des Sommerrefektoriums im Kloster Bebenhausen wurde der gotische Raum im Januar 2016 gesperrt, um Besucher nicht zu gefährden. Erste Untersuchungen ergaben, dass die gesamte Osthälfte betroffen war. Zum Teil gab es dort mehrere Zentimeter breite Risse, vor allem in den Schlusssteinen und in den Anschlüssen zur Wand.

Die Staatliche Schlösser und Gärten Baden-Württemberg, die historische Monumente im Südwesten verwaltet, teilt nun mit, wie mit den Schäden umgegangen wurde. Zunächst wurde „eine breite Phalanx an Fachleuten“ dazugezogen: Statiker, eine Architektin, Materialprüfer, Steinmetze, Experten des Landesdenkmalamtes und eine Restauratorin für Wandmalerei. Zuerst ließ man das Gewölbe reinigen, um anschließend Messgeräte im Dachstuhl zu installieren. Ihre Aufgabe: Sie erfassen – teilweise mit Lasertechnik - noch die kleinsten Bewegungen der Wände und des Gewölbes.

Zudem wurde die Gewölbekonstruktion aus dem Mittelalter mit bemaltem Putz und Steinteilen überprüft und analysiert. Ein Statiker fertigte eine Kartierung mit allen bestehenden Rissen in der Decke an. Dadurch wurde es möglich, Risse auf der Gewölbeoberseite mit den Rissen, die man im Raum festgestellt hatte, abzugleichen.

Bei der Prüfung stellte sich heraus, dass die Situation nicht so dramatisch ist, wie man anfangs befürchtet hatte. Das Gewölbe war sogar so stabil, dass selbst bei einem kleineren Erdbeben die Steine nicht herausfallen würden. Und noch etwas zeigte sich: Die Schäden sind nicht kurzfristig entstanden, sondern haben sich über einen langen Zeitraum entwickelt. Bernd Selbmann, Leiter des Amtes Tübingen von Vermögen und Bau, konstatiert: „Die Entscheidung, den Raum zu sperren, hat sich dennoch als richtig erwiesen. Es sind ja tatsächlich Putzteile heruntergefallen – bei der Höhe des Raumes definitiv ein Risiko für die Besucher.“

Die Wand steht schräg

Durch die Messungen weiß man jetzt, dass die Ostwand des ehemaligen Speisesaals der Herrenmönche ein wenig nach außen wegkippt. Pro Jahrhundert wandert die Wand ungefähr einen Zentimeter. Die Ostwand des 1335 errichteten Gebäudes hat damit eine Schräglage von sieben Zentimetern. Das ist auch eine der Ursachen für die Risse im Gewölbe.

Die Ursache für die Absenkung der Wand ist vermutlich das Fundament. Es ist bekannt, dass man, um das Kloster vor 800 Jahren bauen zu können, ein Bergplateau eingeebnet hat. Und dass es auch an anderen Stellen des Klosters Probleme mit Senkungen gab und gibt. Bereits im 16. Jahrhundert musste deshalb das Winterrefektorium an der Westseite abgebaut und neu errichtet werden.

Nachdem das Gutachten vorlag, wurden die leicht verrutschten Steinteile im Deckengewölbe abgesichert. Restauratoren bringen speziellen Sicherungsmörtel in offene Fugen und Risse ein. Absturzgefährdete Putzbereiche, etwa am Rand von Rissen, werden mit Mörtelinjektionen wieder am Gewölbeuntergrund befestigt. Besonders wichtig ist die Konservierung der wertvollen bemalten und vergoldeten Schlusssteine.

Die Sicherungsmaßnahmen für die Stabilisierung des Gebäudes laufen noch diesen Frühling. Dabei werden auch die Ost- und Westwand des Gebäudes miteinander über Sicherungsanker verbunden, die das weitere Auseinanderdriften der Wände verhindern. Als geradezu spektakulär bezeichnet die Staatliche Schlösser-Verwaltung die Erkenntnisse, die sich aus den Untersuchungen der Restauratorin Luise Schreiber-Knaus ergeben haben: Der Putz im Gewölbe ist noch überwiegend original – und damit der des Jahres 1335. Zwar wurden 1874 Wände und Gewölbe flächig überfasst – dabei hielt man sich aber an die mittelalterliche Ausmalung und wiederholte die Motive nur.

Vollständig im Zustand von 1335 erhalten sind die bemalten Unterseiten der 16 Schlusssteine mit ihren Vergoldungen. Die Malereien an diesen markanten Punkten stammen vom gleichen Künstler, der auch das große Tafelbild über dem Eingang zum Sommerrefektorium geschaffen hat. Das Original dieses bedeutenden Werks hängt heute in der Stuttgarter Staatsgalerie, in Bebenhausen wurde es 1905 durch eine Kopie ersetzt. ST

Wieder Konzerte im Sommer

„Im Kloster Bebenhausenwaren durchweg Künstler ersten Ranges am Werk – das gilt es immer wieder ins Bewusstsein zu rufen“, so Michael Hörrmann, Geschäftsführer der Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg. Es sei ein Kolloquium geplant, bei dem die neuesten Erkenntnisse zum Sommerrefektorium vorgestellt und die Sicherungs- und Restaurierungsmaßnahmen erläutert werden.

„Aber natürlich fließen die Erkenntnisse auch in unsere Führungen ein“, verspricht Hörrmann. Bernd Selbmann vom Amt Vermögen und Bau: „Im Juni sollen alle Arbeiten abgeschlossen sein. Die Sommerkonzerte können dieses Jahr also wieder stattfinden.“