Künstliche Intelligenz

Kluge, digitale Helfer für den Alltag

Das Cyber Valley in Tübingen ist einer der Brennpunkte für die Forschung in Europa – auch weil Wirtschaft und Wissenschaft eng zusammenrücken.

17.09.2018

Von MADELEINE WEGNER

Wissenschaftler des MPI entwickeln Algorithmen, mit denen der Roboter Apollo beispiels- weise lernt, einen Akkubohrer zu bedienen. Foto: Wolfram Scheible für MPI-IS

Wissenschaftler des MPI entwickeln Algorithmen, mit denen der Roboter Apollo beispiels- weise lernt, einen Akkubohrer zu bedienen. Foto: Wolfram Scheible für MPI-IS

Tübingen. Sprachassistenten, Gesichtserkennung, Roboter im OP, Krebsdiagnostik oder eine Prognose zur Kreditwürdigkeit: Künstliche Intelligenz (KI) spielt schon heute in vielen Lebensbereichen eine Rolle – mit stark wachsender Tendenz.

„Künstliche Intelligenz wirkt sich in einem Industrieunternehmen auf alle Unternehmensbereiche aus“, sagt Michael Bolle, Geschäftsführer der Robert Bosch GmbH und Geburtshelfer des Cyber Valley. Das Cyber Valley ist ein Forschungsverbund, in dem sich das Max-Planck-Institut für Intelligente Systeme in Tübingen und Stuttgart sowie die beiden Universitätsstädte mit sieben Partnern aus der Industrie zusammengeschlossen haben: mit dem US-Konzern Amazon, den Autobauern Daimler, BMW und Porsche, der IAV GmbH, sowie den Zuliefern Robert Bosch und ZF Friedrichshafen.

Zunächst hatte auch Facebook Interesse bekundet, sich dann aber gegen das Cyber Valley entschieden. Gefördert durch das Land, finanzieren die Partner das Projekt in den kommenden fünf Jahren mit einem hohen zweistelligen Millionenbetrag.

Das Projekt ist eine der größten Forschungskooperationen für Künstliche Intelligenz in Europa und zugleich ein neues Modell, wie Wissenschaft und Wirtschaft eng zusammenarbeiten. Die bessere Verzahnung soll einen Technologietransfer ermöglichen und Unternehmensgründungen fördern, die sich mit dem Künstlichen Intelligenz beschäftigen. Am Max-Planck-Institut für Intelligente Systeme (MPI) in Tübingen, einem Herzstück des Cyber Valleys, erforschen Wissenschaftler in den Bereichen Maschinelles Lernen, Maschinelles Sehen und Robotik, wie intelligente Systeme Informationen verarbeiten, um wahrnehmen, handeln und lernen zu können.

Amazon will in Nachbarschaft zum MPI ein Forschungszentrum bauen. In seinem Beitrag zum Symposium „Künstliche Intelligenz und Gesellschaft“ anlässlich des 70jährigen Bestehens der Max-Planck-Gesellschaft nannte Ralf Herbrich, Leiter des Amazon Development Centers Deutschland, „Amazon Go“ als aktuelles Beispiel der angewandten KI-Forschung: Bei dem Einkaufen ohne Kassen kommen spezielle Kameras zum Einsatz. Gesichtserkennung und Bewegungsanalyse müssen perfekt funktionieren.

Bessere Analyse, weniger Fehler

Amazon hat 450 Mio. Produkte in seinem Angebot. Der Kern des Amazon-Geschäftsmodells besteht in einem spiralförmigen Wachstum: immer mehr Auswahl, immer größere Bequemlichkeit, geringere Kosten für den Kunden – im Umkehrschluss bedeutet das mehr Gewinn und vor allem immer mehr Daten für das Unternehmen.

Bis zum Jahr 2020 wird es weltweit schätzungsweise 20 Mrd. vernetzte Geräte geben. „Alles was vernetzbar ist, wird in Zukunft vernetzt sein“, sagte Bosch-Geschäftsführer Bolle bei einem Symposium am MPI: „Das heißt, die Dinge werden intelligent.“ In der Folge wird durch maschinelle Lernverfahren und wachsende Datenmengen auch die Genauigkeit ansteigen.

Obwohl die Fehlerrate bei der Objekterkennung vom Jahr 2011 bis 2016 von 26 Prozent auf 3 Prozent gesunken ist, sind die Systeme immer noch an bestimmten Punkten störanfällig. Das kann beispielsweise beim autonomen Fahren zur Gefahr werden. Darum widmen sich die Bosch-Forscher diesem Thema intensiv. Technisch wird nach Bolles Einschätzung Bolle das autonome Fahren zu Beginn der nächsten Dekade möglich sein.

Seiner Meinung nach wird sich Künstliche Intelligenz auch in der Entwicklung durchsetzen, beispielsweise im regenerativen Design. Außerdem lasse sie sich in der Produktion, bei internen Abläufen im Unternehmen wie Planung und Controlling sowie für Produkte und Services anwenden. Die Entscheidungen, Motive und Verantwortlichkeiten müssten jedoch immer transparent sein – doch genau hier, insbesondere bei der Transparenz, liegen komplexe, auch rechtliche Probleme, die nicht gelöst sind.

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Erstellt:
17.09.2018, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 37sec
zuletzt aktualisiert: 17.09.2018, 06:00 Uhr

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