Horb · Ökologie

Knatsch um Solardächer

Kann eine Stadt private Investoren zu Photovoltaik-Anlagen verpflichten? Darüber diskutierte der Gemeinderat am Beispiel des Logistikzentrums P3 im Industriegebiet Heiligenfeld.

02.07.2020

Von Dagmar Stepper

Knatsch um Solardächer

Darf eine Kommune einen privaten Investor zwingen, eine Fotovoltaik-Anlage auf seinem Dach zu installieren? Um diese Frage ging es in der Sitzung des Horber Gemeinderats am Dienstagabend. Auslöser der Debatte war ein gemeinsamer Antrag von BiM und OGL: Im Industriegebiet Heiligenfeld ist Anfang April ins P3-Logistikzentrum Daimler Benz als Mieter eingezogen, PV-Anlagen sucht man allerdings vergeblich. „Wie kann das sein, dass auf so großen Flächen keine Fotovoltaik-Anlagen installiert sind?“, fragte OGL-Stadtrat Wolf Hofmann.

Bei bestehenden Gebäuden und im besonderen Fall von P3 sei eine Verpflichtung schwierig durchzusetzen, machte Stadtplaner Peter Klein in seiner schriftlichen Ausführung deutlich. Denn dort, wo einst das Holzapfel-Gebäude stand und nun vor kurzem das Logistikzentrum seinen Betrieb aufnahm, handelte es sich um einen privaten Verkauf an einen privaten Investor. Rückwirkend könnten hier keine Auflagen gemacht werden.

Was aber nicht heißt, dass man nicht das Gespräch mit dem Investor über die Nutzung der Dachflächen gesucht habe. Das machte Oberbürgermeister Peter Rosenberger deutlich: „Wir haben versucht, Kontakt zu P3 aufzunehmen, doch es gab einfach keine Antwort.“ Die Stadt nehme das Ansinnen der beiden Fraktionen auch ernst – auch im Hinblick auf die klimaneutrale Kommune 2050. Daher sei die Stadt an jeglichen Flächen zur Nutzung von Fotovoltaik oder Solaranlagen, auch von kleinen Privaten, interessiert.

Christina Nuss, BiM-Fraktionssprecherin, brachte städtische Gebäude wie auf dem Kasernenareal oder die Rundhalle ins Spiel: „Wenn wir anderen PV-Anlagen vorschreiben wollen, hat man selbst eine Vorbildfunktion.“ Rosenberger informierte, dass das auf dem Kasernengelände geplant sei: „Die Dächer werden nach und nach saniert, danach werden auch Anlagen installiert.“ Im Fall der Rundehalle musste das Stadtoberhaupt allerdings abwinken – die Statik lasse keine PV-Anlagen auf dem Dach zu.

Dr. Dieter Rominger-Seyrich erwähnte mit Kaufland und der Busbahnhof-Überdachung weitere private und öffentliche Bauten, bei denen es sich lohne, über PV-Anlagen nachzudenken. Doch auch bei Kaufland gilt: Im Nachhinein kann niemand verpflichtet werden.

Bei Neubauten hingegen könnten grundsätzlich Gemeinden in Bebauungsplänen und örtlichen Bauvorschriften Bauherren Auflagen machen, erläuterte Peter Klein. Diese dürfen allerdings nicht gegen Bundes- oder Landesermächtigungen verstoßen. Kommunale Möglichkeiten, eine Installation von PV-Dachanlagen zu erzwingen, seien allerdings sehr eingeschränkt.

Niemand sollte dazu gezwungen werden, Solardächer zu installieren, erhob Silke Wüstholz (FD/FW) ihre Stimme. Und schon gar nicht P3. „Wenn P3 kein Interesse auf Fotovoltaik hat, sollte man das akzeptieren“, sagte sie. Es gebe inzwischen zu viele Vorschriften für Private. „Es geht nicht nur um die Ökologie, sondern auch um die Ökonomie“, betonte sie. Wenn es zum Zwang kommen würde, müsste das auf jeden Fall im Gemeinderat diskutiert werden und sie würde dem nicht zustimmen. Von einer Pflicht nahm FD/FW-Fraktionsvorsitzende Dr. Margarete Rebholz ebenfalls Abstand: „Wir sehen keinen Zwang, sondern die Chance, Bürger zu freiwilligen Handlungen zu motivieren.“

Wie macht es Tübingen?

Mehrere Städte haben die Möglichkeit bereits geprüft, wie sie private Bauherren zur Installation von PV-Dachanlagen bringen können, darunter Tübingen. Die Stadt setzt PV-Anlagen aktuell ausschließlich über städtebauliche Verträge um. Eine Festsetzung im Bebauungsplan wurde noch nicht in einem konkreten Verfahren beschlossen. Eine Handhabe, bei
bestehendem Baurecht oder bei
bestehenden Gebäuden eine Verpflichtung einzuführen, gibt es in
Tübingen noch nicht.

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02.07.2020, 01:00 Uhr
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zuletzt aktualisiert: 02.07.2020, 01:00 Uhr

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