Möge uns dieser maulfaule Alpen-Marlowe noch oft und öfter im Kino begegnen.

Komm, süßer Tod

Möge uns dieser maulfaule Alpen-Marlowe noch oft und öfter im Kino begegnen.

24.11.2015

Von che

Komm, süßer Tod

Über das harte Los der Rettungssanitäter hat der ehemalige Meisterregisseur Martin Scorsese neulich einen selbstgefälligen und prätentiösen Film ("Bringing Out The Dead") gemacht. Dass man das Thema auch leichthändig, elegant und trotzdem mit gehörigem Ernst behandeln kann, beweist nun ausgerechnet ein Österreicher: Wolfgang Murnberger hat die schräge Roman-Vorlage seines Landsmanns Wolf Haas in eine spritzige und herrlich abgründige Kriminalgroteske verwandelt.

Wie bei so vielen österreichischen Krimis (mit "Kottan ermittelt" als populäre Speerspitze) ist der Plot nicht gar so wichtig. Wegen der massiv dialektgefärbten Sprache ist man auch nicht immer ganz auf dem Laufenden. Umso intensiver darf man sich dem grandiosen Spiel des Hauptdarstellers hingeben. Der in Deutschland vor allem als Kabarettist bekannte Josef Hader gibt eine Type, wie sie wohl nur in Österreich erfunden werden konnte: den miesepetrigen, Kette rauchenden, ewig unrasierten Ex-Bullen, der - auf halbem Weg zwischen Karriere und Gosse - als Fahrer bei einem dubiosen Samariterdienst namens "Die Kreuzretter" untergekommen ist.

Ein Mord weckt, wenn auch nur zögerlich, seinen kriminalistischen Instinkt, und bald ist klar, dass sich hinter der mildtätigen Vereinigung eine Killertruppe zwecks Erbschleicherei verbirgt. Wirklich wichtig ist aber nicht was, sondern wie Hader ermittelt: so unlustig und umständlich, als bereite ihm die Recherche schlimme Körperqualen; tatsächlich aber mit feinem Gespür für das Milieu und seine Eigenheiten.

Zu Haders schauspielerischer Brillanz gesellen sich (so weit verständlich) funkelnde Dialoge und Murbergers vor Ideen sprühende Regie. Da gibt es - nur zum Beispiel - eine wundervolle Sexszene zwischen zwei Lädierten mit Gips und Matschbirne. Das rasante Finale ist nicht nur unglaublich spannend, sondern steckt so randvoll mit Anspielungen, dass einem ein Lichtlein im Herzen aufgeht. Mit einem Standardkrimi deutscher Provenienz hat dieser geniale Öschi-Thriller so viel zu tun wie Humphrey Bogart mit Horst Tappert.

Überhaupt blüht das filmisch sonst so mausgraue Alpenland derzeit regelrecht auf. Nächste Woche startet Michael Hanekes schwergewichtige, in Cannes mit Preisen überhäufte Jelinek-Verfilmung "Die Klavierspielerin". Und im November kommt mit der Kleinbürger-Burleske Der Überfall der witzigste Film des Jahres endlich auch in die deutschen Kinos. Wieder mit Hader.

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Erstellt:
24.11.2015, 12:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 06sec
zuletzt aktualisiert: 24.11.2015, 12:00 Uhr

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