Geburtstag

Krise? Nein, es ist ein super Gefühl!

Michael Theurer wird heute 50 Jahre alt. Da liegt es nahe, 50 Fragen an ihn zu stellen. Im SÜDWEST PRESSE-Interview plaudert der FDP-Politiker locker von seinem politischen und privaten Leben.

12.01.2017

Von Dagmar Stepper

Michael Theurer und sein großes Vorbild Hans-Dietrich Genscher, der 2016 gestorben ist. Bilder: Kuball

Michael Theurer und sein großes Vorbild Hans-Dietrich Genscher, der 2016 gestorben ist. Bilder: Kuball

Michael Theurer ist wohl der bekannteste Politiker aus Horb. Sein Weg ging steil bergauf, seit er mit nur 27 Jahren hier zum jüngsten Oberbürgermeister Deutschlands gewählt wurde. Über sein politisches und privates Leben und was Horb ihm noch immer bedeutet, darüber spricht Michael Theurer mit der SÜDWEST PRESSE.

SÜDWEST PRESSE: Wie schwer
waren Sie bei der Geburt?

Michael Theurer: Das weiß ich gar nicht. Da müsste ich meine Mutter fragen. Ich weiß aber, dass mein Vater unbedingt wollte, dass ich am Donnerstag, den 12. Januar, auf die Welt komme und nicht am Freitag, den 13. Kurz vor Mitternacht bin ich dann auf die Welt gekommen. Es hat also geklappt.

Waren Sie eher ein ruhiges Kind oder eins, das die Eltern in den Wahnsinn trieb?

Eher ein Ruhiges. Allerdings habe ich laut meinen Eltern als Säugling wohl auch mal eine Nacht durchgebrüllt.

In der Schule: Waren sie Streber, Klassenclown oder Outlaw?

(Lacht). Keins von allen. Also
ich war eher schüchtern und ein guter Schüler, aber selten der Klassenprimus.

Ihr Abi-Durchschnitt?

1,4.

Was hing an den Wänden Ihres
Jugendzimmers?

Ich war Winnetou-Fan. Bei mir hing Pierre Brice an der Wand. Es war ein Starschnitt aus der Bravo, den ich von meinem älteren Bruder bekommen habe.

Einmal mit Che Guevara geflirtet?

Natürlich. In unserer Schülerzeitung „Rüttelsieb“ am Horber Martin-Gerbert-Gymnasium haben wir über südamerikanische Revolutionäre und südamerikanische Musik geschrieben.

Sie haben gedient. Was haben Sie
bei der Bundeswehr gelernt, außer akkurat das Bett zu machen?

In der Grundausbildung habe ich nicht nur das Bettenmachen gelernt, sondern erfahren, dass man sich gegenseitig helfen muss. Auch für meine späteren Verwaltungsaufgaben war die Erfahrung im Brigadestab eine gute Vorbereitung. Außerdem habe ich zehn Kilo abgenommen, was ja auch nicht das Schlechteste war.

War Zivildienst eine Option für Sie?

Ja, darüber habe ich sogar intensiv nachgedacht, denn ich war sehr engagiert bei der Friedensbewegung dabei. Atomwaffen halte ich für sehr gefährlich. Ich habe gegen den Nato-Doppelbeschluss und die Nachrüstung demonstriert. Aber ich habe mich dann bewusst für die Bundeswehr entschieden: Denn sie ist notwendig, um die Freiheit zu verteidigen.

Nach der Bundeswehr machten Sie ein Volontariat bei einer Tageszeitung: Was hat Sie am Journalismus gereizt und warum sind Sie heute kein Journalist mehr?

Mich hat die Abwechslung gereizt, die große Bandbreite an Themen und die Begegnungen mit Menschen. Ich wollte ursprünglich Wirtschaftsjournalist werden, daher habe ich Volkswirtschaft studiert. Dann kam mir die Politik dazwischen. Ich wurde ja 1995, als ich noch Student in Tübingen war, zum Oberbürgermeister von Horb gewählt.

Hat es Sie überrascht, als Sie 1995 in Horb zum jüngsten Oberbürgermeister Deutschlands gewählt wurden?

Es war eine Sensation, die bundesweit Schlagzeilen gemacht hat, und einer der ganz herausragenden Momente meiner politischen Laufbahn.

Apropos Studium: Welche Lehren haben Sie fürs Leben gezogen?
Wirtschaftswissenschaften gelten
ja häufig als zu theoretisch und zu abgehoben…

Meine Lehre daraus: Dass in der Theorie nicht richtig sein kann, was in der Praxis falsch ist. Ich bin eher ein Pragmatiker und mag keine dogmatische Verengung. Und bei der Finanzkrise hat es sich gezeigt, dass man genau hinschauen muss.

Wann sind Sie in die FDP eingetreten und warum gerade diese Partei?

Ich bin im November 1983 aus voller Überzeugung Mitglied geworden. Mir gefällt die Grundidee: so viel Freiheit wie möglich, so wenig Staat wie nötig.

Schon mal mit ihr gehadert?

Klar, auch diese Phase gab es. Wäre wohl seltsam, wenn es nicht so wäre. Getroffen hat es mich, als die FDP sich auf das Steuerthema verengen ließ. Man muss aufpassen, dass man nicht doktrinär wird.

Ihr größtes Vorbild in dieser
Partei?

Eindeutig Hans-Dietrich Genscher. Seine Art, Politik zu machen, hat mir immer gefallen. Ihn zeichneten Mut, Weitsicht und ein immenser Erfahrungsschatz aus ebenso wie sein grandioser Humor. Er war ein Menschenfreund. Ich bin froh, dass ich
ihn auch persönlich kennen lernen durfte.

Was war Ihr größter politischer
Erfolg?

Zumindest bislang lässt sich das nicht auf ein bestimmtes Ereignis einengen. Als sehr großen Erfolg zähle ich, dass ich es einst geschafft habe, dass die ökologische Marktwirtschaft ins Parteiprogramm der FDP aufgenommen worden ist. In Horb bin ich stolz auf erfolgreiche Bürgerprojekte wie das Kloster und das Marmorwerk sowie den Zuwachs an Arbeitsplätzen. Und im Europaparlament auf meinen Einsatz für fairen Steuerwettbewerb als Steuer-Sonderberichterstatter.

Und was war Ihre größte Niederlage?

Dass ich bei der Wahl zum Wirtschaftsminister Ernst Pfister unterlegen bin, war schmerzhaft.

Feind, Todesfeind, Parteifreund… Können Sie das Unterschreiben?

Nein, das kann ich in der Form nicht unterschreiben. Aber es tritt auch niemand in eine Partei ein, um mit den Parteifreunden in
den Urlaub zu fahren. Es gibt schon einen Wettbewerb um Positionen. Es ist wie im Fußball: Ein Foul tut weh.

Warum haben Sie der Landespolitik und – damit auch dem OB-Posten – 2009 den Rücken gekehrt und für die Europawahl kandidiert?

Die Europäische Union hat mich schon immer fasziniert, deshalb war es für mich nach über 14 Jahren als Oberbürgermeister ein konsequenter Schritt. Ich habe aber weder der Landes- noch
der Kommunalpolitik den Rücken gekehrt: nach wie vor bin ich
ja weiterhin im Gemeinderat
und Kreistag, und als ehrenamtlicher Landesvorsitzender der
FDP tätig.

Was war das für ein Gefühl, bei dieser Wahl bundesweit das beste
Ergebnis eingeholt zu haben?

Natürlich ein tolles Gefühl, keine Frage! Ich bin dankbar für das Vertrauen und empfand es als eine Art Extra-Belohnung für meine Arbeit für die Menschen vor Ort.

2017 nun die Bundestagswahl: Was hat Berlin, was Brüssel nicht hat?

Zumindest einmal hat Brüssel, was Berlin braucht: Freie Demokraten im Parlament! Und eben weil die FDP in Baden-Württemberg überdurchschnittliche Ergebnisse erzielen kann, habe
ich mich bereit erklärt als Spitzenkandidat meinen Beitrag
zum Wiedereinzug in den Bundestag zu leisten. was, was zu oft noch fehlt.

Ist Politik ein Marathon-Job?

Auf jeden Fall. Das kann ich unterschreiben. Da geht öfters der Puls in die Höhe und der Herzschlag steigt. Meine Tage sind im Regelfall durchgetaktet von früh morgens bis spät abends, auch am Wochenende. Ohne mit Leidenschaft dabei zu sein, kann man das nicht durchhalten.

Welches politische Ziel wollen Sie noch erreichen?

Ich möchte meinen Beitrag dazu leisten, dass Deutschland so weltoffen bleibt, wie es ist, und dass unser europäisches Einigungswerk erhalten, stabilisiert und fortgeführt wird nach dem Motto: Nicht mehr oder weniger Europa, sondern ein besseres Europa.

Und welches persönliche?

Dass ich als Spitzenkandidat bei der Bundestagswahl ein überdurchschnittlich gutes Ergebnis für die Freien Demokraten erziele und in den Bundestag einziehe. Aber für mich gilt natürlich auch: Das Amt muss zum Manne kommen, nicht der Mann zum Amt. Der Einsatz, der im anstehenden Wahlkampf zu erwarten ist, ist nicht zu unterschätzen.

Bei all Ihren Erfolgen: Wie erden
Sie sich?

Meine Frau Antje Giede-Jeppe ist angehende Neurologin, das erdet. Außerdem treibe ich Sport.

Können Sie Holz hacken?

Nein, obwohl ich einen Holzofen habe. Aber das ist mir zu gefährlich.

Sie haben ja vergangenes Jahr geheiratet: Was schätzt Ihre Frau Antje
an Ihnen?

Meinen Sinn für Humor.

Und worüber regt Sie sich auf?

Wenn ich zu langsam jogge und „nur“ Unordnung verbreite.

Welches Laster haben Sie?

Ständig auf meine E-Mails und andere elektronische Nachrichten zu achten. Das gehört sich eigentlich nicht im Beisein von anderen, ist aber nicht immer vermeidbar.

Und welche Stärke?

Hoffentlich nicht nur eine… Beharrlichkeit, Integrität, die Fähigkeit, andere zu begeistern für ein gemeinsames Ziel.

Was ist das Erste, das Sie morgens nach dem Aufstehen machen?

Ich gehe ans Fenster und nehme eine Brise frische Luft.

Und das Letzte?

Ich stelle den Wecker.

Mit wie viel Stunden Schlaf kommen Sie aus?

Nicht unter fünf. Aber ich brauche sieben, um mich wohl zu
fühlen.

Mit wem wären Sie gerne zwei
Stunden im Fahrstuhl eingesperrt?

Oh Gott, lieber gar nicht, ich hasse das. Aber wenn doch, dann mit meiner Frau.

Und mit wem auf gar keinen Fall?

(Lacht). Dazu mache ich keine Aussage, sonst werde ich noch gerichtlich belangt.

Was ist für Sie Heimat?

Heimat ist, wenn ich von der Autobahn runterkomme und die Stadtsilhouette von Horb sehe.
Da geht mir das Herz auf.

Welches Land wollen Sie unbedingt noch bereisen?

Myanmar.

Was ist für Sie ein gelungener Abend?

Sich mit Freunden gut zu unterhalten oder ein klassisches Konzert zu hören.

Smartphone: Segen oder Fluch?

Beides. Es ist mein Hauptarbeitsmittel, es bedeutet aber auch permanente Verfügbarkeit.

Wo kaufen Sie sich Ihre Anzüge?

Früher bei Peter Haipt in Horb. Seit es das Geschäft nicht mehr gibt, überwiegend in Stuttgart.

Lesen Sie auch manchmal
Comics?

Nein, damit kann man mich jagen.

Wer sind Ihre Lieblingsschauspieler und was ist Ihr Lieblingsfilm?

Schwierig, eine oder einen zu nennen. Julie Delpy auf jeden Fall. Dietz-Werner Steck als Kommissar Bienzle habe ich sehr gemocht und sein Tod hat mich traurig gemacht. Als Film: Casablanca

Batman oder Superman?

Superman.

Hund oder Katze?

Eindeutig Katze, obwohl ich gegen sie allergisch bin.

Käsespätzle oder Filet Chateaubriand?

Käsespätzle.

Fußball oder Golf?

Tennis.

Wenn Sie einen Wunsch frei

hätten…

Politisch würde ich mir wünschen, dass die Horber Hochbrücke bald kommt. Privat: eine gesunde Familie.

50. Geburtstag ist ein Einschnitt: Man weiß, dass man mehr als die Hälfte seines Lebens hinter sich hat. Was ist das für ein Gefühl?

(Lacht herzlich). Es ist ein super Gefühl! Ich hatte meine Sinnkrise mit 40. Dann habe ich meine Frau kennen gelernt. Daher gehe ich mit Elan in mein 51. Lebensjahr.

Wie feiern Sie?

Es gibt einen Empfang im Stuttgarter Landtag. Privat feiere ich am Wochenende in Horb.

Was wünschen Sie sich zum
Geburtstag?

Gesundheit.

Wo sind Sie heute in einem Jahr?

Wahrscheinlich erhole ich mich wie auch in diesem Jahr zu Hause vom Reden schreiben und halten bei unserem traditionellen Dreikönigstreffen.

Michael Theurer ist trotz seinen Ausflügen in die hohe Politik auch seiner Heimatstadt Horb stets treu geblieben.

Michael Theurer ist trotz seinen Ausflügen in die hohe Politik auch seiner Heimatstadt Horb stets treu geblieben.

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Erstellt:
12.01.2017, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 5min 50sec
zuletzt aktualisiert: 12.01.2017, 01:00 Uhr

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