Es hatte sich zu wenig geändert

Kube Ventura verlässt die Tübinger Kunsthalle

Der künstlerische Vorstand Holger Kube Ventura verlässt das Haus nach nur einem Jahr. Entschieden hat er das schon länger.

27.04.2017

Von Wilhelm Triebold

Das „kleine fiese Insekt“ packt er sicher ein: Holger Kube Ventura. Archivbild: Metz

Das „kleine fiese Insekt“ packt er sicher ein: Holger Kube Ventura. Archivbild: Metz

Paukenschlag kurz nach der Wiedereröffnung: Holger Kube Ventura, der kuratierende Vorstand der Kunsthalle, bricht zum kommenden Herbst seine Zelte in Tübingen wieder ab. Wie die Kunsthalle jetzt mitteilt, verlässt Kube Ventura die Stiftung „auf eigenen Wunsch“, wie es heißt, bereits zum 30. September.

Kube Ventura hatte bereits vor sechs Wochen gekündigt, wenige Tage nur, nachdem die Kunsthalle mit der Ausstellung „Kapitalströmung“ ihren jahrelang brachliegenden Betrieb wieder aufgenommen hatte. Den Entschluss hatte er allerdings schon früher gefasst, bestätigt Kube Ventura am Donnerstagabend dem TAGBLATT.

Offensichtlich hatte sich der Zwist zwischen dem Stiftungsvorstand der Kunsthalle, Götz Adriani, und seinem Vorstandskollegen nach dem großen Knall im vergangenen Dezember und dem scheinbaren Etappensieg für Kube Ventura doch nicht so weit befrieden lassen, dass der Neue auch weiterhin eine Perspektive in der Kunsthalle sah. Seither gab es weitere Krisensitzungen und schließlich am letzten Dienstag eine Kuratoriumssitzung, in der „die Weichen für die Leitung der Kunsthalle neu gestellt“ wurden, wie es heißt.

Künftig sollen die Kompetenzen im Vorstand wieder in einer Person gebündelt werden und dieser neu ernannte Vorstand dann auch den Ausstellungsbetrieb weiter führen. Am Donnerstag noch wurden die Kunsthallen-Mitarbeiter von der Stadt über den aktuellen Stand in Kenntnis gesetzt. Kuratoriumsmitglied Boris Palmer war gegenüber den TAGBLATT zu einer Stellungnahme nicht bereit.

Kube Ventura beklagte dagegen auf Nachfrage, dass der langjährigen Leiter Adriani weiterhin „bis ins kleinste Detail reinregiert“ habe: „Die Situation hat sich nicht geändert“, es sei ein „unhaltbarer Zustand“ geblieben. Schon vor viereinhalb Monaten hatte er bemängelt, dass ihm lediglich die künstlerische Autonomie, nicht aber genügend Mitspracherecht darüber hinaus zustanden wurde. Das empfand er als Blockade. Kube Ventura damals: „Ob ich ein Bild aufhänge oder tausend, ist egal.“

Es wurden vorerst nur die vielen Bilder und Objekte, die sein derzeit laufendes ambitioniertes und anerkanntes Pilotprojekt „Kapitalströmung“ zusammengetragen hat. Aus zwei Gründen habe er diese Ausstellung überhaupt noch gestemmt, sagt Kube Ventura: „Um zu zeigen, was möglich gewesen wäre. Und um zu vermeiden, dass jemand Bestimmtes sagt: der kann‘s eh nicht.“

Kube Ventura will auch noch die für den Sommer angekündigte Übersichtsschau umsetzen, die Shirin Neshats bekannten Schriftfotografien mit Videoinstallationen und jüngeren Werkblöcken verbindet. Schwieriger wird es mit den anvisierten Projekten danach. Es wurden von ihm bereits „hohe Fördergelder akquiriert“, erinnert Kube Ventura, der nicht zu sagen vermag, ob die Künstler und die Geldgeber wie etwa die Bundeskulturstiftung unter den geänderten Bedingungen weiter zur Verfügung stehen.

Denn nach dem 30. September ist Kube Ventura weg. Dass er überhaupt noch so lange bleibt, hängt an der Kündigungsfrist. „Sonst wäre ich früher gegangen“, sagt er am Telefon, und: „So muss ich es weiter aushalten.“

Das klingt, seltsam genug, nicht einmal verbittert. „Mir geht es gut damit“, sagt Kube Ventura. Das Kapitel sei dann „ultimativ beendet.“