Pandemie

Kultur im Kampf ums Überleben

Damit es auch nach Corona noch Clubs und Diskotheken gibt, setzt sich eine Interessengemeinschaft für die Szene ein.

19.01.2021

Von LEA IRION

Ulm. Sie gehörten zu den Ersten, die zu Beginn der Pandemie schließen mussten – und es sind vielleicht auch diejenigen, die als Letztes wieder öffnen können: Clubs, Diskotheken, Spielstätten. Der Kulturbetrieb im ganzen Land steht schon lange vor einer Existenzkrise – und fühlt sich von der Politik im Stich gelassen. Die Interessengemeinschaft Clubkultur Baden-Württemberg will das nicht weiter hinnehmen. Ihr Ziel: Möglichst viele Kulturschaffende sollen sich vernetzen, damit sie sichtbarer werden.

Erstmals ins Gespräch kamen die Initiatoren Nils Runge, Theresa Kern, Anna Blaich, Zora Brändle, Jule Landenberger und Simon Waldenspuhl im Juli des vergangenen Jahres. Wenige Monate später präsentierten sie sich erstmals der Öffentlichkeit, organisierten Veranstaltungen zum Austausch mit Kommunal- und Landespolitik. Jüngst verschickte das Team auch Wahlprüfsteine an die Parteien, die zur Landtagswahl antreten. Das Dokument listet zahlreiche Anregungen auf, die das Nachtleben nicht nur während der Pandemie über Wasser halten, sondern zukunftsorientiert absichern sollen: ÖPNV-Unterstützung für das Nachtleben auf dem Land, ein Schallschutzfonds für Musikspielstätten und einiges mehr.

Hinter der „Clubkultur“ stecken Menschen aus Baden-Württemberg, denen die Szene am Herzen liegt. Dieser geht es nicht erst seit Corona zunehmend schlechter. „Viele Kommunen im Land haben schon vor Corona ein Clubsterben erlebt, das verschiedenste Gründe hatte: Verdrängungen zu Gunsten von Wohnbebauung, ein verändertes Ausgehverhalten oder Lärmkonflikte mit den Nachbarn“, sagt Simon Waldenspuhl, Veranstaltungskaufmann aus Freiburg. Die Pandemie aber käme es jetzt noch hinzu und würde das Clubsterben beschleunigen.

Der Zuspruch für das Projekt ist groß: Mittlerweile haben sich mehr als 90 Akteure aus 17 Städten der Interessengemeinschaft angeschlossen. Aus deren Sicht erhält das Nachtleben in Öffentlichkeit und Politik seit jeher nicht den Stellenwert, den es verdient. Die Macher, ihre Leidenschaft und ihre Kreativität, würden einen signifikanten Beitrag zum Kulturleben im Land leisten.

Anliegen an die Politik

Auf der Website clubkultur-bw.de hält die Interessengemeinschaft ihre Mitglieder über die Fortschritte auf dem Laufenden. Das Projekt soll auch lange nach der Landtagswahl für die Anliegen der Kulturszene einstehen: Weitere Ziele sind unter anderem Fortbildungsmaßnahmen, der Aufbau einer Wissensdatenbank, die Unterstützung Kulturschaffender auf kommunaler, regionaler oder landesweiter Ebene. Politisch soll auch manches vorangetrieben werden: Kulturraumschutz, ein landesweiter Pop-Beauftragter und ein Programm für Gesundheitsschutz und Sicherheit im Nachtleben stehen auf der Agenda.

Ganz allgemein hofft „Clubkultur“, mehr Akzeptanz zu erhalten. „Wir sind eine bunte und offene Szene, die der Gesellschaft einen erheblichen Mehrwert bringt“, merkt Simon Waldenspuhl an. Sei es als Abwechslung zum Alltag, als Ort des Experimentierens, des Kennenlernens, der Selbstverwirklichung – oder einfach nur als Arbeitsplatz für Kulturschaffende, die endlich gehört werden wollen. Lea Irion

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Erstellt:
19.01.2021, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 22sec
zuletzt aktualisiert: 19.01.2021, 06:00 Uhr

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