Tüftler und Macher

Kurzgeschichte

Der permanente Kabelsalat in der Aktentasche ging dem Tübinger Unternehmensberater Andreas Kurz jahrelang auf die Nerven. Statt sich weiter zu ärgern, machte er 2008 kurzerhand eine Geschäftsidee daraus: Netz- und Datenkabel in xxs.

13.12.2019

Von TEXT: Ghita Kramer-Höfer|FOTO: Ulrich Metz

Kaum ein Kabel, dass es nicht auch in xxs gibt: Mit kurze-kabel.de beendete Andreas Kurz das Chaos in der Aktentasche.

Kaum ein Kabel, dass es nicht auch in xxs gibt: Mit kurze-kabel.de beendete Andreas Kurz das Chaos in der Aktentasche.

Zwei Meter Kabel in der Aktentasche, um das Laptop laden zu können, meterweise Kabel auf und unter dem Schreibtisch und rund um die schicke Musik- und TV-Anlage: Was andere Menschen einfach nur ärgert, wurde bei Andreas Kurz zur Geschäftsidee. Seit 2008 vertreibt er unter „kurze-kabel.de“ Ladekabel, Stromkabel, Daten- und Netzwerkkabel, Audiokabel, USB-, HDMI-Kabel sowie Sonderanfertigungen. Der findige Unternehmer mit Sitz im Loretto-Viertel in Tübingen bietet alle nur denkbaren Kabel ab einer Länge von zehn Zentimetern an. „Es war immer mein Anliegen, aus einem Ärgernis eine Lösung mit positivem Nutzen zu gestalten“, erklärt Andreas Kurz seinen Antrieb, das Unternehmen zu gründen.

Zu Anfang bestand die Firma aus vier Ablagekästen: „In dreien lagen die Kabel, im vierten das Versandmaterial“, erinnert sich Kurz. Heute haben er und seine vier Mitarbeiter alle Hände voll zu tun, die Bestellungen, die zumeist über seinen Web Shop rund um die Uhr eingehen, zu bedienen. Auch über die großen Internetmarktplätze vertreibt er seine Ware. „Kurze Kabel kann man überall brauchen: im Auto, in der Handtasche, am Fahrrad und Motorrad, beim Camping, im Caravan und besonders zu Hause und im Büro.“

Die Kabel lässt Kurz von verschiedenen deutschen Unternehmen sonderfertigen. Der unschlagbare Vorteil für den Geschäftsinhaber: Die Konfektionäre entwickeln und fertigen sehr schnell. „Für Firmenkunden bieten wir auch den Heinzelmännchenservice“, erklärt der Chef. Privatkunden dürfen sich ebenfalls über umgehende Zusendung freuen: „Wir verschicken in der Regel innerhalb von 24 Stunden.“

Rund 170 unterschiedliche Angebote hat Kurz im Programm, mit jeder Sonderfertigung für Unternehmen werden es mehr. „Ein Kunde beispielsweise verkauft seine Produkte auch in den USA und in Großbritannien. Also entwickelten wir xxs-Netzkabel mit den entsprechenden Landessteckern – und die Privatkunden profitieren seither davon“, so Kurz. „Rund 90 Prozent der Kurze-Kabel-Produkte sind auf Kundenwunsch entstanden.“

Auch Adapter gehören zum Portfolio. Die Kombinationsmöglichkeiten ergeben zahllose intelligente Lösungen. „Das ist das Kreative daran: bereits vorhandene Dinge neu zu kombinieren“, verrät der Entwickler.

Was mit der Idee begann, Platz zu sparen, entwickelte sich auf unerwartete Weise weiter: Die Kabel sind durch ihre Kürze leichter zu reinigen und damit auch hygienischer. Nach einem ersten Auftrag der Tübinger Crona Kliniken, kurze Kabel für Vitalitätsüberwachungseinheiten zu entwickeln, folgten weitere. Es sprach sich im Medizinbereich herum, dass Andreas Kurz innovative Lösungen schnell parat hat. Medizinische Gerätehersteller oder Unternehmen wie Lufthansa Systems zählen heute zu seinen Kunden und sogar im Energiesparsektor ist Kurz unterwegs: Die tagesschau.de-Server des NDR stattete Kurz mit maßgeschneiderten xxs-Kabeln aus, nun kann mehr Luft in den Serverschränken zirkulieren, weniger Kühlung ist notwendig – und somit wird rund um die Uhr Energie gespart.

Selbst beim Aufladen seiner Touren-Segways und E-Roller – BLUEmobility ist sein zweites unternehmerisches Standbein – finden seine Kabel praktische Anwendung: Über Y-Kabel, eins ins andere gesteckt und mit jeweils einem Segway verbunden, kann er mit einem einzigen Netzstecker zugleich bis zu zehn Segways laden. Die Kabel sind dabei so kompakt, dass sie schon beinahe stylish wirken.

Kürzlich erhielt Kurz die Anfrage, ob er auch Sonderkabel für Unterwassermobile liefern könne. Es ist zu vermuten, dass die Antwort über kurz oder lang „Ja“ lauten wird.

Der Erfolg seines Unternehmens überrascht Kurz nicht, „ich hatte schließlich ein Geschäftsmodell und ‚weniger ist mehr‘ – ist inzwischen ein unaufhaltsamer Trend“, betont er.

Hat er weitere Pläne? „Ja. Bisher sind wir mit „kurze-kabel.de“ im deutschsprachigen Raum unterwegs. Das sind rund 70 Millionen potenzielle Nutzer“, rechnet er. „Es dürften noch weit mehr werden.“ Zu diesem Zweck ließ er sich bereits vor Jahren einen international verständlichen Namen für sein xxs-Projekt schützen. „Damit werden wir mit unseren Produkten EU-weit antreten. Der hierfür erforderliche mehrsprachige Shop soll im kommenden Winter realisiert werden.“

Seine kurzen Kabel verkaufen sich, wie Kurz sagt, „im Schlaf, denn die Käufer bestellen am Tag wie in der Nacht.“ Parallel hält ihn sein Geschäft rund um die urbane E-Mobilität im Sommer sieben Tage pro Woche auf Trab. Da bleibt doch sicher noch Zeit für ein weiteres Unternehmen? „Eigentlich bin ich Unternehmensberater“, verrät der Wirtschaftsingenieur. Seine Office-Reset Seminare, in denen die Mitarbeiter seiner Kunden mehr Effizienz am Büroarbeitsplatz erlernen können, sind seine Spezialität.

So war die Wirtschaftskrise 2008 im Nachhinein ein Glücksfall für den promovierten Unternehmensberater: Nun konnte er den entstandenen Freiraum nutzen, um seinen „Ideenstau“ abzubauen.

Man darf gespannt sein auf weitere kreative Ideen aus Kurz‘ Ideenwerkstatt im Tübinger Loretto-Viertel.

Weniger ist mehr

Firmengründer Andreas Kurz reagiert direkt auf den Markt: Rund 90 Prozent des kurze-kabel.de-Sortiments wurden von Kunden angefragt oder vorgeschlagen. Regelmäßig erweitert sich so das Portfolio, aus Spezialaufträgen werden Serien.

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Erstellt:
13.12.2019, 07:47 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 24sec
zuletzt aktualisiert: 13.12.2019, 07:47 Uhr

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