Goldener Oktober

Leitergolf und Seile drehen

Zum 20. Mal veranstalteten die WTG, Agenda-Gruppen und der Verein „Hiesig“ den verkaufsoffenem Sonntag mit Regionalmarkt.

04.10.2016

Von Werner Bauknecht

Mächtige Besucherströme wälzten sich am Sonntag durch Rottenburgs Innenstadt. Das Wetter und das kulinarische Angebot waren einfach zu verführerisch. Alle Parkhäuser waren bis auf den letzten Platz belegt. Herrschte am Vormittag noch Unsicherheit wegen des Wetters, so strömten ab Mittag bei schönstem Sonnenschein die Massen. Auf dem Marktplatz wurden sie von den Hurglern, dem Musikverein Hemmendorf oder der Big Band Kreuzerfeld mit eingängigem Jazz und Pop empfangen. Später spielten die Musikvereine Oberndorf und Wurmlingen.

Einmal mehr war der Marktplatz Zentrum der Veranstaltung. Dort begegneten sich die Flaneure. Mitten drin zeigte Konrad Stöhr aus Wendelsheim, Chef der Kolbenquäler, wie man früher Most presste. Von einem Bulldog, Jahrgang 1924, angetrieben, setzte er die Mostpresse in Bewegung. Oben kam das Obst in einen Trichter, unten tropfte frischer Saft in einen Eimer.

Wengerter Klaus Biesinger hatte seinen Weinstand vor dem Rathaus. „Der rote Suser ist schon angerissen“, sagt er, „aber der Weiße ist noch zuckersüß.“ Der Renner allerdings waren frittierte Spiralkartoffeln, die man an ellenlangen Spießen kaufen konnte. Bodenständig und deftig war die Küche. Maultaschen durften nicht fehlen, Currywurst, aber auch eine saftige Wildschweinwurst gab es – beim Tennisclub Weiler.

Wild konnte man auch an der Zehntscheuer genießen. Dort verkauften die Jagdhornbläser Wildgulasch und Wildbratwurst. Klaus Tappeser, frischgebackener Regierungspräsident, genoss dort mit Ehefrau Priska sein Mittagessen. „Lecker war es, ich mag Wild.“

Zur Josef-Eberle-Brücke hin hatten der Naturschutzbund NABU und der BUND (Bund für Umwelt und Naturschutz) ihre Stände nebeneinander. „Wie suchen dringen noch aktive Mitglieder“, hieß es beim BUND, „da hoffen wir heute auf rege Nachfrage.“

Kunden-Andrang in Geschäften

Die gab es in zahlreichen Geschäften entlang der Festmeile. Teilweise standen die Menschen in Schlangen vor den Modegeschäften, um die Gelegenheit zum entspannt Shoppen zu nutzen. Ulrich Meergans vom Modehaus Weippert war hochzufrieden mit dem Ansturm auf sein Geschäft. „Seit heute Morgen stehe ich an der Kasse. Ich komme nicht dazu, mal ‚raus zu schauen, was da los ist“, sagte er. Auch im Jeans-Shop gegenüber war die Verkäuferin im Stress. „Aber in angenehmem Stress“, sagte sie lachend. Bei „Prachtkerle“ in der Bahnhofstraße freute sich Manuela Pettenkofer über den Kunden-Andrang. „Und das Schönste ist“, meint sie, „dass ganz viele von außerhalb kommen. Die meisten kannte ich gar nicht.“

Sarah Szardien aus Speyer besuchte mit ihrem Sohn Moritz Freunde in Rottenburg. Eher zufällig kam sie zum Fest. „Dass es hier so etwas Tolles gibt – damit hätte ich nicht gerechnet“, sagte sie. Gerade für Kinder boten die Stände viele Anreize. Etwas ganz Besonderes gab es bei Seiler Uli Emhart vor der Zehntscheuer: Dort konnten Kinder selbst Seile drehen. Bei den Stadtwerken Rottenburg gab es Preise fürs erfolgreiche Werfen von Kugeln über einen Balken, Leitergolf genannt.

Aber auch die Fairtrade-Stadt Rottenburg zeigte sich: Am Stand der Lokalen Agenda gab es kastenweise Apfel-Mango-Saft aus Äpfeln von hiesigen Streuobstwiesen. Für jeden stand ein Probiererle bereit.

Auf dem Marktplatz hatten viele Ortsteile ihre Stände aufgebaut. Am auffälligsten war der der Hailfinger vor dem Rathaus die einen Riesen-Holzwagen aufgebaut hatten. Ein Leckerbissen fürs Auge waren auch die unzähligen Äpfel an Helmut Däubles Stand am Marktbrunnen. Um die hundert Sorten sollen es sein. Und alle von Streuobstwiesen aus der Umgebung. Der Andrang dort war groß. Am Mittag kamen die Sonnenhungrigen auf dem Marktplatz zu ihrem Recht. Ein Besucher brachte sogar seinen Falken mit. Einen echten, wohlgemerkt, der Ragnar hieß und zwei Jahre alt war.

Weit über die Stadtgrenzen

Die Veranstaltung hat sich in den Jahren zum absoluten Publikumsmagneten entwickelt. Erfreulich: Die Autokennzeichen zeigen, dass das Fest weit über die Stadtgrenzen hinaus angenommen wird. Gemeinderat Hermann Sambeth allerdings erschien erst ganz spät auf den Marktplatz. „Ich komme direkt aus dem Krankenhaus, ich bin zum zweiten Mal Opa geworden.“