Eastwoods Pazifikschlacht, die zweite: trotz Kanonen-Donners ein beinahe meditatives Weltkriegs-Requiem.

Letters from Iwo Jima

Eastwoods Pazifikschlacht, die zweite: trotz Kanonen-Donners ein beinahe meditatives Weltkriegs-Requiem.

24.11.2015

Von che

Letters from Iwo Jima

Das Projekt dürfte im Kriegsfilm-Genre einzigartig sein. Ein Regisseur (Clint Eastwood) dreht über ein und dieselbe Schlacht parallel zwei Filme, die das Geschehen aus den entgegengesetzten Blickwinkeln betrachten. Die könnten im Fall von Iwo Jima, der kargen Felseninsel im Pazifik, unterschiedlicher kaum sein. Wurde die Eroberung des Eilands am Ende des zweiten Weltkriegs in den USA zum Symbol für soldatischen Heldenmut (was Eastwood in „Flags Of Our Fathers? kritisch hinterfragt), ist die Niederlage aus dem historischen Bewusstsein der Japaner nahezu getilgt ? nicht zuletzt, weil es kaum Überlebende gab.

Aus Feldpost-Briefen, die vor kurzem auf der Insel gefunden wurden, und einer Biografie über den Kommandanten Kuribayashi (gespielt von Ken Watanabe) strickten Eastwood und seine Drehbuchautorin Iris Yamashita eine Geschichte, in der es vor allem um Haltungen im Angesicht des sicheren Untergangs geht.

An den Rändern stehen ein fanatisierter Offizier, der sich und seinen Soldaten noch den sinnlosesten Tod als nationale Pflicht abverlangt, und ein einfacher Bäcker, der um jeden Preis überleben will, um seine neugeborene Tochter zu sehen. Im Zentrum laviert der milde Kuribayashi, der die amerikanische Kultur bewundert, und dennoch das Gemetzel mit am Ende fast 30 000 Toten finessenreich in die Länge zieht.

Gegenüber diesen fast ein bisschen zu respektvoll gezeichneten Figuren sind die Amerikaner, wie die Indianer in alten Western, gesichtlose, todbringende Gespenster. Das wäre starker Tobak, gäbe es nicht das Gegenstück „Flags Of Our Fathers?. Wobei „Iwo Jima? mit seinen noch aschfahleren Bildern, der klaustrophoben Stimmung in den Höhlenlabyrinthen und dem auf monotones Töten fern aller Bewährungsproben reduzierten Stahlgewitter diesen an Eindringlichkeit deutlich hinter sich lässt.

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Erstellt:
24.11.2015, 12:00 Uhr
Lesedauer: ca. 1min 52sec
zuletzt aktualisiert: 24.11.2015, 12:00 Uhr

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bacchusxxl 07.03.200712:00 Uhr

Endlich wieder einmal ein Film über den Krieg der einen solchen ad absurdum führt: Es gibt nicht einmal einen "gerechten Krieg": Ein jeder Krieg setzt sich aus unzählbaren und - aus der Gnade der späten Geburt kaum nachzuempfindenden - Einzelschicksalen zusammen. Und wenn sich einmal der Sarg geschlossen hat ist es nicht mehr wichtig, ob darüber die Fahne des späteren Siegers oder Verlieres liegt...
Dieser Film sollte zur Pflichtlektüre werden!

Dirk 01.03.200712:00 Uhr

In meinen Augen noch besser als "Flags of our Fathers", da die Schlacht als solches nicht so ausgetreten wird, dafür mehr das Schicksal der einzelnen Akteure zum Tragen kommt. Am Schluss ist man mitgenommen und bewegt, denn die Spannung bleibt bis zum Schluss erhalten - wer überlebt oder überlebt überhaupt jemand?

Shevad 25.02.200712:00 Uhr

Eindringlicher, filmisch exquisiter Antikriegsappell mit hervorragender Figurenzeichnung, mit dem sich Eastwood einmal mehr als Topregiesseur profiliert. Allerdings noch etwas davon entfernt, bester Film des Jahres zu sein.

Front bommler 25.02.200712:00 Uhr

Ich würde sagen fast so gut wie Flags of our Fathers wenn nicht sogar noch besser. Einer der besten filme seit langem