Keine Amour fou, sondern Kunstgewerbe wie aus einem besseren Reiseprospekt.

Liebesleben

Keine Amour fou, sondern Kunstgewerbe wie aus einem besseren Reiseprospekt.

24.11.2015

Von Dorothee Hermann

Liebesleben

Ja?ara ist ein Mensch ohne Geheimnis. Vielleicht stürzt sie sich deshalb in eine sado-masochistische Affäre mit dem viel älteren Arie, einem Jugendfreund ihrer Eltern. Nach 30 Jahren ist er soeben aus Paris nach Jerusalem zurückgekehrt. Für ihre Obsession vernachlässigt Ja?ara alle anderen Ziele, ihren Mann und ihre Uni-Karriere. Doch Arie, dessen Lebensproblem „die Langeweile? ist, gesteht ihr nur einen gelegentlichen ziemlich harten Quickie zu, jedes Mal eine neuerliche Erniedrigung, an der Grenze zur Pornografie.

Zugleich wird nicht wirklich plausibel, was Ja?ara an den meist an ihr vorbei in die Ferne schauenden Mann bindet, dem sie unendlich gleichgültig zu sein scheint. Als Person bleibt er noch blasser als sie selbst ? als wäre er nur als Projektionsfläche vorgesehen. Dass ihre Mutter einst Aries große Liebe war, wie sich herausstellt, macht den Film psychologisch auch nicht stimmiger. Die geordnete Putzigkeit der Aufnahmen gewinnt durch Ja?aras häufiges heftiges Atmen, wenn sie hektisch ihrer Obsession folgt oder mit unvorhergesehenen Komplikationen konfrontiert ist, nicht den beabsichtigten emotionalen Sog.

In ihrem Regiedebüt hat Schauspielerin Maria Schrader Kunstgewerbe produziert, aber kein Kino. Die Außen-Aufnahmen in Jerusalem und an der Küste wirken leblos wie aus einem Hochglanz-Reiseprospekt. In Zeruya Shalevs Bestseller, der Vorlage für den Film, ist Ja?ara wenigstens nicht bloß die sich selbst opfernde Naive.