Uracher Musiktage

Liebesschwüre mit Orchester

Ein fast italienischer Abend und ein Wiedersehen mit Ola Rudner als Gastdirigent der Reutlinger Philharmonie.

05.10.2016

Von Bernhard Haage

Am Montagabend gastierte die Württembergische Philharmonie Reutlingen (WPR) bei den Herbstlichen Musiktagen in der Festhalle Bad Urach. Es gab ein Wiedersehen mit Ola Rudner als Gastdirigent und auch sonst begann der Abend legendär.

Kikimora heißt eine slawische Sagengestalt. Es heißt sie wurde von einem Zauberer in den Bergen großgezogen. Von dessen Katze hat sie alles über die Welt erfahren – was sich nicht unbedingt positiv auf ihr Weltbild ausgewirkt hat. Entsprechend geheimnisvoll und leicht bedrohlich zeigte sich „Kikimora – Legende für Orchester“ des russischen Komponisten Anatoli Ljadow. Über tonmalerisch flächige Streicher erhoben sich frech stichelnde Flöteneinwürfe. Immer aufbrausender wurde das Klanggemälde bis der letzte Ton, der kecke Pfiff einer Piccoloflöte, die musikalische Erzählung mit einem heiteren Schuss Ironie versah.

Kraft für emotionale Gewitter

Zwei weniger bekannte Konzertarien von Wolfgang Amadeus Mozart, gesungen auf italienisch, standen als nächstes auf dem Programm. Die Sopranistin Sophie Karthäuser übernahm die Solostimme und zeigte in „Vado, ma dove? – oh Dei“ ihre Klasse. Es ist eine Verzweiflungsarie obwohl sie ursprünglich im Kontext einer Opera Buffa gegeben wurde. Mit der Konzerarie „Non temer, amato bene“ folgte dann eine Liebesbeschwörung mit Orchester und Klavier. Letzteres spielte in Bad Urach Andreas Kirpal. Im Mittelteil der Arie tröpfelte er mit dem Flügel liebreizende Melodien in den Liebestrank, die am gefühlten Höhepunkt mit der Gesangsmelodie zu einer Einheit verschmolzen.

Für die nach der Pause folgende Arie „Infelice –Ah, ritona, età dell‘ oro“ zeichnete Felix Mendelsohn Bartholdy verantwortlich. Auch hier überwogen die dramatischen Töne. Sophie Karthäusers Stimme hat die Kraft für emotionale Gewitter und zeichnen sich auch im Pianissimo noch durch klare Konturierungen und eine gewisse Schärfe aus.

Zum Finale spielte die Philharmonie Bartholdys Sinfonie Nr. 4 die „Italienische“. In dem Werk hat der Komponist die Eindrücke einer Italienreise verarbeitet und damit in der Publikumsgunst einen Volltreffer gelandet. Das Allegro vivace begann mit einer Melodie, die bis heute das Zeug zu einem Ohrwurm hat. Im Andante con moto verzauberte ein anmutiger Basslauf und im Con moto moderato bereiteten fließende Streicher auf den im Saltarello. Presto folgenden Sommersturm vor. Kraftvolle schnelle Geigenläufe, bekamen durch eingeworfene Pizzicati eine Leichtigkeit die Spaß macht. Übrigens auch dem Publikum in Bad Urach in der, allerdings nur zu Dreivierteln gefüllten, Festhalle.