Wuchtige Anklage des modernen Sklavenhandels mit melodramatischer Schlagseite.

Lilja 4 ever

Wuchtige Anklage des modernen Sklavenhandels mit melodramatischer Schlagseite.

24.11.2015

Von che

Lilja 4 ever

Rund 500 000 Frauen und Mädchen werden nach Angaben der EU jedes Jahr nach Westeuropa geschleust und zur Prostitution gezwungen. Welche Schicksale sich hinter den einschlägigen Zeitungsannoncen („naturgeile Ukrainerinnen?) verbergen können, zeigt der Film des Schweden Lukas Moodyson („Zusammen?, „Raus aus Amal?) auf drastische Weise.

Die 16-jährige Lilja lebt in einer postsowjetischen Industriebrachen-Stadt in tristen Verhältnissen. Die Mutter hat sich nach Amerika abgesetzt, das Viertel ist eine betongraue Einöde, die Wohnung ein Dreckloch. Da kommt der sympathische junge Mann gerade recht, der dem Mädchen eine goldene Zukunft „als Gemüsepflückerin? in Schweden verspricht. Kaum angekommen, wird Lilja als Sexsklavin verhökert und ist fortan schlimmsten Demütigungen und Misshandlungen ausgesetzt.

Was in den Prominenten-Affären dieses Jahres eher abstrakt verhandelt wurde, bekommt in diesem Film einen Namen und vor allem ein Gesicht: das der jungen russischen Schauspielerin Oksana Akinshina, die inzwischen auch schon von Hollywood verpflichtet wurde (für die Fortsetzung der „Bourne Identität?). Ihr beeindruckend intensives Spiel, das wilde Lebenslust und tiefsten Schmerz in Einklang bringt, schafft ein Gegengewicht zum effektvollen Inszenierungsstil Moodysons, der die Passionsgeschichte mit betont kitschigen Traumsequenzen und einem Sperrfeuer musikalischer Gefühlsverstärker von Rammstein bis Vivaldi mitunter zum schäumenden Melo-Drama stilisiert.

Aber vermutlich ist dieser quälende Alptraum nur so überhaupt zu ertragen.