Horb/Berlin

Nachruf auf Winfried Wolf: Linker Ideengeber und Verkehrsexperte

Winfried Wolf, gebürtiger Horber und ehemaliger Bundestagsabgeordneter der PDS, starb mit 74 Jahren in Berlin.

24.05.2023

Von itz

Winfried Wolf bei einer Rede vor einigen Jahren. Archivbild: Ulrich Metz

Winfried Wolf bei einer Rede vor einigen Jahren. Archivbild: Ulrich Metz

Schon mit zwei Jahren verließ Winfried Wolf die Stadt Horb. Zunächst ging es nach Ravensburg, später hinaus in die Hauptstadt für den Mann, der 1994 für die PDS in den Deutschen Bundestag einzog. Acht Jahre gehörte der Horber dem Gremium an, er war ein Sprachrohr seiner Fraktion, vor allem in verkehrspolitischen Fragen. Insbesondere das Bahnprojekt „Stuttgart 21“ lehnte er mit Vehemenz ab. Reden, die er hielt, endeten nicht selten mit den Worten: „Oben bleiben!“. Wolf startete zahlreiche Initiativen gegen eine Privatisierung der Deutschen Bahn und für eine Politik der sozial-ökologischen Verkehrswende. „Ein Begriff, der damals bei vielen im Bundestag noch als Fremdwort galt“, erinnert sich der Tübinger Bernhard Strasdeit, von 1995 bis 2002 Wolfs Mitarbeiter.

2004 verließ er die PDS, sie sei keine sozialistische Partei mehr, klagte er da. Wolf ärgerte sich auch darüber, dass die PDS Auslandseinsätze der Bundeswehr nicht mehr konsequent abgelehnt hatte. „Unermüdlich engagierte er sich in der Antikriegsbewegung“, weiß Strasdeit. Denn sein politisches Engagement war auch als Parteiloser längst nicht zu Ende. Bis zuletzt trat Wolf als engagierter Linker auf. So war er auch wissenschaftlicher Mitarbeiter der Bundestagsabgeordneten Sabine Leidig, die dem Gremium bis 2021 angehörte.

Rückzugsort in Südtirol

Wolf schrieb Bücher und Texte über die Autogesellschaft, Stuttgart 21, Bahnpolitik, den Bankencrash und den Jugoslawien-Krieg. 2008 wurde er Chefredakteur der linken Wirtschaftszeitschrift „Lunapark21“. Er sei ein Linker gewesen, „für den Theorie und Praxis nicht auseinanderfielen, der mit seinen analytischen Fähigkeiten und seiner rhetorischen Begabung Grenzen überschreitende Zusammenarbeit und Zusammenhänge stiften konnte“, schreiben langjährige Weggefährten auf der Lunapark-Homepage. So habe er noch in diesem Jahr einen gemeinsamen Aufenthalt in einem Südtiroler Berggasthof organisiert, obwohl er aufgrund seiner Krankheit, die ihn im Frühjahr 2021 heimsuchte, nicht mehr dabei sein konnte.

Apropos Südtirol: Dort tankte Wolf, der in Ravensburg Abitur gemacht und anschließend in Freiburg und Berlin Politikwissenschaften studiert hatte, immer wieder Kraft. Dort in Bad Dreikirchen bei Bozen, so berichten es Weggefährten, habe er auch an seinem Werk „Eisenbahn und Autowahn“ gearbeitet, das in den 80er Jahren schon die Grundlage für Verkehrsdebatten bildete.

Auch in Horb war „Winnie“ aktiv, unter anderem trat er im Kloster auf, sprach bei den Friedenstagen. Die Gäubahn blieb ihm immer ein Anliegen, wie er erst im Dezember 2022 in einer an seinen Vetter Guido Wolf (CDU) gerichteten Kontext-Kolumne bewies. Der ironische Titel: „Warum keine S-Bahn Stuttgart-Zürich?“.

Am Montag verlor Wolf in Berlin den Kampf gegen seine Krankheit. „Was von ihm zurückbleibt: seine offene freundliche Art, seine gründlichen Analysen und seine hartnäckige Bereitschaft, für emanzipatorische sozialistische Ziele einzutreten“, so Strasdeit. „Wir verlieren einen unermüdlichen Organisator, Ideengeber, Vernetzer, Analytiker, mobilisierenden Redner und einen sensiblen und vor allem wunderbaren Freund“, schreiben die elf Freundinnen und Freunde bei „Lunapark21“.