Lion - Der lange Weg nach Hause

Lion - Der lange Weg nach Hause

Biografisches Drama über einen Inder, der als Kind verloren ging und sein Heimatdorf 20 Jahre später dank Google Earth wieder fand.

02.05.2017

Von Dorothee Hermann

Lion - Der lange Weg nach Hause

Manche Abenteuer sind zu groß für einen Fünfjährigen: Der kleine Saroo (Sunny Pawar) hat es gerade geschafft, seinen wenig älteren Bruder Guddu (Abhishek Bharate) auf dem Weg zur Nachtschicht in die Fabrik zu begleiten, da setzt er sich in einen abgestellten Zug und rollt ins Unbekannte.

Nach ein paar Wochen auf der Straße – für die Kamera (Greig Fraser) willkommene Gelegenheit, die (Frosch-) Perspektive des verlorenen, aber fitten Kleinen im Gewimmel der Millionenstadt Kalkutta einzunehmen – landet Saroo in einem Kinderheim, das sich unter anderem durch Adoptionen an Weiße auf anderen Kontinenten finanziert.

Der Junge wird nach Australien vermittelt, an das kinderlose Ehepaar Sue (wieder sehr nah am Wasser gebaut: Nicole Kidman) und John (David Wenham). Er ist der Wunschsohn, den sich vor allem die sensible Sue immer erträumt hatte. Als Stehaufmännchen mit sonnigem Gemüt fügt sich Saroo scheinbar bruchlos in die neue Umgebung. Ganz anders der traumatisierte Mantosh (Keshav Jadhav), der Junge, der ein Jahr später eintrifft und das Familienidyll komplett machen soll.

Je erfolgreicher der zwischenzeitlich herangewachsene Saroo wird (nun überzeugend gespielt von „Slumdog Millionär“ Dev Patel), desto stärker überkommen ihn Erinnerungen an sein altes Leben in Indien, die Gesichter der Mutter und des Bruders, an Speisen, die er als Kind bei Straßenhändlern sah und sich damals nicht leisten konnte.

Obwohl er sich gerade in Kommilitonin Lucy (Rooney Mara) verliebt hat und seiner Adoptivfamilie vertraut, fühlt sich Saroo zutiefst zerrissen, abgeschnitten von seiner wahren Identität. Er schottet sich von allen ab und versucht verzweifelt, mit Hilfe von Google Earth sein Kindheitsdorf in Indien wiederzufinden.

Das anrührende Spielfilmdebüt des Australiers Garth Davis ist von einer wahren Begebenheit inspiriert. Man staunt, wie geschickt sich der kleine Saroo auf der Straße durchschlägt, und wie genau die Kinder im Kinderheim einschätzen können, was sich dort abspielt. Im Abspann erfährt man, dass das Schicksal des Jungen kein Einzelfall ist und in Indien jedes Jahr 80 000 Kinder vermisst werden.

Ein Kind wir zur Ware – und als Erwachsener beinahe zerrissen von der Suche nach seiner Herkunft.

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Erstellt:
02.05.2017, 11:10 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 05sec
zuletzt aktualisiert: 02.05.2017, 11:10 Uhr

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