Mit Engelszungen

Lob von links für den Ordnungsdienst

Merkwürdige Welt im Finanzausschuss des Reutlinger Gemeinderats am Dienstag: Während Sven Fischer von der Fraktion „Wir in Reutlingen“ (WiR) die städtischen Ordnungskräfte nach dem Tätigkeitsbericht von Ordnungsamtsleiter Albert Keppler attackierte, lobte ausgerechnet Thomas Ziegler von den Linken das Personal, das zusätzlich zur Polizei in Reutlingen für Ordnung sorgen soll.

21.04.2016

Von Thomas de Marco

Fischer verlangte von den städtischen Beamten: Wenn sie schon eine Polizeiuniform tragen würden, sollten sie nicht nur bequem parkende Autos aufschreiben, sondern gefälligst auch die Konfrontation mit Störern suchen. Zudem forderte er mehr „zielorientierte Einsätze“ im Umfeld problematischer Gaststätten.

Der neben ihm sitzende Linken-Stadtrat Ziegler konnte da nicht anders, als der Law-and-Order-Abteilung beizustehen: Er wolle den Leuten vom Ordnungsdienst nur Lob aussprechen, „sie sind immer kulant und gesprächsbereit, das ist nicht selbstverständlich!“ Frühmorgens und spätabends sehe er die Beamten, das bewirke auch etwas. Finanzbürgermeister Alexander Kreher verwahrte sich vehement gegen Fischers Vorwurf, das Ordnungspersonal mache es sich zu einfach und stelle die Kontrollen schon mal eine Stunde vor Dienstschluss ein: „Davon kann keine Rede sein! Sie machen einen ernsthaften Job, der nicht einfach ist.“

Wobei die Auseinandersetzung um den Kampf gegen Ruhestörung, Hundekot und Kaugummis auf den Straßen durchaus auch humoristische Züge hatte. Etwa, als sich Fischer darüber mokierte, überall Hundescheiße anzutreffen – worauf der FDP-Fraktionsvorsitzende Hagen Kluck flachste, der WiR-Stadtrat wohne wohl im Tierheim. Kluck wiederum bekam den Spott ab, als er behauptete, er kenne keine Kneipen, aus denen Lärm nach draußen dringe. Das liege aber daran, so der Konter von CDU-Stadtrat Andreas vom Scheidt, dass der FDP-Mann eben immer selber drin sitze in den Lokalen.

Weniger lustig fand der Betzinger Bezirksbürgermeister Thomas Keck von der SPD, dass die Ordnungskräfte in seiner Gemeinde zu selten präsent seien. „Nicht ohne Grund forderte der Bezirksgemeinderat eine Extra-Stelle für Betzingen“, betonte Keck. Auch andere Ausschuss-Mitglieder monierten, dass der Ordnungsdienst zu wenig für die Außengemeinden zuständig sei. Was aber vor allem daran liege, dass es an Personal fehle.

Ob denn eine Erhöhung der Bußgelder nicht stärker abschrecken und deshalb eine Alternative zu mehr Personal sein könne, wollte da Njeri Kinyanjui von den Grünen wissen. Höhere Bußgelder zu verhängen gehe nur in sehr wenigen Bereichen, erklärte Ordnungsamtsleiter Keppler. Ihm sei es da schon lieber, danach zu schauen, dass man die Leute bei ihren Verstößen auch erwische. Zumal das ja ohnehin die Grundlage dafür ist, überhaupt Geld einkassieren zu können.

Generell sei der Job der städtischen Ordnungshüter aber alles andere als unproblematisch, gab vom Scheidt zu bedenken: „Die Beamten müssen Leute ansprechen, die oft renitent werden.“ Deshalb forderte Ziegler, bei der Beurteilung von deren Arbeit Maß und Ziel beizubehalten. Sich um alle Hinterlassenschaft von Hunden zu kümmern oder jeden auf die Straße gespuckten Kaugummi zu ahnden, überfordere den Kommunalen Ordnungsdienst jedenfalls, stellte der Linken-Stadtrat klar.