Denkmal Kurhaus

Maharadschas und Rockefeller

Führung mit Fritz Volpp durch eine Institution der Freudenstädter Kurstadtgeschichte. Die Theaterkarte gab es mal für 70 Pfennige.

10.08.2018

Von Hannes Kuhnert

Mächtige Lampen in verschiedener Machart zieren Kursaal und Kurhaus. Städtebauer Ludwig Schweizer und seine Kollegen haben die meisten davon selbst entworfen.

Mächtige Lampen in verschiedener Machart zieren Kursaal und Kurhaus. Städtebauer Ludwig Schweizer und seine Kollegen haben die meisten davon selbst entworfen.

Es war nur eine kleine Gruppe, die sich eine Stunde vor Beginn der Aufführung des Sommertheaters einfand zu einer Führung durch das Freudenstädter Kurhaus.

Dies ist ein Angebot, um ein weitgehend ins Abseits gerutschte Juwel ein wenig näher kennen zu lernen. Petra Rau, Elli Eberhardt und Nils Krieger führen an jedem Theater-Vorstellungstag Interessenten durch das Kurhaus. Natürlich auch Stadtrat Fritz Volpp, der Hobbyhistoriker, der 25 000 Seiten über Freudenstadts Stadtgeschichte geschrieben hat und der auch wohl alle Bücher zur Stadtgeschichte kennt.

Volpp beschränkt sich bei der knapp einstündigen Führung auf die Prachträume des ursprünglich 1902 als Kurtheater erbauten Hauses mit dem Vorplatz, wo einst beim Loßburger Tor ( in Höhe des Uhrengeschäfts Krieg) Freudenstadt endete. Das heutige Kurhaus und der Kurgarten befinden sich auf dem ehemaligen städtischen Friedhof, der 1881 in den heutigen Park Courbevoie verlegt wurde. 1928 wurde das erste Kurhaus gebaut, das nach vielen Umbauten 1945 im Zweiten Weltkrieg in Schutt und Asche fiel und 1951 nach den genialen Plänen von Städtebauer Ludwig Schweizer mit dezentem Prunk und viel glitzerndem Messing wieder aufgebaut wurde. Den Theatersaal mit seinen heute 614 Plätzen haben Generationen von namhaften Künstlern bespielt. Volpp nennt beispielhaft Willi Millowitsch und Heinz Schenk. Und er erinnert an die Eintrittspreise zur Eröffnung des Theaters am 29. Juni 1902 mit dem Lustspiel „Flachsmann als Erzieher“. Der zweite Platz kostete 70 Pfennige.

Der Kleine Kursaal wurde nach dem hoch verdienten Stadthistoriker Gerhard Hertel benannt. Der wusste seinerzeit auch schmunzelnd zu erzählen, warum der Raum im Volksmund „Arschbackensaal“ heißt. Ein Blick auf die üppig geschwungenen Deckengemälde verrät es.

Im hellen Großen Kursaal mit seiner Empore, dem von unendlich vielen Tanzschritten gebohnerten Parkett und den ausladenden Lüstern kommt Volpp ins Schwärmen über die glanzvollsten Zeiten, als fast alle gekrönten Häupter Europas Schwarzwaldluft im noblen Freudenstadt schnupperten, einschließlich „über 60 Lords, indische Maharadschas, Mark Twain und Rockefeller“. Freudenstadt habe seinerzeit einen so namhaften Ruf gehabt wie St. Moritz oder Davos heute.

Aus den Großer Kursaal-Fenstern geht der Blick in den Kurgarten und auf die Wandelhalle, in der sich bereits die Gäste zum Sommertheater einfinden. „Der Kurgarten war früher kein so ein Urwald“, sagt Volpp. Seinerzeit habe man noch Wert auf den freien Blick über das Gäu und auf den Hohenzollern gelegt.

In der Wandelhalle stehen die Original-Figuren der drei historischen Brunnen Freudenstadts, wohlgeschützt vor Wetter und Zerstörung. Das habe der Denkmalschutz so gewollt. Der Blick aus dem Fenster ist auch ein Blick in die Zukunft. Stadtrat Volpp wünscht sich so schnell wie möglich das Kongresshotel in direkter Nachbarschaft zum Kurhaus. Das ergebe einen „unheimlichen Synergie-Effekt“ und werde von Geschäftsleuten und Gastromomen dringendst erwartet. Im September ist das Ganze Thema im Gemeinderat.

Auf der Treppe zum Großen Kursaal. Fritz Volpp (links) weiß viel über das kulturelle Zentrum der Stadt zu erzählen.Bilder: Kuhnert

Auf der Treppe zum Großen Kursaal. Fritz Volpp (links) weiß viel über das kulturelle Zentrum der Stadt zu erzählen.Bilder: Kuhnert

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Erstellt:
10.08.2018, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 26sec
zuletzt aktualisiert: 10.08.2018, 01:00 Uhr

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