Übrigens

Mal großzügig, mal eher knauserig

Der Tübinger Kreisetat für 2017 ist verabschiedet. Selbst notorische Schwarzmaler schaffen es kaum, die Lage anders als rosig zu zeichnen. Dabei hätte sich die Kreistagsmehrheit angesichts hoher Steuereinnahmen auf Feldern wie der Sozialberatung für Flüchtlinge ruhig spendabler zeigen können.

09.12.2016

Von Renate Angstmann-Koch

Denn der Anteil, den die Gemeinden von ihren Einnahmen ans Landratsamt überweisen müssen, ist so niedrig wie seit mindestens zwei Jahrzehnten nicht mehr. Trotzdem kann es sich der Kreis leisten, den geplanten Anbau ans Landratsamt statt auf Pump mit Überschüssen aus den Vorjahren zu finanzieren – und dazu noch Geld für seine Berufs- und Förderschulen zurückzulegen. Vorbei die Zeit, als die Kreisumlage in Tübingen landesweit mit an der Spitze lag. Vorbei auch das kummervolle Rätseln im Kreistag, weshalb wohl die Jugendhilfekosten allen Nachbarkreisen enteilten und man sich auf Großstadt-Niveau wiederfand.

Als Landrat Joachim Walter 2003 seinen ersten Etatentwurf vorlegte, musste er gleich eine Erhöhung der Umlage um 5,5 Prozentpunkte fordern. In den Jahren danach kletterte der Hebesatz auf fast 42 Prozent. Nächstes Jahr wird er auf knapp 28 Prozent fallen. Allein die Stadt Tübingen muss 3,8 Millionen Euro weniger an den Kreis bezahlen als 2016 – und 1,7 Millionen Euro weniger als von ihr eingeplant. Oberbürgermeister Boris Palmer will vorschlagen, die Neuverschuldung zu senken.

Der Rahmen hat sich verändert, die Wirtschaft im Kreis ist stärker geworden. „Wir hatten früher eine ganz andere Steuerkraft“, sagt Finanzdezernent Werner Walz im Rückblick. Seit 2006 kletterte die Steuerkraftsumme von 178 Millionen auf 330 Millionen Euro im nächsten Jahr. Konnte der Kreiskämmerer damals mit Grunderwerbssteuern von 9 Millionen Euro rechnen, werde es 2017 wohl 14 Millionen sein. „Man muss fairerweise sagen, dass wir keine Krankenhäuser haben“ – auch das ist ein Grund, aus dem die Tübinger Kreisumlage in Südwürttemberg ganz am unteren Ende der Skala rangiert. Auch bei der Personalausstattung liege der Kreis eher niedrig.

Umgekehrt profitieren andere Kreise nicht mehr von ihren Anteilen an den Oberschwäbischen Elektrizitätswerken. Und während es sich für Tübingen auszahlt, bei der Jugendhilfe viel Geld in die Prävention gesteckt zu haben, schließen andere bei den Kosten jetzt auf.

Die starke Konjunktur und unerwartet niedrige Flüchtlingszahlen sind aktuelle Gründe für die gute Kassenlage. Die Etatberatung verlief entsprechend harmonisch. Die Fraktionen zollten der Verwaltung Anerkennung für ihre Leistung bei der Umstellung auf doppelte Buchführung. Der einstimmige Hausaltsbeschluss trotz kaum mit den Vorjahren vergleichbarer Zahlen zeugt von Vertrauen. Es mögen stürmischere Zeiten kommen – derzeit befindet sich der Kreis finanziell in denkbar ruhigem Fahrwasser.