Ermittlungen gegen Beamten im Reutlinger Rathaus

Mann soll eigenmächtig Spielhallen von Steuer befreit haben

Die Staatsanwaltschaft hat Anklage gegen einen Beamten der Reutlinger Kämmerei erhoben: Er soll dafür gesorgt haben, dass zwei Spielhallen in Reutlingen mehrere Jahre keine Gewerbesteuerbescheide bekamen. Der Schaden soll bei mindestens 40 000 Euro liegen.

28.08.2014

Reutlingen. Die Staatsanwaltschaft wirft einem 58-jährigen Mitarbeiter der Stadtverwaltung Untreue in sechs Fällen vor. Nach Informationen des Südwestrundfunks soll es sich um den Leiter der Abteilung Steuern handeln. Das wollte die Pressestelle der Stadt Reutlingen gestern auf Anfrage weder bestätigen noch dementieren: Man erteile wegen des laufenden Strafverfahrens dazu keine Auskunft. Einen Leiter der Abteilung weist die städtische Homepage jedoch nicht mehr aus.

Der nun Angeklagte war für die Erhebung der Gewerbesteuer zuständig. Dabei agierte er nach Überzeugung der Ankläger recht eigenwillig: Zwei Spielautomatenfirmen soll er von der Zahlungspflicht befreit haben. Bei einer Firma soll das dazu geführt haben, dass sie in den Jahren 2004 und 2005 insgesamt 40 000 Euro Steuern zu wenig bezahlte. „Es wurden zwar Vorauszahlungen geleistet, aber eben unter dem eigentlich fälligen Steuerbetrag“, sagte der Sprecher der Tübinger Staatsanwaltschaft Michael Allmendinger. Dieses Geld kann die Stadt nicht nachfordern: Die Ansprüche sind verjährt.

Bei dem anderen Unternehmen soll der Mann für die Jahre 2008, 2009 und 2010 eigenmächtig die Steuerschuld auf null Eurogestetzt haben. Sie hätte aber eigentlich pro Jahr 15 000 Euro bis 30 000 Euro betragen. In einem Jahr habe der Beamte dafür gesorgt, dass überhaupt kein Steuerbescheid erstellt wurde. Bei diesen Ansprüchen besteht noch Hoffnung, dass die Steuern nachbezahlt werden: Sie sind noch nicht verjährt. Die Reutlinger Stadtverwaltung teilte auf TAGBLATT-Anfrage mit, sie prüfe alle Möglichkeiten, das Geld noch zu bekommen.

Die Ermittlungen waren durch interne Kontrollen ausgelöst worden: Als die Unregelmäßigkeiten entdeckt worden waren, wurde der betroffene Beamte beurlaubt. Derzeit laufe ein Disziplinarverfahren.

Das Motiv ist unklar: „Das konnte nicht beleuchtet werden, da der Mann sich nicht geäußert hat“, erklärte Allmendinger. Es gebe keine Hinweise auf Spielsucht oder Bestechung. Die Staatsanwaltschaft wertet die illegal eingeräumten Steuerbefreiungen als besonders schwere Fälle von Untreue. Der 58-Jährige habe seine Stellung als Amtsträger missbraucht. Dafür sieht das Strafgesetzbuch eine Mindeststrafe von sechs Monaten Gefängnis vor. job

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28.08.2014, 12:00 Uhr
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zuletzt aktualisiert: 28.08.2014, 12:00 Uhr

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