Wohnen

Mantraartig ist in fast jeder Ortschafts- oder Gemeinderatssitzung zu hören: „Wir brauchen Neubaugeb

Bei der Baupolitik in der Gesamtstadt Sulz herrschen vor allem in den Teilorten die Neubaugebiete vor. Der Mangel an Wohnungen ist hingegen überall groß.

19.01.2019

Von Cristina Priotto

Typisches Bild auch in den Sulzer Stadtteilen: Kräne und Einfamilienhäuser wie hier im Mühlheimer Neubaugebiet „Fischinger Steige II“ dominieren die Bautätigkeit. Mehrfamilienhäuser mit Ein-, Zwei-, Drei- oder Vier-Zimmer-Wohnungen fehlen hingegen auf dem Land. Bild: Cristina Priotto

Typisches Bild auch in den Sulzer Stadtteilen: Kräne und Einfamilienhäuser wie hier im Mühlheimer Neubaugebiet „Fischinger Steige II“ dominieren die Bautätigkeit. Mehrfamilienhäuser mit Ein-, Zwei-, Drei- oder Vier-Zimmer-Wohnungen fehlen hingegen auf dem Land. Bild: Cristina Priotto

Mantraartig ist in fast jeder Ortschafts- oder Gemeinderatssitzung zu hören: „Wir brauchen Neubaugebiete für Einfamilienhäuser, damit die Menschen hierbleiben oder Neue herziehen können.“ Sowohl in der Sulzer Kernstadt als auch in den neun Stadtteilen wird seit Jahrzehnten das Ziel verfolgt, möglichst überall Neubaugebiete auszuweisen.

Doch diese Wohnbaupolitik, die insbesondere im ländlichen Raum eindeutig Vorrang vor dem Geschosswohnungsbau genießt, hat auch ihre Schattenseiten: Geringverdiener, die sich nicht Bauplatz samt Hausbau leisten können, finden nur schwer ein Dach über dem Kopf – oder eben keins.

Denn der Mietwohnungsmarkt in der Neckarstadt ist leergefegt: Wer über mehrere Monate hinweg die Angebote auf verschiedenen einschlägigen Online-Portalen sowie die Annoncen im städtischen Mitteilungsblatt und den Tageszeitungen verfolgt, stellt immer wieder ernüchtert fest: Das Angebot an freien Mietwohnungen, egal wieviele Zimmer, ist praktisch permanent gleich Null.

Zuletzt hat die GAL das Thema fehlender Wohnungsbau bei den Haushaltsreden im Dezember ins Gespräch gebracht: Heidi Kuhring kritisierte: „Durch die Ausweisung und Erschließung von Neubaugebieten wird vor allem der Bedarf von gut situierten Menschen befriedigt.“ Die GALier wiesen darauf hin, dass nicht jeder sich den Kauf eines Bauplatzes und den Bau eines Eigenheims leisten könne – und abgesehen vom Finanziellen, ist der Häuslebau auch gar nicht Jedermanns Ziel. Zudem müssen dafür auch Arbeitsplätze in der näheren Umgebung gefunden werden.

Kuhring hatte dabei angekündigt, dass die GAL der Ausweisung von Neubaugebieten in Zukunft nur noch zustimmen werde, wenn 30 Prozent der Fläche für den Geschosswohnungsbau ausgewiesen werden. Denn die klassischen Einfamilienhäuser mit großen Grundstücken tragen mit zur Zersiedelung der Landschaft bei und verbrauchen sehr viel Fläche.

Zwar versprechen sich viele, dass Neubaugebiete die Einwohnerzahlen in den Dörfern steigern, doch regt sich wegen der großen Nachfrage in den autobahnnahen Teilorten auch Kritik: Der Bergfelder Ortsvorsteher Martin Sackmann hatte in der Jahresanfangs-Umfrage der SÜDWEST PRESSE am Freitag darauf hingewiesen, dass die Flächen in den „Härtenwiesen“ begrenzt seien – trotz mehrfacher Erweiterung auf inzwischen über 130 Grundstücke. Sackmann fordert eine breitere Verteilung in ganz Sulz.

Wer hingegen eine Wohnung mieten oder kaufen möchte, hat es in Sulz extrem schwer: Geschosswohnungen in größerem Stil sind in den vergangenen Jahren fast ausschließlich in der Kernstadt im Bereich „Neckarwiesen“ entstanden, seit dort im Frühjahr 2011 die Wohnungsbebauung begann.

„Neckarwiesen“ voll belegt

Aktivster Bauherr war dort Sülzle-Bau mit mehreren Wohnanlagen. Mittlerweile sind die „Neckarwiesen“ voll, auf der einzigen Freifläche baut die Stadt ein Kinderhaus. Sülzle hat zudem an der Kappel ein Wohn- und Geschäftshaus errichtet. Die fünf Wohnungen waren sofort weg, für jede gab es etliche Interessenten.

Ähnlich erging es Dieter Kopp, der in Mühlheim und Holzhausen mehrere Wohnungsblocks errichtet hat: Auch dort war die Nachfrage hoch und die Wohnungen entsprechend schnell belegt.

Die Stadtteile Bergfelden und Renfrizhausen sind zwar bestrebt, in den Ortsmitten Wohnungen neu zu bauen. Doch sowohl für das Volksbank-Areal im größten Teilort als auch für die „Alte Mälzerei“ auf dem „Bosch-Areal“ in Renfrizhausen hat sich bislang noch kein Investor gefunden.

In den meisten Ortsteilen sehen die Bebauungspläne für die Neubaugebiete bislang nur Ein- oder Zweifamilienhäuser vor.

Die Stadt Sulz hat im Oktober 2015 den Solidaritätsfonds „Außen fördert Innen“ geschaffen. Wer in einem Neubaugebiet ein Grundstück kauft und bebaut, muss dafür einen Obolus entrichten. Aus dem Fördertopf erhalten wiederum Bauherren Mittel, die innerorts Gebäude abreißen und die Fläche neu bebauen. Allerdings verringert dieses Prinzip den Flächenfraß durch Einfamilienhäuser nicht, und Wohnungen entstehen dort auch nur selten.

Überblick über die Neubaugebiete in Sulz:

Kastell: „Klippeneckweg I“ (sechs Bauplätze): belegt, „Klippeneckweg II“ (sieben): belegt

Bergfelden: „Härtenwiesen I“ (35): belegt; Härtenwiesen II“ (64): belegt; „Härtenwiesen III“ (32): teils belegt

Dürrenmettstetten: „Tiergarten“ (neun): teils belegt

Fischingen: „Langäcker“: belegt; „Mühlheimer Feld“: geplant

Glatt: „Alter Rainweg“ (zwei), „Weinberghalden“ (sechs)

Holzhausen: „Stümple I“ (22): belegt; „Stümple II“ (17): teils belegt

Hopfau: Amselweg-Süd I“ (40): belegt, „Amselweg-Süd II“ (neun): in Planung

Mühlheim: „Horber Steige“: belegt, „Mühlbachring“: belegt,
„Fischinger Steige II“ (15): teils belegt
Renfrizhausen:„Hintere Gärten“ (fünf)

Sigmarswangen: „Breite I“: belegt; „Breite II“: belegt; „Breite III“ (18): wird derzeit
erschlossen

Familienfreundlich versus Flächenfraß

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Erstellt:
19.01.2019, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 04sec
zuletzt aktualisiert: 19.01.2019, 01:00 Uhr

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