65. Vierschanzentournee

Markus Eisenbichler fliegt sich in Form

Beim Neujahrsspringen segelt der Siegsdorfer erneut nur knapp am Podest vorbei. Doch die Weltspitze ist eng beisammen.

02.01.2017

Von MANUELA HARANT

Am Neujahrstag nach seinem Qualifikationssieg als Nummer 1 gestartet: Markus Eisenbichler war aber auch mit Rang vier zufrieden. Foto: afp

Am Neujahrstag nach seinem Qualifikationssieg als Nummer 1 gestartet: Markus Eisenbichler war aber auch mit Rang vier zufrieden. Foto: afp

Garmisch-Patenkirchen. Als Markus Eisenbichler im Sommer 2012 kopfüber den Oberstdorfer Sprunghügel hinunterstürzte, schien seine sportliche Karriere für einen Moment beendet. Doch dass er viereinhalb Jahre später, gestern im Neujahrsspringen von Garmisch-Partenkirchen, um den Sieg mitspringt, ist eng mit der Entwicklung verknüpft, die der 25-Jährige seither genommen hat. Auch wenn Eisenbichler als Vierter mit Weiten von 136,5 und 139,5 Metern (278,9 Punkte) hinter Tournee-Debütant Daniel Andre Tande aus Norwegen (138 und 142 m/289 Punkte), dem Polen Kamil Stoch (135,5 und 143/286,0) und Oberstdorf-Gewinner Stefan Kraft aus Österreich (137 und 140/282,4) knapp das Podium verpasste.

Doch während Eisenbichler trotz der ersten guten Weltcup-Ergebnisse vor viereinhalb Jahren als Talent galt, das sein Potenzial aufgrund einer zu lockeren Einstellung nicht richtig ausschöpfte, ist er nun zu einem Weltklasse-Springer gereift, der auch in der österreichischen Springen in Innsbruck und Bischofshofen zu den Favoriten zählt.

Der damals 21-Jährige schrammte bei dem Trainingssturz an der Schattenbergschanze nur mit Glück an einer Querschnittlähmung vorbei, ein Brustwirbel war gebrochen, vier weitere angebrochen. Die positiven Auswirkungen auf die Einstellung des Skispringers waren aber letztendlich größer als die körperlichen Wunden, die komplett verheilt sind. „Im Krankenhaus habe ich mir gesagt: Falls ich wieder fit werde, probiere ich es nochmal. Dann aber nicht mit 80 Prozent, sondern unter dem Motto: Alles oder Nichts.“

Topresultate wichtig fürs Team

Anschließend konnte sich der Oberbayer im Schatten des bisherigen Vorspringers Severin Freund nach und nach in die Weltspitze zurückkämpfen und schlägt ausgerechnet zu dem Zeitpunkt zu, an dem sein Teamkollege schwächelt (siehe Info). „Vom deutschen Team wird erwartet, dass Top-Resultate kommen, und wenn er die abhaken kann, dann ist hinten mehr Ruhe drin“, sieht Freund, gestern mit erneut enttäuschenden 128,5 und 131,5 m 21. des Klassements, den Wert von Eisenbichlers Ergebnissen fürs Team.

In einem hochklassigen Neujahrsspringen schaltete Eisenbichler, der erstmalig als Qualifikationssieger und damit mit Startnummer 1 als Letzter der K.o.-Runde vom Balken startete, den Polen Kamil Stoch aus. „Beim Absprung hab ich aber ein paar Meter verschenkt“, sagte der Deutsche gewohnt selbstkritisch, fügte aber hinzu: „Dafür habe ich beim Fliegen wieder einiges gutgemacht.“ Bundestrainer Werner Schuster fand an Eisenbichlers Auftreten „nichts, worüber ich mich ärgern könnte, zumal er vor zwei Jahren hier in Garmisch noch aus der Tournee ausgeschieden ist“. Das dürfe man nie vergessen.

Der in Hinterzarten lebende Stepahn Leyhe erreichte mit Rang acht seine bislang beste Tourneeplatzierung. „Das ist ein Meilenstein für mich“, sagte der rundum zufriedene Wahl-Schwarzwälder hinterher. Ein 13. Platz von Andreas Wellinger und ein 15. Rang von Richard Freitag rundeten das insgesamt zufriedenstellende Ergebnis der Deutschen beim Neujahrsspringen ab. „Wir sind gut bei der Musik dabei, wenn auch das herausragende Ergebnis bisher gefehlt hat“, sagte Bundestrainer Werner Schuster.

In der Tournee-Gesamtwertung zeichnet sich vorerst ein enger Zweikampf zwischen Stoch (591,2 Punkte) und Kraft (590,4) ab, gefolgt von Tande (584,6) und dann schon Eisenbichler als Vierter mit 572,0 Zählern knapp vor dem zweiten Polen, Piotr Zyla (570,0). „Da gibt es noch eine Menge Athleten, die die Tournee gewinnen können. Da kann ein schlechter oder auch ein besonders guter Tag eines Springers das Blatt noch wenden“, meinte der Pole Stoch und erntete breites Kopfnicken von seinen Verfolgern.

Fest steht jedoch, dass Eisenbichler weiter im Konzert der Großen mitmischt und beim dritten Springen am Dienstag und Mittwoch in Innsbruck (jeweils 14 Uhr/ARD und Eurosport) erneut ein heißer Kandidat aufs Podest ist. Er hätte es sich auf jeden Fall hart erarbeitet.