Kirchensteuer

Mehr Geld für Flüchtlingshilfe, Schulen und Familienpflege

Die Diözese Rottenburg-Stuttgart erwirtschaftete im Jahr 2015 einen Überschuss von rund 45 Millionen Euro. Auch 2017/18 plant sie ein Plus.

29.11.2016

Von Ulrich Eisele

Rund 500 Millionen Euro betrug die Summe der verteilbaren Kirchensteuereinnahmen der Diözese im Jahr 2015 (nach Abzug der Verwaltungskosten, Diözesanumlage und Vorwegausgaben). Das waren 65 Millionen mehr als ursprünglich geplant. Einen Teil dieses Überschusses will die Diözese nun dafür nutzen, Familien, Flüchtlinge, katholische Schulen und ihre Mitarbeiter/innen in der Pflege finanziell besserzustellen. Das beschloss der Diözesanrat, das höchste Haushaltsgremium der Diözese, am Samstag im Kloster Reute.

Gründe für die unerwartet hohen Kirchensteuereinnahmen seien die starke Konjunktur und die gute Beschäftigungslage in Baden-Württemberg, sagte Dietmar Krauß gestern bei einer Pressekonferenz, der Leiter der Hauptabteilung Finanzen und Vermögen der Diözese. Die Kirche profitiere zudem vom Zuzug katholischer Arbeitnehmer aus dem Ausland – hauptsächlich aus Polen –, der die Zahl der Kirchenaustritte beinahe ausgleiche. Ein Großteil des Überschusses, nämlich rund 34 Millionen Euro, resultierten aus der so genannten „Kirchensteuerbereinigung“, der Abgabe von Steuereinnahmen an die jeweilige Heimat-Diözese der Arbeitnehmer, und der vorsichtigen Finanzplanung.

Nach längeren Verhandlungen einigte sich der Diözesanrat auf folgende Mittelverteilung:

7 Millionen Euro werden zur Unterstützung von Familien verwendet, davon 2,5 Millionen für Familienzentren, 3,5 Millionen für die Familienpflege und 1 Million Euro für das Familienerholungswerk.

Um 16 Millionen Euro wird der 2013 gegründete Flüchtlingshilfefonds der Diözese aufgestockt auf nun insgesamt 34,7 Millionen Euro. 7 Millionen Euro sollen in die weltkirchliche Arbeit zur Bekämpfung von Fluchtursachen gehen, 7 Millionen in Hilfen innerhalb der Diözese und 2 Millionen Euro in Baumaßnahmen zur Unterbringung von Flüchtlingen in kirchlichen Gebäuden.

9 Millionen Euro bekommt die Stiftung Freie Katholische Schulen, Träger von 93 Grund-, Werk-, Real- und Gemeinschaftsschulen, Gymnasien, Fach- und Sonderschulen in der Diözese. 25148 Schüler/innen werden dort von 2106 Lehrer/innen unterrichtet.

6,2 Millionen Euro fließen in die Sanierung des Eugen-Bolz-Studierendenwohnheims in Weingarten.

7 Millionen Euro werden schließlich für die Zusatzversorgung kirchlicher Mitarbeiter/innen in Pflegediensten verwendet.

Trotz sprudelnder Steuereinnahmen will die Diözese weiterhin sparsam wirtschaften, wie Diözesanratssprecher Johannes Warmbrunn, Finanzvorstand Dietmar Krauß, Generalvikar Clemes Stroppel und der stellvertretende Vorsitzende des Finanzausschusses Willy Braun versicherten. Im kommenden Jahr erwartet die Diözese Kirchensteuereinnahmen in Höhe von 520,5 Millionen Euro, 2018 sollen es sogar 529,9 Millionen Euro sein.

Acht Bauprojekte hat sich die Diözese für die kommenden zwei Jahre vorgenommen, davon ist das Bischof-Leiprecht-Zentrum im Stuttgarter Stadtteil Degerloch das größte. Dort befinden sich zwei Hauptabteilungen der Diözese und die Geschäftsstelle des Diözesanrats. Für den Teilrückbau und Neubau eines der zwei Gebäude sind insgesamt 9,25 Millionen Euro veranschlagt. Durch den Neubau könnten – ähnlich wie in Rottenburg – verstreut liegende Abteilungen zusammengelegt werden, sagte Generalvikar Stroppel.

Ein Thema war für den Diözesanrat auch der Bau bezahlbarer Wohnungen für finanziell schlechter gestellte Familien, Ältere, Menschen mit Behinderungen oder Alleinerziehende. Eine eigene Bautätigkeit mag die Diözese jedoch (noch) nicht entfalten. Als Bauherrin oder Verwalterin für Immobilien sei die Diözese nicht geeignet, sagte Generalvikar Stroppel.

Über das Siedlungswerk Stuttgart sei das Bistum jedoch schon seit der Nachkriegszeit am Sozialwohnungsbau beteiligt. Von dessen 4833 Wohnungen seien mehr als die Hälfte Sozialwohnungen. Auch dieses Jahr kommen 156 neue hinzu, dazu 131 Eigentumswohnungen für Familien, die wenig Eigenkapital mitbringen.

Die Diözese Rottenburg-Stuttgart in Zahlen

1857581 Katholiken leben in der Diözese Rottenburg-Stuttgart in 1031 Gemeinden. 24600 hauptamtliche und 170000 ehrenamtliche Mitarbeiter halten den Laden am Laufen.

44164 Kinder werden in 885 katholischen Kindergärten und anderen Einrichtungen betreut. 26355 Schüler/innen besuchen eine von 93 katholischen Schulen.

379000 Menschen werden von 887 karitativen Einrichtungen der Diözese betreut – Alten- und Pflegeheime, Beratungsstellen, Telefonseelsorgen.

Eine Milliarde Eurobetrug die Summe des Anlage- und Umlaufvermögens der Diözese Rottenburg-Stuttgart zum 31. 12. 2015. Davon waren der weitaus größte Teil (82 Prozent) Wertpapiere.