Pflege

Mehr Personal, weniger Barrieren

Die Sozialstation und die Otte Pflege GmbH bringen beim Besuch von GAL-Vertretern viele Wünsche vor. Die Gründung eines Hospizvereins wird angestrebt.

05.11.2016

Von Cristina Priotto

Eine Grünen-Gruppe besuchte am Freitag die Sozialstation (von links): Heidi Kuhring, Hubert Nowack, Gabriele Brucker, Jürgen Herbst, Rita Seitz, Michael Lehrer, Burkhardt Pyroth und Ramona Stühler.Bilder: Priotto

Eine Grünen-Gruppe besuchte am Freitag die Sozialstation (von links): Heidi Kuhring, Hubert Nowack, Gabriele Brucker, Jürgen Herbst, Rita Seitz, Michael Lehrer, Burkhardt Pyroth und Ramona Stühler.Bilder: Priotto

Wie es um die Situation in der Pflege bestellt ist, wissen die Mitglieder der GAL Sulz seit Freitag: Fünf Grüne und Bundestagskandidat Hubert Nowack aus Rottweil statteten der Sozialstation und der Otte Pflege GmbH gestern einen Besuch ab.

Zehn neue Stellen nötig

Bei der Sozialstation informierten die Geschäftsführer Michael Lehrer und Ramona Stühler die Gäste über die 1976 gegründete Einrichtung. Mittlerweile beschäftigt der städtische Eigenbetrieb 75 Mitarbeiter, davon 34 im Pflegedienst, 38 in der Nachbarschaftshilfe und drei in der Verwaltung. „2017 müssen wir den Personalplan um zehn Stellen aufstocken“, kündigte der Geschäftsführer an. Im Bereich der Palliativpflege wäre die Sozialstation gerne aktiver: „Unser Ziel ist es, dass wir das irgendwann anbieten können“, teilte Lehrer mit. Bislang kann die Sozialstation zwei Palliative Care-Fachkräfte stellen. Den Frauen fehlt jedoch ein halbjähriges Praktikum, wofür Lehrer die beiden Mitarbeiterinnen wegen Kosten in Höhe von rund 40000 Euro jedoch nicht freistellen kann. „Das ist sehr wichtig. Da muss man sich mal überlegen, ob uns so etwas das wert ist“, stellte Gabriele Brucker in den Raum. Hubert Nowack, der Bundestagskandidat der Grünen im Kreis Rottweil, erkundigte sich nach ehrenamtlichen Hospizhelfern. Ein Hospizverein existiert bisher nur in Oberndorf, doch da die Hälfte des Personals aus Sulz stammt, gibt es laut Michael Lehrer Überlegungen, einen gemeinsamen Hospizverein zu gründen, der Menschen vor dem Tod in beiden Städten betreut.

Großer Bedarf an Mitarbeitern

Ein wichtiges Standbein ist die Nachbarschaftshilfe, wobei der Übergang zwischen Pflege und Betreuung fließend ist. Für viele sei dies ein Einsteigemodell, wenn jemand den Haushalt nicht mehr selbst versorgen könne, berichtete der Geschäftsführer. Ein Problem ist jedoch, dass es in diesem Bereich einen riesigen Bedarf an Mitarbeitern gibt. „Derzeit sind keine Zuwächse möglich, weil wir das personell nicht leisten können“, bedauerte Lehrer – obwohl dafür keine ausgebildeten Fachkräfte nötig sind. Fachkräfte aus Osteuropa wären eine Option.

Als sehr gute Ergänzung wertet Stühler die Betreuungsgruppe „Schwätzle“ für Demente. „Es hat sich seit 2013 sehr schleichend entwickelt, aber mit den jetzt durchschnittlich fünf Teilnehmern sind wir zufrieden“, sagte Ramona Stühler. Noch weniger bekannt ist, dass die Sozialstation neben dem Betreuten Wohnen in den Neckarwiesen auch die Senioren-WG im Haus der Betreuung und Pflege am Stockenberg betreut. Der Hausnotruf hat sich mit 70 Abonnenten mittlerweile etabliert, die Tendenz ist steigend.

Übertrieben findet Lehrer, dass ein Viertel der Arbeitszeit nur für die Dokumentation draufgehe.

Sorgen bereiten der Sozialstation die Raumnot und der Personalnachwuchs sowie Pläne zur Vereinheitlichung von Kranken-, Alten- und Kinderpflege.

Wenige Meter von der Sozialstation am Marktplatz entfernt befindet sich mit der Otte Pflege GmbH ein privater Anbieter mit ähnlicher Ausrichtung. Beide sehen sich jedoch eher als gegenseitige Ergänzung und weniger als Konkurrenz, zumal bei Barbara und Patrick Otte die Tagespflege den Schwerpunkt bildet. „Das wird sehr gut angenommen, wir betreuen derzeit 50 Leute“, berichtete die seit 1990 selbstständige Pflegefachkraft. Einige kämen täglich, andere nur einmal in der Woche. Seit Januar gibt es die Tagespflege auch am Wochenende.

Ein wichtiger Teil der Leistungen sind jedoch ambulante Einsätze außerhalb, bei denen derzeit 50 Patienten betreut werden.

Zwei Senioren-WGs auf Kastell

Als Besonderheit bieten Barbara Otte und ihr Team zwei Wohngemeinschaften auf Kastell. Dort bleiben ältere Menschen so lange wie möglich. „Es gibt in diesem Bereich eine große Nachfrage“, erzählte Otte den GALiern.

Die Suche nach Fachkräften gestaltet sich auch für die private GmbH schwierig. Teilweise stammten diese aus Osteuropa. Barbara Ottes Patentrezept ist, neben einem Arbeitsplatz auch Wohnungen anzubieten. Deshalb ist ein Neubau auf Kastell geplant. „Wir wachsen ständig, weil der Bedarf da ist“, berichtete die Chefin von aktuell 35 Mitarbeitern. „Sie haben mit der Tagespflege eine echte Nische in Sulz gefunden“, stellte Heidi Kuhring anerkennend fest. Die Otte Pflege GmbH versorgt aber auch Senioren in Dornhan, Vöhringen, Empfingen, Dettensee und Oberndorf – eine logistische Herausforderung, denn die Tagespflegegäste werden zu Hause abgeholt.

Mutter und Sohn formulierten als Wünsche an die Stadt barrierefrei begehbare Gehwege, eine Beseitigung der Stolperfallen in der Hofeinfahrt, mehr Parkplätze in der Innenstadt und eine sichere Zufahrt. Beim Apfeltag sei kein Durchkommen mehr gewesen, kritisierte die Geschäftsführerin. Prokurist Patrick Otte, seit 2010 dabei, sieht zudem Bedarf, die Einsatzfähigkeit von Flüchtlingen in der Pflege zu verbessern.

Die GAL-Vertreter versprachen, die Anregungen im Gemeinderat einzubringen.

Während Barbara Otte (rechts) erzählt, hört Gabriele Brucker zu.

Während Barbara Otte (rechts) erzählt, hört Gabriele Brucker zu.

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Erstellt:
05.11.2016, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 14sec
zuletzt aktualisiert: 05.11.2016, 01:00 Uhr

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