Freudenstadt · Wochenmarkt

Mehr los als sonst

Wie die Freudenstädter Marktbeschicker die Auswirkungen der Coronapandemie und die damit verbundenen Einschränkungen erleben.

21.03.2020

Von Monika Schwarz

Bei Feinkost Cengiz schützen nicht nur Handschuh vor Hautkontakt beim Bezahlen sondern auch Plastikschalen, in die das Geld gelegt wird.

Bei Feinkost Cengiz schützen nicht nur Handschuh vor Hautkontakt beim Bezahlen sondern auch Plastikschalen, in die das Geld gelegt wird.

Auf den ersten Blick sah es auf dem Wochenmarkt am Freitag aus wie sonst. Die Händler waren gekommen, die Besucher ebenfalls. Während andere Plätze und Straßen deutlich weniger frequentierten waren, bleib der Besuch des Wochenmarktes gut. Die Nachfrage war an manchen Ständen sogar deutlich größer als sonst.

Am großen Gemüse- und Obststand Cengiz aus Eutingen wechselte das frische Obst und Gemüse – auch oder gerade in Coronazeiten – in noch größeren Mengen den Besitzer. „In den letzten zehn Tagen war bei uns extrem viel los“, sagt der Verkäufer an der Kasse. Die Leute hätten deutlich mehr eingekauft als sonst.

Freudenstadt steht mit diesem Phänomen aber nicht stellvertretend für alle Verkaufsorte, die das Eutinger Geschäft bedient. Am Verkaufsstand in der Stuttgarter Markthalle beispielsweise sei die Nachfrage deutlich zurückgegangen. Das hänge mit der Schließung der Geschäfte drum herum zusammen.

Abstand zu anderen eingehalten

Der ausdrücklichen Aufforderung am Stand, den Sicherheitsabstand von 1,50 Metern einzuhalten, wird in Freudenstadt überwiegend nachgekommne. Nur beim Bezahlen wird es aufgrund des Andrangs manchmal etwas enger. Die Menschen verhalten sich aber diszipliniert. Das Geld wird an diesem Stand beim Bezahlvorgang auch nicht direkt von Hand zu Hand übergeben, sondern in einen Behälter gelegt.

Große Disziplin zeigen die Besucher auch an den Ständen, an denen die Kunden einzeln und hintereinander bedient werden wie am Stand vom Bohnethof, der Brot und Backwaren, aber auch Kartoffeln, Eier und Honig anbietet. „Bei uns ist derzeit sehr viel mehr los als sonst“, sagt eine der beiden Schwestern, die den Hof betreiben und auch selber backen. Das Brot an ihrem Stand war am gestrigen Vormittag bereits um zehn Uhr – und damit schon vor dem großen Run – ausverkauft.

Die Schlange der Anstehenden zog sich aufgrund des von den Wartenden eingehaltenen Sicherheitsabstandes über den halben Marktplatz. So war es auch vor anderen Ständen. Schmunzelnd war die Rede vom „Markthamsterkauf“. Groß war die Nachfrage auch bei den Blumen. Eine ältere Dame erschien bereits am früheren Morgen mit Mundschutz, um sich vor einer Infektion zu schützen.

Die Touristen fehlen

Allerdings profitiert nicht jeder Stand von der neuen Situation. Von einer spürbar geringeren Nachfrage berichtet Joachim Bublitz an seinem Bonbonstand. Der Großteil seiner Käufer sind keine typischen einheimischen Marktbesucher, die dort für das tägliche Essen einkaufen, sondern die Touristen. Und die fallen derzeit nun einmal weg. Ebenso wie die zufälligen Passanten, die den Einkaufsbummel in Freudenstadt auch gleich für einen Marktbesuch nutzen und ungeplant eine Bonbontüte mit nach Hause nehmen. Seine gesamte Osterware habe er bereits storniert, berichtete Bublitz. Trotz der merklichen Umsatzeinbußen lobt er die Freudenstädter Marktbesucher. Sie seien „deutlich disziplinierter als anderswo“.

Spürbare Einbußen muss auch Sibylle Weißer aus Sankt Georgen verkraften, deren Sortiment mit Honig, Kränzen und speziellen Getränken normalerweise auch eher von Touristen gekauft wird. Seit vielen Jahren steht sie in der Nachfolge ihres Vaters auf dem Markt und ist derzeit froh, dass sie dort überhaupt noch stehen und Geld verdienen kann – im Unterschied zu den Läden der Bekleidungsbranche, wie sie sagt.

Der Frust über die derzeitige Situation und die damit einher gehenden Problemen ist der allein erziehenden Mutter, die sich zeitlebens alleine durchgeschlagen hat, deutlich anzumerken. Sie selbst – und auch viele andere in der Selbständigkeit – haben ihr Leben lang gekämpft und jetzt wisse sie gar nicht genau, wie es weitergeht. Die Verunsicherung sei groß.

Gerade auch diejenigen, deren Läden jetzt zu sind, wüssten nicht, wie es wird. Bei den Politikern und Beamten laufe das Geld einfach so weiter, sagt Weißer. Sie ist der Meinung, hier sei insgesamt noch mehr Solidarität gefragt. Es könne jedenfalls nicht sein, dass man diejenigen, die es immer schon am schwersten gehabt hätten, nun am wenigsten unterstütze. Von daher sei sie gespannt, wie es weiter geht.

Die Menschen hielten auf dem gestrigen Freudenstädter Wochenmarkt den geforderten Abstand von 1,5 Metern ein. Bilder: Monika Schwarz

Die Menschen hielten auf dem gestrigen Freudenstädter Wochenmarkt den geforderten Abstand von 1,5 Metern ein. Bilder: Monika Schwarz