Klassisch
Meistersinfonie aus dunkler Zeit
Wilhelm Furtwängler war sicher einer der faszinierendsten Dirigenten überhaupt. Viele seiner Aufnahmen, etwa die des „Tristan“ mit dem Philharmonia Orchestra aus dem Jahr 1952, haben Schallplattengeschichte geschrieben.
Wie kam es zu diesem Furtwängler-Projekt?
Fawzi Haimor: Die WPR arbeitet schon länger mit dem Label zusammen, woraus in der Vergangenheit immer wieder zahlreiche interessante Produktionen entstanden sind, so etwa die Sinfonien von Giovanni Sgambati. Als ich Chefdirigent wurde, haben wir gemeinsam überlegt, was zu uns passt. Als erstes Projekt nahmen wir Werke von Georges Antheil auf, was mir als Amerikaner natürlich liegt. Aber ich wollte gerne zeigen, dass ich mich auch im deutschen Repertoire bewege, und so kamen wir auf die 1. Sinfonie von Furtwängler.
Die Sinfonie entstand in der dunklen Zeit der ersten Kriegsjahre. Sie ist ein Zeugnis der Postromantik, im Grunde genommen als Nachfolge von Bruckner, aber viel uferloser. Für einen Dirigenten ist sie extrem undankbar, denn obwohl die vier Sätze mit klassischen Grundmustern aufgebaut sind, verliert sie sich immer wieder in mysteriösen Tonarten und Formen. Es ist sehr schwer, hierbei die Form, die Übersicht nicht zu verlieren. Allein das Finale hat 820 Takte und ist damit länger als jeder Satz einer Bruckner-Sinfonie.
Was verlangt das Werk seinen Interpreten ab?
Die Arbeit mit diesem Werk erfordert unendlich viel Geduld – für den Dirigenten, für das Aufnahmeteam und für die Musiker. Ich habe mich natürlich zunächst sehr intensiv mit dem Komponisten Furtwängler beschäftigt. Wichtig ist bei dieser Sinfonie, die Proportionen, die Gesamtform stets im Auge zu behalten. Außerdem war es mir wichtig, dass sie nicht zu schwülstig rüberkommt. Für die Musiker gingen die Aufnahmen schon an die Grenze der Belastbarkeit, insbesondere für die Bläser. Aber das Ergebnis kann sich wirklich hören lassen.