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Messbar begeistert

Aus kleinen Anfängen hat es Datatec im Reutlinger Industriegebiet Mark West zum deutschen Marktführer im Vertrieb von Mess- und Prüfgeräten gebracht. Hans Steiner, der Chef der heutigen Aktiengesellschaft, blickt auf die Erfolgsgeschichte zurück.

13.12.2019

Von TEXT: Matthias Reichert|FOTOs: Unternehmen

 Datatec-Firmenchef Hans Steiner

Datatec-Firmenchef Hans Steiner

Messbar mehr Begeisterung“, steht auf dem Werbetransparent, das Besucher empfängt. Datatec war nie um eine klare Botschaft verlegen. Seit 1986 vertreibt das Unternehmen Mess- und Prüfgeräte, zuletzt mit knapp 54 Millionen Euro Jahresumsatz. Firmenchef Hans Steiner kam anfangs „eigentlich zufällig“ dazu. Er hatte gerade das Informatik-Studium abgeschlossen. Ein Kommilitone gründete die Firma 1985 in Albstadt, Steiner stieg Anfang 1986 ein. Anfangs waren sie zu zweit – der Kommilitone war für den Vertrieb in Norddeutschland zuständig, Steiner für Baden-Württemberg. Als der Gründer ins Ausland ging, kaufte Steiner die Firma im August 1986 und verlagerte sie nach Reutlingen. „Ich war allein, hatte keine Ahnung vom Vertrieb und nur ein Produkt: ein holländisches Oszilloskop, das häufig kaputtging“, beschreibt der gebürtige Hohensteiner seinen Einstieg.

Ein paar Jahre führte er Datatec als Ein-Mann-Unternehmen: „Das war zum Leben zu wenig – ich wollte die Firma schon auflösen.“ Doch dann kam Anfang der 90er-Jahre eine Wirtschaftskrise. Tektronix, der Weltmarktführer in der Oszilloskop-Herstellung, entließ Mitarbeiter und lagerte den Vertrieb aus. Datatec bekam die Lizenz einiger Serien für Baden-Württemberg. „Ein Glücksgriff – das war der Durchbruch.“ Steiner erweiterte das Angebot und stellte die ersten Mitarbeiter ein.

„Meine Devise heißt: No risk, no fun“: Mitte der 90er investierte der Firmenchef alles Geld in ein neues Digital-Oszilloskop von Tektronix, kaufte hohe Stückzahlen ein und schaltete bundesweit Anzeigen. „Das schlug ein wie eine Bombe. In Spitzenzeiten gab es Lieferzeiten von 20 Wochen. Der einzige, der liefern konnte, war ich. Ich habe an das Produkt geglaubt – das hätte auch ein Flop werden können.“ Nun konnte Steiner in ganz Deutschland verkaufen.

1995 hatte die Firma fünf Mitarbeiter, 2000 waren es 15. Steiner baute einen bundesweiten Außendienst auf, kaufte Wettbewerber in Deutschland auf und erweiterte das Produktsortiment. Die übernommenen Firmen wurden am 2002 bezogenen Standort im Reutlinger Industriegebiet Mark-West integriert. Entsprechend stiegen die Umsätze teils zweistellig.

2009 waren es schon 50 Beschäftigte – dann kam die nächste Wirtschaftskrise. Erneut setzte Steiner auf Risiko, wechselte von Tektronix zum weltweiten Messtechnik-Marktführer, damals Hewlett-Packard-Agilent, heute Keysight. Dessen Produktprogramm sei größer gewesen, und die Kunden von Datatec hätten es so gewollt, sagt er heute.

Agilent entließ damals Mitarbeiter, Steiner übernahm 15 – mitsamt dem bundesweiten Vertrieb der Agilent-Produkte, und stellte noch 15 weitere Mitarbeiter ein. Letztlich hat Datatec wieder von der Krise profitiert - obwohl Tektronix in der Folge einige Prozesse gegen den Distributor anstrengte. Freilich blieb Datatec zu großen Teilen von einem einzigen Hersteller abhängig: „Wir sind ein Nischenmarkt. Exklusivverträge schließen andere Anbieter aus“, sagt Steiner. Dennoch wolle die Firma mittelfristig unabhängiger werden. 2017 hat die vormalige GmbH zur Aktiengesellschaft umfirmiert. Der heute 61-jährige Steiner ist einziger Vorstand, seine Familie hat die Aktienmehrheit. Die übrigen Aktien halten leitende Angestellte. Steiners Frau Uschi ist Handlungsbevollmächtigte und leitet die IT-Abteilung. „Im Nachhinein ist das eine Erfolgsgeschichte“, blickt der Firmenchef zurück. „Aber das war ein sehr, sehr steiniger Weg“ – der nicht ohne die Belegschaft möglich gewesen wäre.

Datatec hat heute 105 Mitarbeiter. Momentan spüre die Firma die Abschwächung der Konjunktur. Denn in solchen Zeiten kürze die Industrie als erstes an Zukunftsinvestitionen, sagt Steiner. An Entlassungen werde nicht gedacht, versichert der Firmenchef: „Wir kommen über die Runden.“ Im laufenden Geschäftsjahr werde man das Ergebnis in etwa halten.

2018 hat das Unternehmen sein für 4,1 Millionen Euro neu gebautes Technologie- und Logistikzentrum neben der Firmenzentrale in Betrieb genommen. Etwa 1000 der 30 000 Produkte, die der Distributor anbietet, sind vorrätig. Mehr sei nicht sinnvoll – weil viele Produkte bei den Kunden konfiguriert werden müssten. Außerdem werden im Technologiegebäude Kunden Geräte vorgeführt. Zudem hat die Firma im bisherigen Lager eine Cafeteria für 450 000 Euro gebaut.

Datatec setzt auf Beratung, Service und Dienstleistungen wie die Kalibrierung von Geräten. Das Reutlinger Unternehmen sei mit Abstand größter Distributor von Mess- und Prüfgeräten in Deutschland, so Steiner. Mit 18 Prozent Markanteil – es gebe noch einige kleinere Anbieter und Hersteller, die ihre Produkte selbst vertreiben. Zuletzt hat Steiner die Fühler ins Ausland ausgestreckt. Seit 2018 läuft ein Joint-Venture mit der spanischen Firma Ayscom. Vertriebsbüros in weiteren westeuropäischen Ländern sollen dazukommen, um mittelfristig zu wachsen. Allerdings sei der Markt für Messgeräte im Ausland deutlich kleiner als in Deutschland.

Auch das Thema Künstliche Intelligenz schlägt beim Distributor auf. „Wenn in die KI Elektronik reinfließt, sind wir immer dabei“, so Steiner. Das neue 5G-Mobilfunknetz „könnte nicht ohne unsere Messgeräte entwickelt werden“, sagt der Datatec-Chef – dafür brauche es etwa Hochgeschwindigkeit-Oszilloskope. Auch zur Umsetzung des Autonomen Fahrens sei Hardware notwendig, wie sie Datetec liefert. So ist die Firma mit messbarer Begeisterung auf den Märkten der Zukunft unterwegs.

Das neue Logistikzentrum im Industriegebiet Mark West.

Das neue Logistikzentrum im Industriegebiet Mark West.

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Erstellt:
13.12.2019, 07:44 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 27sec
zuletzt aktualisiert: 13.12.2019, 07:44 Uhr

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