Mistress America

Mistress America

Komödie um eine brave Studienanfängerin in New York, die mit den abenteuerlichen Seiten der Stadt Bekanntschaft schließt.

01.11.2015

Von Klaus-Peter Eichele

Kein halbes Jahr nach „Gefühlt Mitte 20“ kommt schon der nächste Film von Noah Baumbach, dem oft mit Woody Allen verglichenen Chronisten modernen Großstadtlebens, in die Kinos. Wieder ist der Schauplatz New York. Die Studienanfängerin Tracy (Newcomerin Lola Kirke) ist gerade frisch in der Metropole angekommen und fühlt sich entsprechend einsam und verloren. An der Uni tut sie sich schwer, Freunde zu finden, und ihre schriftstellerischen Pläne kommen mangels Lebenserfahrung nicht vom Fleck.

In höchster Not sucht sie Kontakt zu der ihr unbekannten Brooke (Greta Gerwig), deren Vater demnächst Tracys Mutter ehelichen will. Die beiden verstehen (und ergänzen) sich auf Anhieb, obwohl (oder weil) die Großstadt-gestählte Mittdreißigerin das Gegenteil des schüchternen Landeis ist: ewig aufgekratzt, keiner Affäre abhold und übersprudelnd vor Ideen von äußerst geringer Halbwertszeit. Aktuell plant sie die Eröffnung eines hippen Restaurants und hat als Sponsor einen ihrer Verflossenen im Auge, der es zu beträchtlichem Reichtum gebracht hat. Gemeinsam mit einem nerdigen Kommilitonen, der als Fahrer fungiert, und dessen krankhaft eifersüchtiger Freundin fallen die beiden Frauen unangemeldet ins schick designte Neureichen-Domizil ein, wo die anfangs etwas betulich entwickelte Geschichte Fahrt aufnimmt.

Auf sehr witzige Art wird das Haus zur Bühne, auf der alle Anwesenden ihre Träume, Sorgen und Schrullen vorführen, wobei sich Baumbachs Inszenierung weniger an Woody Allen als an den klassischen Screwball-Komödien der 1930-er Jahre („Leoparden küsst man nicht“) orientiert. Parallel entwickelt sich ein halb zärtliches, halb sarkastisches Porträt der Y genannten Generation der 20- bis 40-Jährigen, deren angeblich unbegrenzte Möglichkeiten der Lebensgestaltung sich in Wahrheit auf die Wahl zwischen Karrierismus und Existenzgründung beschränken – was unterschiedliche individuelle Sympathiewerte natürlich nicht ausschließt.

Zum Erfolgserlebnis wird die ganze Angelegenheit für Literaturstudentin Tracy. Sie hat am Ende so viel Stoff für Kurzgeschichten beisammen, dass ihr der Start ins Studium spielend gelingen wird – auch wenn die Freundschaft dabei vielleicht auf der Strecke bleibt.

Die Stadtneurotiker gehen nie zur Neige. Nur ist jetzt statt Woody Noah ihr Analytiker.