Fußball-Nationalmannschaft

Mit Demut zum Comeback

Ilkay Gündogan ist rechtzeitig fit geworden, um der DFB-Auswahl in den kommenden zwei WM-Qualifikationsspielen zu helfen.

07.10.2016

Von THOMAS GOTTHARDT

So jubelte Ilkay Gündogan nach seinem letzten Treffer für die deutsche Fußball-Nationalmannschaft vor rund einem Jahr. Der nächste Versuch folgt nun in Hamburg. Foto: dpa

So jubelte Ilkay Gündogan nach seinem letzten Treffer für die deutsche Fußball-Nationalmannschaft vor rund einem Jahr. Der nächste Versuch folgt nun in Hamburg. Foto: dpa

Hamburg. Auch das noch: Der heiße Herbst steht vor der Tür – und der Schnupfen kommt. Alarmstimmung. Es war dann aber wohl doch nur eine leichte Irritation, die Ilkay Gündogan daran gehindert hatte, am ersten Training der deutschen Fußball-Nationalmannschaft am vergangenen Mittwoch teilzunehmen. Gestern war der 25-Jährige wieder fit und meldete sich zurück im Kreise des Weltmeisters.

Gerade zur rechten Zeit, wie Bundestrainer Joachim Löw mehrfach betonte. Denn es stehen zwei wichtige Heimspiele an in der Qualifikation zur Weltmeisterschaft 2018 in Russland: gegen die Tschechen am morgigen Samstag in Hamburg und drei Tage später gegen die Nordiren in Hannover (beide 20.45 Uhr/RTL). Nur die Sieger der insgesamt neun Gruppen sind fix für die WM qualifiziert. Die acht besten Gruppenzweiten müssen in die Playoffs. Kein Wunder also, dass Löw & Co. den kommenden zwei Begegnungen sehr viel Bedeutung beimessen. „Wir wollen versuchen, in den beiden Heimspielen sechs Punkte bei uns zu behalten“, wünscht sich Torhüter Manuel Neuer, der neue DFB-Kapitän. Das „klare Ziel“ der Mannschaft sei die direkte Qualifikation als Gruppenerster für Russland – und nichts anderes.

Endlich mal ein großes Turnier zu spielen, das wäre für den in Gelsenkirchen geborenen Ilkay Gündogan der Lohn für harte Reha-Arbeit nach einer langen Zeit ständiger Verletzungen. Deshalb hat der Deutsch-Türke auch erst 16 A-Länderspiele auf seinem Konto. Bei der Euro 2012 stand Gündogan (damals bei Borussia Dortmund) zwar im DFB-Kader, spielte jedoch nicht.

Im Herbst 2013 begann dann die Leidenszeit mit rätselhaften Rückenproblemen, die sich auf konservative Weise nicht beheben ließen. Eine Operation brachte eine Verbesserung, da war aber knapp ein Jahr ins Land gezogen. An die WM-Teilnahme 2014 war nicht zu denken. Kleinere Verletzungen störten den Heilungsprozess, eine verdrehte Kniescheibe macht dann den EM-Traum 2016 zunichte. Jetzt also der nächste Anlauf.

„Mit Turnieren soll es bei mir nicht klappen“, sagte Gündogan zu seiner Pechsträhne. Die Zuschauerrolle bei den vergangenen Fußball-Großereignissen sei „extrem bitter“ gewesen. Darum schätze er es jetzt noch mehr, wieder gesund zu sein und noch einmal auf höchstem Niveau Fußball spielen zu können. Gündogan sagt das mit viel Bedacht und einer Portion Demut: „Es ist extrem schön, wieder hier zu sein. Ich kenne ja das Gefühl als Comebacker.“

Nach seinem Wechsel im vergangenen Sommer zum englischen Premier-League-Club Manchester City und Trainer Pep Guardiola kommt Gündogan langsam wieder richtig in Schwung. Und das macht Löw glücklich, weil er sich von dessen Qualitäten genau das verspricht, was zuletzt als Mangel bei der DFB-Auswahl ausgemacht wurde: mangelnde Effizienz, die nicht konsequente Spielweise Richtung des gegnerischen Tores. „Es bedeutet für uns eine Qualitätssteigerung, weil Ilkay ein Spieler ist, der mit seiner Technik, seiner Übersicht belebende Elemente in unsere Mannschaft bringt“, sagte der Bundestrainer über die Kreativkraft.

Gündogan könnte und soll wohl auch dauerhaft in die Fußstapfen des zurückgetretenen Bastian Schweinsteigers treten. Im zentralen Mittelfeld, zusammen mit Toni Kroos, und einer abwechselnden Verantwortung für den defensiven und/oder offensiven Part. Und für welchen Fußball Gündogan steht, zeigt allein die kurze Liste derjenigen Trainer, unter denen er zu einem Großen seines Faches gereift ist: Jürgen Klopp, Pep Guardiola.

„Ich würde mich extrem freuen, wenn meine Karriere so verläuft wie die von Bastian Schweinsteiger, aber ich will mein Spiel spielen, das nicht unbedingt das Gleiche ist wie das von Basti“, sagte er zum Vergleich mit dem ehemaligen Kapitän. Sein letztes Tor für die deutsche Nationalmannschaft hat Gündogan übrigens Anfang September des vergangenen Jahres beim 3:2-EM-Qualifikatuonssieg in Schottland gemacht. Der England-Legionär hätte nichts dagegen, wenn sich auch in dieser Statistik etwas ändern würde.