Wittershausen · Landwirtschaft

Mit Drohnen und Insekten gegen einen Schädling

Mühlbachhof-Betreiber Andreas Haberer hat gegen den Maiszünsler sogenannte Trichogramma-Schlupfwespen eingesetzt. Die ökologische Art der Parasiten-Bekämpfung zeigt gute Erfolge, wie die gesunden Pflanzen beweisen.

17.08.2019

Von Cristina Priotto

Voraussichtlich bis etwa Mitte September wächst und reift der Mais, dann beginnt die Ernte.

Voraussichtlich bis etwa Mitte September wächst und reift der Mais, dann beginnt die Ernte.

Wer zurzeit unterwegs ist, erblickt allenthalben Maisfelder. Das letzte Getreide der Saison hat mit rund zweieinhalb bis drei Metern jetzt Mitte August die volle Wuchshöhe erreicht. Der Maiszünsler als gefürchteter Parasit scheint die Pflanzen kaum befallen zu haben. Um dem Kleinschmetterling den Garaus zu machen, setzt Andreas Haberer bereits das zweite Jahr in Folge auf eine Kombination aus ökologischer Schädlingsbekämpfung und mechanischer Beseitigung der Nahrung. Der Landwirt, der den Mühlbachhof in Wittershausen betreibt und Mais auf einer Gesamtfläche von etwa 110 Hektar bei der Mühlbachgemeinde, nahe Sigmarswangen, auf Kastell sowie auf den Gemarkungen Bergfelden und Holzhausen für die Biogasanlage anbaut, hat dafür im Juni Trichogramma ausbringen lassen.

Drohne setzt Eier aus

Dabei handelt es sich um einen natürlichen Feind des Maiszünslers. Diese Methode existiert eigentlich schon länger. „Früher hat man dafür eine Art Dreieckskärtchen aus Papier, vergleichbar Mottenfallen, von Hand in den Maisfeldern aufgehängt“, erzählt der Betreiber einer Biogasanlage. In Zeiten einer zunehmend digitalisierten Landwirtschaft 4.0 griff der Betreiber des Mühlbachhofs auf einen Dienstleister zurück, der die Eier der Schlupfwespen mittels einer Drohne ausbrachte. „Da müssen nur die GPS-Daten für die Flächenkontur eingegeben und das Gerät mit ausreichend Trichogramma bestückt werden, dann kann ein drei Hektar großes Maisfeld innerhalb von etwa 20 Minuten mit den Eiern der Schlupfwespen behandelt werden“, erklärt Haberer.

Doch wie funktioniert die Bekämpfung eines Insekts durch ein anderes genau? Die flugbereiten Trichogramma-Weibchen müssen etwa Mitte Juni auf dem heranwachsenden Mais ausgesetzt werden, wenn der Maiszünsler sich noch im Ei-Stadium befindet. Die Schlupfwespen selbst wiederum legen ihre Eier dann in die des Schädlings ab, was im Fachjargon „parasitieren“ genannt wird. Daraufhin entwickeln sich in den Maiszünsler-Eiern statt Maiszünslern neue Trichogramma-Schlupfwespen, die nach dem Schlupf ihrerseits weitere Maiszünsler-Eier parasitieren. Dadurch wird erreicht, dass der Kreislauf des Maiszünslers vor der Entwicklung der Eier zu Larven gestoppt wird, so dass die Schädlinge nicht weiterwachsen.

Wenn Andreas Haberer so wie am gestrigen Freitagnachmittag zum täglichen Kontrollgang in den Maisfeldern unterwegs ist, kann der Landwirt die Erfolge der Trichogramma-Behandlung sichtbar feststellen: „Ich habe keine Bohrlöcher gefunden“, sagt der Wittershauser zufrieden und taucht nach wenigen Minuten wieder aus den Untiefen der Pflanzen auf. Mindestens zehn Meter weit in das grüne Labyrinth muss sich begeben, wer ein einigermaßen repräsentatives Bild vom Zustand des Getreides gewinnen möchte. Die Schlupfwespen-Behandlung hat diesen Sommer offenbar sehr gut gewirkt.

Diese ökologische Tier-gegen-Tier-Bekämpfung ist aber nicht die einzige Methode, die Familie Haberer auf den Maisfeldern einsetzt. Nach der Ernte im Vorjahr, bei der die Pflanzen bis auf etwa 20 Zentimeter Höhe vom Boden gehäckselt wurden, ließ der Landwirt die Stoppeln nicht stehen, sondern zerkleinerte auch die Reste mit einer Maschine. „So fehlt den Raupen des Maiszünslers, wenn sie sich doch entwickeln, das Winterquartier“, erklärt Andreas Haberer.

Durch diese mechanische Behandlung kann ein Großteil der Maiszünsler-Population frühzeitig vor dem Ausbringen der Saat im April des Folgejahres ausgeschaltet werden. „Die Kombination ist sinnvoll“, beschreibt der Maisanbauer die Vorteile.

Eine beschädigte Pflanze findet Andreas Haberer bei der Begehung nicht, daher erklärt der Landwirt, wie ein Maisstängel aussieht, an dem der Maiszünsler gewütet hat: „Die Spitze knickt meistens als Erstes ab, denn dieser Teil der Pflanze ist am dünnsten und somit besonders anfällig, wenn der Bohrkanal die Stabilität zerstört“, weiß der Landwirt. Zuvor legen die Schädlinge die Eier an der Unterseite der Blätter ab. Von dort aus bohren die Tiere sich durch die Stängel runter, unterbrechen die Wasserzufuhr und befallen die Kolben, die häufig Bohrkanäle in der Mitte aufweisen.

Während Andreas Haberer von unerwünschten Insekten erzählt, fliegt eine Biene vorbei, dicht gefolgt von einem Schmetterling. „Wenn man durch ein Maisfeld läuft, ist man nachher voller Spinnweben“, sagt der Landwirt und wischt sich das T-Shirt ab.

Was Haberer damit sagen möchte: Ein Maisacker ist keineswegs tote Materie, sondern bietet Lebensraum für viele Tiere, Insekten ebenso wie Niederwild, und bisweilen auch Wildschweine. Allerdings trifft dies nur auf Felder zu, die weitgehend pestizidfrei bewirtschaftet werden. Der Mühlbachhof-Bauer düngt die Äcker vor der Aussaat mit Gärresten aus der Biogasanlage, bei der Aussaat wird ein Mineralstoff aufgebracht, außerdem erfolgt eine Herbizid-Behandlung, wenn das Getreide sich im Anfangswuchsstadium befindet. Am Rand des Ackers wuchert Vergissmeinnicht und anderes Beikraut unter den hohen Stängeln. Nächstes Jahr möchte der Wittershauser Stangenbohnen und andere Bodendecker zwischen den Mais säen. „Ich experimentiere da jedes Jahr mit etwas anderem“, erzählt Andreas Haberer.

Geerntet wird der Mais dieses Jahr voraussichtlich Mitte September. Haberers nutzen die Energiepflanze, um die 2007 errichtete Biogasanlage auf dem Mühlbachhof zu „füttern“. 95 Haushalte sind aktuell an das Nahwärmenetz angeschlossen, bei 85 davon ist der Hausanschluss bereits in Betrieb. Neu hinzugekommen sind die Wittershauser Turn- und Festhalle, und einige Häuser aus dem Neubaugebiet „Stützen“. Welche Rolle Trichogramma für die verfügbare Energie spielt, dürfte wohl den wenigsten bewusst sein.

Allen Grund zur Freude hat Andreas Haberer: Die Maispflanzen auf insgesamt 110 Hektar Fläche weisen dieses Jahr keine Schäden durch den Maiszünsler auf. Der Landwirt aus Wittershausen hat die Schädlinge auf ökologische Weise mit Schlupfwespen bekämpft.Bilder: Cristina Priotto

Allen Grund zur Freude hat Andreas Haberer: Die Maispflanzen auf insgesamt 110 Hektar Fläche weisen dieses Jahr keine Schäden durch den Maiszünsler auf. Der Landwirt aus Wittershausen hat die Schädlinge auf ökologische Weise mit Schlupfwespen bekämpft.Bilder: Cristina Priotto

Maiszünsler

Der Maiszünsler (Ostrinia nubilalis) richtet erhebliche Schäden in den

Feldern an. Die Folge sind Verluste beim Ertrags sowie Qualitätseinbußen durch zu hohe Mykotoxingehalte.

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Erstellt:
17.08.2019, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 37sec
zuletzt aktualisiert: 17.08.2019, 01:00 Uhr

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