Glatt/Hopfau · Breitensport

Mit Pferd und Kompass im Wald

Die Europa-Meisterschaft der Jungen Reiter im Orientierungsritt TREC findet derzeit im Glatttal statt. Bei der großen Eröffnungsfeier im Glatter Schlosshof defilierten am Donnerstagabend 70 fahnenschwingende Jugendliche aus zehn Ländern.

31.08.2019

Von Cristina Priotto

Die österreichischen Betreuer auf dem Café-Balkon.

Die österreichischen Betreuer auf dem Café-Balkon.

Internationales Stimmengewirr, Dutzende junge Leute mit Fahnen verschiedener europäischer Länder und emsig fotografierende Familienangehörige: Ein ungewohnter Anblick bot sich den vielen Zuschauern am Donnerstag im Hof des Wasserschlosses in Glatt. Der Einmarsch der Nationen stellte den Auftakt zu einer sportlichen Europa-Meisterschaft dar: Die EM der Jungen Reiter wurde gestern und heute auf dem Brachfeld ausgetragen.

Die 70 Teilnehmer im Alter zwischen 14 und 21 Jahren marschierten Fahnen schwingend in den Schlosshof ein. Wetterbedingt und aus Gründen des Tierschutzes waren die EM-Starter, anders als ursprünglich geplant, nicht auf Pferden vom Brachfeld zu der Zeremonie heruntergeritten, sondern mit motorisierten Pferdestärken gekommen. Den Anfang machte die siebenköpfige Équipe aus Österreich, deren Betreuer das Geschehen derweil vom Balkon des „Schloss-Cafés“ aus verfolgten. Jeweils zu zweit folgten die Schweizer, die Italiener und die Schweden, wohingegen die zehn Spanier den lautesten Beifall der mitgereisten Familien erhielten. Als zweitgrößtes Team geht Frankreich mit elf jungen Reitern an den Start. Weite Anreisen hatten die acht Italiener, die sieben Portugiesen und die sieben Russen, die ebenfalls bei der EM mitmachen. Die größte Mannschaft stellten die Gastgeber aus Deutschland mit 13 Startern.

In Vertretung des urlaubenden Bürgermeisters Gerd Hieber begrüßte Ortsvorsteher Helmut Pfister die jungen Leute samt Betreuern aus zehn Nationen in Glatt. „Es macht mich stolz, dass zum ersten Mal die TREC-Europa-Meisterschaft im Glatttal ausgetragen wird“, betonte Pfister und dankte Joachim und Meike Lefèvre vom Hof Brachfeld, die das hochkarätige internationale Sportereignis in den winzigen Weiler bei Hopfau geholt hatten. Der Glatter Ortsvorsteher wünschte den Gästen Freundschaften zwischen den verschiedenen Nationen.

Familie Lefèvre als Organisatoren

Rolf Berndt, Vorstand Breitensport/Umwelt beim Pferdesportverband Baden-Württemberg, zollte der Familie Lefèvre Anerkennung für die einjährige Vorbereitung des Turniers. „Der Schwarzwald ist sehr schön, aber schauen Sie beim Orientierungsritt trotzdem auf die Karte“, empfahl Berndt den jungen Reitern schmunzelnd.

Selbst die Deutsche Reiterliche Vereinigung (Féderation Équestre Nationale/FN) hatte einen Vertreter ins Glatttal entsandt: Thomas Ungruhe, Leiter der Abteilung Vereine, Umwelt und Breitensport, ließ sich von der Begeisterung der jungen Reiter mitreißen, die den FN-Gesandten Fahnen schwingend empfingen.

Gerlinde Hoffmann, Leiterin Breitensport bei der Föderation für Pferdetourismus, schwärmte von den idealen Bedingungen für eine TREC-EM im Glatttal: „Immer weniger andere Regionen sind geeignet, solche Wettbewerbe auszurichten“, sagte Hoffmann. Die Chancen, beim Orientierungsritt mit dem Smartphone zu schummeln, seien angesichts des schlechten Handyempfangs sehr gering, machte die Vertreterin der Föderation für Pferdetourismus deutlich. „Dafür haben Sie Karte, Kompass und Koordinaten“, stimmte Gerlinde Hoffmann die Teilnehmer auf die Aufgaben unterwegs in der Natur ein.

Für Joachim Lefèvre hat sich mit der erstmaligen Ausrichtung einer TREC-EM ein langgehegter Wunsch erfüllt. Die Familie hat sich bereit seit 25 Jahren dem Wanderreiten verschrieben. „Wir haben schon sehr lange damit geliebäugelt“, erzählte der Organisator der SÜDWEST PRESSE. Zuletzt in Deutschland ausgetragen wurde eine Europa-Meisterschaft im TREC im Jahr 2004. Nach dem rollierenden System, demgemäß die Wettbewerbe im Orientierungsritt alle vier Jahre in verschiedenen europäischen Ländern stattfinden, war die Bundesrepublik mal wieder dran.

Ein Teil der Jugendlichen ist auf einem improvisierten Campingplatz auf dem Hof Brachfeld untergebracht, viele Familien sind zudem in Ferienwohnungen, Privatzimmern und Hotels untergekommen. „Es geht sehr familiär zu“, betonte Lefèvre, der hofft, den TREC-Sport durch die Austragung einer EM hierzulande bekannter zu machen.

Die Teilnehmer der TREC-EM stellten sich nach dem großen Defilee bei der Eröffnungsfeier im Hof des Glatter Wasserschlosses auf. Die jungen Reiter müssen zwei Tage lang ihr Können in mehreren Disziplinen des Wanderreitens im Gelände unter Beweis stellen. BIlder: Cristina Priotto

Die Teilnehmer der TREC-EM stellten sich nach dem großen Defilee bei der Eröffnungsfeier im Hof des Glatter Wasserschlosses auf. Die jungen Reiter müssen zwei Tage lang ihr Können in mehreren Disziplinen des Wanderreitens im Gelände unter Beweis stellen. BIlder: Cristina Priotto

Den meisten Applaus bekam die Équipe aus Spanien.

Den meisten Applaus bekam die Équipe aus Spanien.

Sportart hat sich aus dem Wanderreiten entwickelt

Bei TREC (Téchniques de Randonée Équestre de Compétition) handelt es sich um eine Reitsport-

Disziplin. Diese entwickelte sich 1975 aus der Ausbildung zum Wanderreitführer in Frankreich. Der Wettbewerb besteht aus drei Teilprüfungen, die an zwei aufeinanderfolgenden Tagen

abgehalten werden: „Parcours d’orientation et de régularité“, „Maîtrise des allures“ und „Parcours en terrain varié“. Diese umfassen Techniken des Orientierungsreitens, einen Geländeritt, Trailaufgaben sowie Dressur und Springen.

In Deutschland gibt es derzeit rund 120 aktive TREC-Reiter.

Die Europa-Meisterschaft wird

alle vier Jahre ausgetragen.

Die Féderation Internationale de Tourisme Équestre legt dafür die Richtlinien fest.