Die Stadtverwaltung zahlt das Taxi

Mit dem Behindertenausweis umsonst zum Schloss

Wer einen Schwerbehindertenausweis besitzt, kann sich ab sofort auf Kosten der Stadt hinauffahren und wieder abholen lassen.

19.02.2018

Von Moritz Hagemann

Hinauf zur ersten kostenlosen Fahrt ans Schloss und vorbei am neu angebrachten Schild (im Hintergrund) am „Faulen Eck“. Bild: Metz

Hinauf zur ersten kostenlosen Fahrt ans Schloss und vorbei am neu angebrachten Schild (im Hintergrund) am „Faulen Eck“. Bild: Metz

Nach der Jungfernfahrt am Montag sprach Taxifahrer Andreas Birlinger davon, dass es schon „einen Ochsen braucht“, um eine Person im Rollstuhl die über zehn Prozent steile Burgsteige hinauf zum Schloss Hohentübingen zu schieben. Birlinger und seine Kollegen werden in Zukunft öfter dort zu sehen sein, um den Aufstieg zu erleichtern: Ab sofort bietet die Stadt einen kostenlosen Shuttle-Service für Menschen mit einem Schwerbehindertenausweis (G, aG, BI, H, GI) an. Seit Montagmittag weist ein Schild am „Faulen Eck“ darauf hin, farblich angelehnt an den bisherigen Stil der städtischen Ausschilderung.

5000 Euro sind angesetzt

Wer sich in der Altstadt befindet – auch an der Neckarbrücke oder dem Taxistand in der Wilhelmstraße –, kann unter der Nummer 0 70 71 / 92 05 55 ein Taxi anrufen (Stichwort: „Schloss-Taxi“). Das fährt dann auch wieder zurück. Der Fahrgast muss im Fahrzeug lediglich ein Formular ausfüllen, und die Stadt erhält vom Taxiunternehmen am Monatsende eine Sammelrechnung. 5000 Euro sind zunächst für das Projekt vorgesehen. Sind die aufgebraucht, sagte die städtische Pressesprecherin Sabine Schmincke, werde der Service aber mit großer Wahrscheinlichkeit fortgeführt: „So etwas beendet man dann ja nicht abrupt.“ Im Stadtgebiet liegen dazu auch Flyer aus.

Der selbst im Rollstuhl sitzende Stadtrat Gotthilf Lorch (Die Linke) hatte mit seiner Fraktion den Antrag gestellt und dafür viel Lob erhalten. Er nennt die nun getroffenen Maßnahmen „einen ersten Schritt“. Lorch hatte sich gewünscht, dass auch ältere Menschen ohne Schwerbehindertenausweis umsonst fahren können. „Wir hoffen auf die zweite Charge und wünschen uns, dass es noch weitergeführt wird“, sagte er. Allerdings sei auch bereits die Einführung nun „eine tolle Sache“.

Julia Hartmann, die städtische Beauftragte für barrierefreies Bauen, erklärte: „Wir möchten den öffentlichen Raum für alle erschließen. In der Altstadt ist das eine besondere Herausforderung.“ Rund 35 000 Menschen besuchen jährlich das Museum der Universität (MUT) im Schloss. Die Beteiligten schätzen die Anzahl der Besucher auf dem Schloss selbst auf über 100 000 pro Jahr. Es ist nach wie vor ein Aushängeschild der Stadt.

Lorch erzählte, er habe viele Menschen beobachtet, die auf halbem Weg hinauf wieder umgekehrt sind. „Ich habe viele Beschwerden erhalten“, sagte er. Auch eine Begleitperson darf nun umsonst im Taxi mitfahren. Nur Menschen im Elektro-Rollstuhl profitieren nicht vom neuen Service, weil ihr Gefährt meist nicht in den Taxi-Kofferraum gehievt werden kann.

Museumsleiter ist „begeistert von Initiative“

Sehr zufrieden mit der Zusammenarbeit mit der Stadt zeigte sich Ernst Seidl, Leiter des MUT. Vor Jahren habe er sich im Kulturausschuss des Gemeinderats mal darüber beschwert, seither gehe es mit der Kooperation voran. Nicht zuletzt mit dem Weinfass-Werben von Oberbürgermeister Boris Palmer und nun vor allem durch den Shuttle-Service: „Ich bin begeistert von dieser Initiative“, sagte Seidl.

Die Stadt rechnet in ihrer Vorlage mit 40 Hin- und Rückfahrten im Monat, die Strecke Hauptbahnhof–Schloss ist mit 4,30 Euro kalkuliert. Wie viele Fahrgäste den Service tatsächlich beanspruchen werden, kann niemand wirklich voraussagen. Auch Taxi-Unternehmer Birlinger wagt keine Prognose: „Da müssen wir uns einfach überraschen lassen.“

Barrierefreies Schloss-Museum

Schon seit 2011 ist das Museum Alte Kulturen im Schloss komplett barrierefrei, auch das Schloss selbst ist für Menschen im Rollstuhl zugänglich. Ein Treppenlift und eine Rampe sind vorhanden. „Viele Menschen wissen das gar nicht“, sagte Gotthilf Lorch, Stadtrat der Linken. Deshalb sei es auch von Seiten der Stadt besonders wichtig, darauf hinzuweisen. Das Museum wurde bereits 1997 eröffnet und zeigt 4600 historische Exponate aus sieben Sammlungen der Universität Tübingen. Wer dort studiert, hat im Museum freien Eintritt.

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Erstellt:
19.02.2018, 18:30 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 49sec
zuletzt aktualisiert: 19.02.2018, 18:30 Uhr

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