Empfingen · Ärgernis

Mit den Umleitungen hapert es: Schilder werden ignoriert, Unfall in Preußenstraße

Die Tankstelle an der geschlossenen A81-Auffahrt ist verwaist, viele versuchen sich aber in der Haigerlocher Straße an der Sperrung vorbeizumogeln. Lkw verirrt sich in Preußenstraße und verursacht Unfall.

14.06.2019

Von Frank Wewoda

Auf frischer Tat geknipst: Dieser Fahrer im roten Auto mit Anhänger ist kurz zuvor an der Sperrung der Haigerlocher Straße vorbeigefahren, um zur Shell-Tankstelle, ins dortige Industriegebiet oder auf die Autobahn zu gelangen. Erfolg hat er jedoch nicht gehabt, stattdessen ist er umgekehrt. Durch die Lücke in den Sperrbaken, die dieses Auto gerade nutzt, fährt auch der reguläre Baustellenverkehr.

Ein rundes, mit einem roten Streifen umrandetes weißes Schild – was bedeutet das nur? In der theoretischen Führerscheinprüfung dürfte an einer solchen Frage kaum jemand scheitern. Doch an der Absperrung der Haigerlocher Straße in Empfingen in Richtung Autobahn sieht man am Donnerstagmittag kurz nacheinander drei Autos einfach ungerührt an dem runden Verbotsschild und den rot-weiß gestreiften Sperrbaken vorbeifahren. „Da sind so viele Leute durchgefahren, die juckt das gar nicht“, bestätigt der Empfinger Bauamtsleiter Jochen Seibold, der mit einer Gruppe aus dem Regierungspräsidium am Donnerstagmorgen ebenfalls vor Ort war.

Dabei sei es allerdings nicht um die seit Dienstag bestehenden Sperrungen und Umleitungen wegen der Sanierung der Bundesstraße 463 gegangen. Das kreisrunde Schild mit rotem Rand – „das ist wie eine rote Ampel“, erinnert Jochen Seibold alle, denen dieses Wissen offenbar verloren gegangen ist. Jochen Seibold: „Spricht man die Fahrer an, sagen sie nur, dass sie mal geschwind in den Netto oder Lidl müssten. Die wissen es nicht oder wollen es nicht besser wissen“ – ignorieren die Schilder also wahrscheinlich.

Die Vollsperrung des Empfinger Autobahnzubringers B463 und der Haigerlocher Straße sowie die Umleitungsstrecken (siehe Grafik rechts) war zwar lange angekündigt, hat jedoch viele, auch des Deutschen nicht mächtige Fahrer auf dem völlig falschen Fuß erwischt. Ein Bauarbeiter vor der Shell-Tankstelle berichtet von einem „Totalschaden“, den ein verirrter türkischer Lastwagen vor dem Innovationscampus an einem Mercedes verursacht habe. „Ob der sein Geld je wieder sieht?“, schwant dem Mann vom Bau versicherungsrechtlich Schlimmes. Thomas Kalmbach, Pressesprecher des Polizeipräsidiums Tuttlingen, bestätigt diesen Unfall, den die Polizei am Mittwoch um 14 Uhr aufnahm, In der Einfahrt zum Innovationscampus Empfingen habe ein türkischer Lastwagenfahrer beim Rückwärtsfahren ein hinter ihm „verkehrsbedingt anhaltendes“ Auto beschädigt.

Da der Unfallverursacher keinen festen Wohnsitz in Deutschland habe, sei von der Polizei eine „Sicherheitsleistung über 35 Euro“ einbehalten worden. Dies entspricht dem Bußgeld für einen „Fehler beim Wenden und Rückwärtsfahren“ als Ordnungswidrigkeit. Alles andere betreffe zivilrechtliche Fragen. Zur Höhe des entstandenen Sachschadens kann Thomas Kalmbach daher keine Angaben machen. Es könne sich ja durchaus um einen wirtschaftlichen Totalschaden gehandelt habe bei entsprechendem Alter des Autos. Das sei aber Spekulation, weil dazu nichts aktenkundig wurde bei der Polizei.

Korrekte Beschilderung betont

Der für die Arbeiten, Umleitungen und die Ausschilderung zuständige Bauleiter im Regierungspräsidium Karlsruhe, Luigi Tromba, möchte diesen Unfall nicht überbewertet wissen. An mangelnden Deutschkenntnissen könnten die Irrfahrten wohl liegen, auch daran, dass die Fahrer stur dem Navi folgten, statt auf Schilder zu achten. Die Beschilderung ist aus Trombas Sicht trotzdem unmissverständlich, auch wenn es anfangs noch Mängel gegeben habe und auch am Donnerstag noch hier und da Änderungsbedarf besteht, wie er einräumt. Tromba: „Wir sind daran, die Umleitung zu korrigieren und ein paar kleine Änderungen vorzunehmen.“ Bis auf Kleinigkeiten sei aber alles völlig korrekt

Bei Mühlheim habe ein Schild für die offizielle Umleitungs-Strecke nach Empfingen nicht gestimmt. Am Donnerstagnachmittag ist auch die Beschilderung bei Wiesenstetten für die Umleitungsstrecke „U3“ noch nicht ganz korrekt (siehe Bilder oben).

Trotzdem haben viele Autofahre ihre liebe Müh’ und Not mit den Umleitungen. Auch der Haigerlocher Klaus Blöchle verirrte sich in seinem Auto am Dienstagmorgen auf dem Weg in Richtung Empfingen, wie er am Donnerstag am Rande des Gewerbegebiets „Im Auchtert“ erzählt. Er habe nur ein rundes Schild mit einem nach rechts zeigenden weißen Pfeil gesehen, sei diesem gefolgt und daraufhin im „Empfinger Innovationscampus“ gelandet, einer Sackgasse– dies könnte auch dem türkischen Lastwagenfahrer zum Verhängnis geworden sein. Bekannte aus Böblingen hätten sich wegen der Sperrung der Autobahnausfahrt Empfingen, allein ihrem Navigationsgerät folgend, nach Ergenzingen verirrt.

In der Empfinger Tankstelle an der Robert-Bosch-Straße zeigt sich am Donnerstagmittag ebenfalls, dass Einheimische aus den aumliegenden Landkreisen teils noch nichts von den Umleitungen mitbekommen haben. Eine Autofahrerin aus Trillfingen eilt gerade in den bis auf die Kassiererin leeren Verkaufsraum, fragt: „Ich kann doch in Richtung Singen auf die Autobahn fahren?“ Die Mitarbeiterin lächelt und entgegnet ruhig: „Nein, sie müssen über Mühringen und Renfrizhausen zur Autobahn fahren!“

Dass in der Tankstelle alles „verlassen wie in der Wüste“ ist, bestätigt die Mitarbeiterin an der Kasse: „Da kann ich mal durchwischen“, sagt sie. Die Kassenkraft ist froh, dass nicht ganz geschlossen wird. Der mit im Gebäude untergebrachte Burger King bewirtet vier Wochen lang keine Gäste. „Unser Restaurant ist ab 11.06.2019 für ca. vier Wochen geschlossen“, heißt es dort. So lange dauert die Sanierung an der B463 voraussichtlich.