Freudenstadt · Justiz

Mit abgeschlagener Flasche angegriffen

Ein 25-Jähriger aus dem Landkreis ist vor dem Amtsgericht wegen Bedrohung, versuchter Körperverletzung und Sachbeschädigung angeklagt.

26.11.2020

Von Monika Schwarz

Mit abgeschlagener Flasche angegriffen

Der angeklagte Gambier, der regelmäßig mit der Bahn fährt, soll am 26.Dezember auf dem Loßburger Bahnsteig „provozierend“ und ohne erkennbaren Grund vor einer Mutter und dem neben ihr sitzenden 17-jährigen Sohn auf und ab gegangen sein und diese schließlich unentwegt angestarrt haben. Dieses Verhalten führte, laut Anklageschrift, zu einer verbalen Auseinandersetzung. In deren Verlauf soll der Angeklagte damit gedroht haben, dem 17-Jährigen die Nase zu brechen und die Mutter umzubringen, was er mit einer entsprechenden Handbewegung entlang des Halses bekräftigt haben soll.

Außerdem, so die Anklage, drohte er beiden mit einem großen Stein, den er zuvor aus dem Gleisbett geholt hatte. Mutter und Sohn nahmen die Drohungen ernst. Erst der einfahrende Zug, in den der Angeklagte stieg, beendete die Situation.

Am nächsten Tag geriet der Gambier aus – von beiden Seiten unterschiedlich dargestellten Gründen – im Zug in eine verbale Auseinandersetzung mit einem anderen jungen Mann, die nach dem Ausstieg in Alpirsbach darin mündete, dass der Angeklagte auch ihn mit dem Tod bedroht haben soll. Außerdem habe er ihn mit einer zuvor extra dafür abgeschlagenen Bierflasche angegriffen, so die Tatbeschreibung. Nur das rechtzeitige Zurückweichen habe Schlimmeres verhindert.

Einen Monat später soll der Angeklagte im Zug mit einem Messer auf zwei Kopfstützen eingestochen haben.

Der angeklagte Gambier erschien mit Pflichtverteidiger Peter Würthner, der seinen Mandanten am selben Morgen das erste Mal traf. Aus Stuttgart reiste ein Dolmetscher an, der für den Tatverdächtigen übersetzen sollte. Die Bewährungshelferin, die den Mann wegen einer früheren Verurteilung kennt, hatte schon länger keinen Kontakt zu ihm gehabt.

Der 25-Jährige machte am Verhandlungstag einen eher ruhigen Eindruck. Er meldete sich mehrfach über seinen Dolmetscher zu Wort und bestritt den in der Anklage beschriebenen und von den Zeugen vorgetragenen Sachverhalt. Der Mann sah sich selbst als Opfer.

Übereinstimmend berichteten alle Zeugen davon, dass das Verhalten des Angeklagten zum Zeitpunkt der Taten aggressiv gewesen sei. „Der war einfach auf Stress aus und ich weiß nicht warum“, sagte einer von ihnen über den Vorfall am 27. Dezember. Ein anderer berichtete davon, dass der Angeklagte bereits am Bahnhalt in Freudenstadt sehr nervös und aggressiv gewirkt und dauernd auf den Boden gespuckt habe. Er habe auch permanent vor sich hingemeckert und innerlich sehr aufgebracht gewirkt.

Die ebenfalls als Zeugin geladene Frau, die er in Loßburg bedroht hatte, berichtete von „roten Augen“ und davon, dass der Angeklagte auch ein ganz bestimmtes Wort gesagt habe, mit dem ein Moslem zeige, dass er es sehr ernst meine, was er sage. „Ich weiß nicht, was mit ihm los war.“ Der Mann habe „ganz schlimme Sachen“ gesagt.

Der Gambier bestritt alles, was ihm strafrechtlich zum Nachteil gereichen könnte. Nicht er habe die Mutter und den Sohn bedroht, sondern sie hätten grundlos gesagt, dass er sich entfernen soll. Schlimme Dinge habe er sowieso nicht gesagt und das mit dem Stein stimme auch nicht. Alle Leute, die sich auf dem Bahnsteig aufgehalten hatten, könnten dies bezeugen, sagte der Angeklagte.

Am Folgetag sei auch nicht er derjenige gewesen, der gedroht habe, sondern er sei bedroht worden. Da sei eine ganze Gruppe unterwegs gewesen, die ihn habe schlagen wollen und denen er ausgewichen sei. Die abgeschlagene Flasche in seiner Hand, die von mehreren Zeugen bestätigt wurde, gab es in der Version des Tatverdächtigen nicht. Ebenso wenig die aufgeschlitzten Kopfstützen im Zug.

Aus der Aussage der Bewährungshelferin ging hervor, dass der Mann schon früher auffällig geworden war und sich wegen gefährlicher Körperverletzung, aber auch wegen exhibitionistischer Handlungen, vor Gericht verantworten musste. Auch damals habe er sämtliche Vorwürfe bestritten. Sie sei deshalb überrascht gewesen, dass er verurteilt wurde.

„Mir gegenüber hat er sich eigentlich nie so verhalten“, sagte sie. Schnell angegriffen gefühlt habe er sich aber auch damals schon. „Freundlich, zugewandt und respektvoll“ sei er gewesen, sagte die Bewährungshelferin, „wenn auch unzuverlässig, was Termine und Absprachen anbelangte.“

Auch der als Zeuge geladene Polizist berichtete von höflichem Verhalten des Angeklagten bei der Vernehmung. Die Zeugen hätten den Mann seinerzeit als „hochaggressiv“ beschrieben.

Am 9. Dezember wird ein weiterer Zeuge aussagen. Danach wird das Urteil erwartet.

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Erstellt:
26.11.2020, 18:36 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 09sec
zuletzt aktualisiert: 26.11.2020, 18:36 Uhr

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