Mit riesigen Rätschen und Rispen durch den Ort

Mit lauten „Budda voll“-Rufen führten Wengerter und Hexen den Umzug durch Unterjesingen an

Sonntagnachmittag, kurz vor zwei. Während in der Unteren Straße schon Radau gemacht wird, warten an der Hauptstraße hunderte Fasnetsfreunde gut gelaunt auf die Unterjesinger Wengerter und Hexen, auf die Winzerkapelle und den Fasswagen. Immerhin ist das ein Anblick, in dessen Genuss die Jesinger nur alle elf Jahre kommen.

30.01.2017

Von Fabian Renz

Entsprechend groß war die Freude, als die Narren in Sichtweite kamen. Und die hatten sich einiges einfallen lassen. Die Musiker der Winzerkapelle hatten sich Dutzende aufgeblasene Luftballons auf die Kleidung geklebt. Auf dem Wagen der Wengerter drehte sich eine riesige Rätsche im Kreis, die Narren trugen große Traubenrispen mit sich. Und schrien ihren Ruf: „Budda – voll“.

Alle elf Jahre dürfen die Wengerter in ihrem Heimatort Unterjesingen Lärm machen – dann aber auch richtig. Bild: Faden

Alle elf Jahre dürfen die Wengerter in ihrem Heimatort Unterjesingen Lärm machen – dann aber auch richtig. Bild: Faden

Beim Fasnetsclub Unterjesingen, der 1995 gegründet wurde, dreht sich fast alles um den traditionell mit dem Ort verknüpften Weinbau. Die Rätschen zum Beispiel, von denen auch die Wengerter (schwäbisch für Weingärtner) kleinere Ausgaben kreisen ließen, dienten früher dazu, Vögel von den Weinstöcken zu vertreiben.

Hexen gibt es beim Fasnetsclub allerdings auch. Die schoben gestern einen Wagen mit Feuer vor sich her. Marc Hechler, einer der beiden Hexenmeister, war direkt nach dem Umzug voll des Lobes für das Publikum. „Das war ein super Erlebnis, wir waren alle positiv überrascht, dass so viel los ist.“ Mindestens 2000 Menschen säumten den Straßenrand – wie vor elf Jahren, als der erste und bis gestern letzte Umzugstattfand.

Dass die Unterjesinger nur so selten zu einem Umzug laden, liegt an den hohen Kosten, die eine solche Veranstaltung mit sich bringt. Allein für die Organisation der Verkehrsumleitung wird ein vierstelliger Betrag fällig. Auf der A81, in Herrenberg und in Tübingen, überall mussten Umleitungsschilder aufgestellt oder vorhandene Schilder abgeklebt werden.

Wenn man nur alle elf Jahre durch den eigenen Ort zieht, sei das Gefühl dabei umso schöner, sagte Hechler. Zwar sind die Narren in der Fasnetszeit an jedem Wochenende auf Umzügen dabei – im eigenen Ort sei es aber doch nochmal etwas anderes, so Hechler. „So ein Heimspiel ist immer was Schönes!“ Vor allem, weil man dann viel mehr Gesichter am Straßenrand kenne.

Da macht es sicher auch gleich noch mehr Spaß, die Leute am Straßenrand mit Konfetti einzuseifen, sie herumzutragen und ihre Gesichter mit Stempeln zu verzieren. Und von dieser Narretei gab es gestern mehr als genug. Immerhin kamen insgesamt 45 Gruppen an den Zuschauern vorbei – darunter welche aus Tübingen, Pfäffingen und Wurmlingen, aber auch die Musikkapelle aus Oberau bei Garmisch-Partenkirchen.

„Wir hätten locker 150 Gruppen dabei haben können“, hatte der Vorstand des Fasnetsclub Jörg Stickel vor dem Umzug gesagt. Man habe jedoch eine familiäre Atmosphäre beibehalten wollen. Vielleicht dürfen zum nächsten Umzug ja noch ein paar Zünfte mehr kommen – im Jahr 2028 dann.