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Informative Ablenkungsgefahr

Möglichkeiten und Gefahren des Musikhörens während der Fahrt

Bei laufendem Motor telefonieren, auf dem Mobiltelefon oder dem Navi tippen oder scrollen, bei zugefrorener Scheibe sich auf ein kleines Guckloch beschränken, die Kindersitzschale vergessen haben – Autofahrer kommen in verschiedenste Situationen, in denen sie sich wissentlich oder unbewusst verkehrswidrig verhalten oder zumindest rechtliche Grauzone betreten.

23.03.2016

Von Markus Müller

Nützliche Hilfe zur Orientierung und Verkehrsinformation: das Navi. © industrieblick fotolia.com

Nützliche Hilfe zur Orientierung und Verkehrsinformation: das Navi. © industrieblick fotolia.com

Mehr oder weniger riskante Verhaltensweisen und Aktionen von Pkw-Fahrern neben dem eigentlichen Fahren mögen erlaubt sein, doch nichtsdestotrotz können sie Probleme mit der Versicherung heraufbeschwören oder im schlimmsten Fall schwere Unfälle oder auch langjährige Traumata verursachen. Dazu gehört selbst das Musikhören im Auto, das die Automobilindustrie schon in den Zwanzigerjahren ermöglichte. So geläufig und praktisch es also auch ist, so bringt es besonders in Verbindung mit den neuen Multimedia-Geräten mit Gefahren verbundene Nachteile mit sich.

1. Informativ und unterhaltsam – Vorteile des Musikhörens im Auto

Ob für einen Kurztrip zum Supermarkt, eine längere Route zur oder während der Arbeit oder eine Langstrecke in den Urlaub – das Autoradio und die verschiedenen heutigen Wiedergabemöglichkeiten von Musikdateien nutzen die meisten Autofahrer aus verschiedenen Gründen. Diese können der eigenen Unterhaltung oder dem Bedarf an Informationen dienen und stellen eine nützliche, teils sehr wertvolle Begleiterscheinung während der Fahrt dar.

1.1. Wichtige Nachrichtenquelle

Die multifunktionalen Autoradios und oft integrierten Navigationsgeräte ermöglichen dem Autofahrer zum einen, sich mithilfe akustischer und optischer Meldungen – über einen Radiosender oder das Display des Navis oder Smartphones – über Verkehrsstörungen zu informieren. Das hat die wesentlichen Vorteile, dass er Staus oder Vollsperrungen umfahren, somit gegebenenfalls zur Reduzierung von Störungen beitragen kann sowie Zeit und Kraftstoff bzw. Abgas spart. Darüber hinaus minimieren die Warnungen über hohes Verkehrsaufkommen vor allem bei schlechter Sicht oder glatten Straßen die Gefahr, das zudem nicht selten schwer einsehbare Stauende oder auch eine ungesicherte Unfallstelle zu spät zu erkennen.

Der zweite für die Autofahrer wesentliche Nachrichtenservice betrifft das Wetter. Besonders die regionalen Meldungen über widrige Verhältnisse im Winter oder auch Nebelfelder und Sturmböen können regulierend auf die Fahrweise der Autofahrer wirken und Unfälle vermeiden.

Die dritte Funktion, die der Sicherheit der Verkehrsteilnehmer dient, sind die Warnmeldungen über Falsch- bzw. Geisterfahrer. Die Vorstellung, besonders auf der Autobahn ein entgegenkommendes Fahrzeug ohne Vorwarnung zu entdecken, wirkt besonders erschreckend, wenngleich die tatsächliche Verwicklung in einen Unfall mit einem Geisterfahrer laut adac.de statistisch gesehen recht gering ist. Nichtsdestotrotz gehen im Schnitt 20 Verkehrstote pro Jahr auf deren Konto.

Musik sorgt für Stimmung und vor allem bei den Beifahrern für Kurzweil. © oneinchpunch fotolia.comGroup of girls having fun with the car. Taking selfie hile driving

Musik sorgt für Stimmung und vor allem bei den Beifahrern für Kurzweil. © oneinchpunch fotolia.comGroup of girls having fun with the car. Taking selfie hile driving

1.2. Stimmungsmacher

Das Radio läuft bei den allermeisten Autofahrern fast im Dauerbetrieb, egal zu welcher Tageszeit und zu welchem Fahrzweck. Insgesamt hat eine wissenschaftliche Analyse ergeben, dass besonders melodiöser Mainstream-Pop mit einfachen Melodien, Rhythmen und „klassischem“ Strophen- und Refrainaufbau entspannen, anregen und insgesamt positiv auf das Gemüt wirken kann. Das führt oft dazu, dass Erwachsene und Kinder gleichermaßen in die laufende Musik einstimmen. Und das bringt bekanntlich Freudengefühle hervor.

1.3. Abwechslungsreicher Zeitvertreib

Nachrichten und Musik zu hören oder einem Hörspiel zu lauschen, bringt mit sich, dass besonders längere Fahrten kurzweiliger erscheinen. Dies kommt vor allem dem Beifahrer bzw. den anderen Insassen zugute, die oftmals nur die Gelegenheit haben, die Zeit während der Fahrt schlichtweg „abzusitzen“.

1.4. Musikvielfalt durch die neuen Medien

Seit der Entwicklung von mp3-Dateien und anderen Musikformaten erlauben immer vielfältigere Player, auch während der Fahrt auf eine zuvor völlig unvorstellbare Zahl an Songs, Alben und Hörbüchern zuzugreifen. Zu diesen Medien zählen nicht nur die an Speicherplatz rasant zulegenden Sticks, sondern auch Smartphones und Tablets. Allein für das iPhone und das iPad gibt es diverse Möglichkeiten, um damit während der Fahrt Musik zu hören, wie hier ausführlich erklärt ist:

• Wiedergabe über ein älteres Autoradio mit Kassettendeck

• Abspielen über den AUX-Eingang

• Wiedergabe über Bluetooth

• oder über einen Am- oder FM-Modulator

 

Wem die beachtlichen Speichermöglichkeiten der verschiedenen Datenträger dennoch nicht reichen, dem schaffen Musikstreaming-Dienste Abhilfe. Sie können über eine App geladen werden und ermöglichen Livestream und/oder den mobilen Zugriff auf zig Millionen Songs.

2. Ablenkung garantiert – Zu den Nachteilen des Musikhörens während der Fahrt

Sich so vielfältig während des Autofahrens zu beschäftigen, hat unweigerlich zur Folge, dass die eigentliche Aufgabe, das Steuern des Fahrzeugs unter Beachtung der Straßenverkehrsordnung, darunter leidet. Verkehrsexperten warnen vor einer sogenannten „App-Lenkung“, die besonders von Mobiltelefonen, aber auch der Bedienung von Autoradios oder Navigationsgeräten beim Fahren ausgeht.

Protzige Anlagen wie diese führen leicht zu akustischer Abschottung, die zu schweren Unfällen führen kann. © gam16 fotolia.com

Protzige Anlagen wie diese führen leicht zu akustischer Abschottung, die zu schweren Unfällen führen kann. © gam16 fotolia.com

2.1. Akustische Abschottung

Die Experten von toptarif.de greifen in ihrer Liste über fragliche Verhaltensweisen am Steuer unter anderem die Frage auf, ob Autofahrer überhaupt laut Musik hören dürfen. Wie bei einigen anderen dieser der Allgemeinheit oft unbekannten Rechtslagen ist dies unter Einschränkung erlaubt: Musik im Auto zu hören entspricht so lange den Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung, wie die dabei entstehende Lautstärke es dem Fahrer ermöglicht, die ihm umgebenden Verkehrsgeräusche wahrzunehmen – Hupen, Sirenen und Martinshörner, Bahnübergangssignale usw. Paragraf 23 der StVo besagt, dass der Fahrzeugführer dafür verantwortlich ist, dass Sicht und Gehör nicht beeinträchtigt sind. Im Fall der sogenannten „akustischen Abschottung“ erhebt die Polizei allerdings zehn Euro Verwarnungsgeld. Die Benutzung von Kopfhörern ist zwar erlaubt, jedoch äußerst riskant und kann zu einer Teilschuld oder auch zu fahrlässiger Körperverletzung führen. Es ist daher prinzipiell zumindest von jenen und auch Headsets abzuraten.

2.2. Stimmungsschwankungen

Genauso wie entspannende Musik den Fahrer beruhigen – oder aber ermüden – kann, hat laute, schnelle, virtuose oder aggressive Musik die dementsprechende Wirkung. Sie kann also zu Übermut, Raserei und Drängelei, zu Stress, hohem Puls, sogar einem rauschähnlichen Zustand und zu sinkender Aufmerksamkeit – und somit zur Gefährdung der eigenen Sicherheit und der der anderen Verkehrsteilnehmer – führen. Es muss sich dabei nicht nur um Metal handeln – auch klassische Stücke, Jazz oder House/Techno und anderen Genres können unangemessene Fahrweisen verursachen.

Neben den diversen Belüftungseinstellungen bietet auch das moderne Autoradio zahlreiche Dienste – und gegebenenfalls häufige Ablenkung. © haraldheuser Pixabay.com – (CC0 1.0)

Neben den diversen Belüftungseinstellungen bietet auch das moderne Autoradio zahlreiche Dienste – und gegebenenfalls häufige Ablenkung. © haraldheuser Pixabay.com – (CC0 1.0)

2.3. Ablenkung durch Anteilnahme und Bedienung

Senderwahl oder -suchlauf, Lautstärke- oder Soundeinstellungen, Anwählen oder Aktivieren des jeweiligen Mediums – die Bedienung eines jedweden Audioplayers lenkt vom Führen des Fahrzeugs ab, besonders wenn der Fahrer den Blick von der Straße abwenden muss. Die Nutzung wesentlicher Funktionen des Wiedergabegeräts ist dann erleichtert, wenn sie am Lenkrad einstellbar sind. Dies lenkt immerhin nur noch minimal vom Verkehr ab.

Riskanter gestalten sich Mobiltelefone, sowohl zum Telefonieren und Navigationsgerät als auch als Musikbibliothek. Bereits seit 2001 ist das Bedienen des Mobiltelefons während der Fahrt verboten, wenn das Gerät dabei in der Hand gehalten wird – egal zu welchem Zweck. Die Ablenkung des Fahrzeugführers und die mit nur einem Arm beschränkte Handlungsfähigkeit während des Telefonats sind enorm, die auf die daraus resultierende Unaufmerksamkeit zurückzuführenden Fahrfehler zum Teil gravierend. Das Verbot gilt übrigens, sobald der Motor läuft, also selbst im stehenden Zustand.

Anders verhält sich die Rechtslage, wenn das Mobiltelefon an eine Freisprechanlage angeschlossen ist. Im idealen Fall lassen Autoinhaber diese von einem Fachmann fest installieren. Dann dürfen sie die Tastatur auch während der Fahrt bedienen. Wie bei der Nutzung des Autoradios oder des Navigationsgeräts bleibt auch beim Telefonieren über die Anlage ein Restrisiko, einen Unfall zu verursachen, bestehen.

Zusatzinformationen und -beschäftigungen außerhalb des eigentlichen Autofahrens bedeuten stets Ablenkung, die das Unfallrisiko um ein Vielfaches erhöht. Allein bei einer Geschwindigkeit von etwa 50 km/h heißt allein eine Sekunde Unachtsamkeit, etwa 14 Meter „blind“ zurückgelegt zu haben. Eine riesige Gefahr vor allem für Fußgänger und Radfahrer – und für die Pkw-Insassen selbst, besonders bei höheren Geschwindigkeiten außerhalb geschlossener Ortschaften bzw. auf der Autobahn.

Was speziell das Mitsingen angeht, bleibt es fraglich, ob sich dabei mutter- oder eher fremdsprachige Songtexte negativ auf die Konzentration auswirken: Mögen vertraute Textpassagen besonders zum Mitsingen verleiten, animieren neue hingegen zum genauen Hinhören. In beiden Fällen lenken sie von der Konzentration auf den Verkehr ab.

2.4. Hörschäden

Viele Autofahrer neigen dazu, während der Fahrt die Lautstärke weit aufzudrehen, um entweder die Wirkung der Musik zu intensivieren bzw. – das betrifft vor allem ältere Fahrzeuge und die Fahrt bei hoher Geschwindigkeit – die Fahrgeräusche zu übertönen. Sie schädigen damit das eigene Gehör und das der anderen Insassen.

2.5. Störung Dritter

Laut nach außen dringende Musik wird von vielen Verkehrsteilnehmern, Passanten und Anwohnern als Belästigung empfunden. Zwischen 22 und 6 Uhr können diese laute Autoradiomusik sogar aufgrund von Lärmbelästigung zur Anzeige bringen.

Weitgehender Verzicht auf verschiedene Aktionen parallel zum eigentlichen Autofahren trägt wesentlich zur Reduzierung von Unfällen bei. © pcdazero Pixabay.com – (CC0 1.0)

Weitgehender Verzicht auf verschiedene Aktionen parallel zum eigentlichen Autofahren trägt wesentlich zur Reduzierung von Unfällen bei. © pcdazero Pixabay.com – (CC0 1.0)

3. Fazit

Insgesamt lässt sich feststellen, dass der von der Automobilindustrie ständig ausgebaute Musikgenuss nur bedingt erlaubt ist. Grundsätzlich schreibt §23 der Straßenverkehrsordnung fest, dass Autofahrer sicherstellen müssen, nicht in ihrer optischen oder akustischen Wahrnehmung eingeschränkt zu werden. Zu laute Musik sowie die Bedienung der Wiedergabegeräte beeinträchtigen die Verkehrstauglichkeit und können bei Unfällen zu Mit-, Alleinschuld bzw. schwierigen Rechtsstreitigkeiten führen. Nicht zuletzt bringen insbesondere schwere Personenschäden für einen unachtsamen bzw. abgelenken Verursacher oft zusätzliche psychische Schäden mit sich. Für Berufsfahrer und Fahranfänger gelten im Allgemeinen strengere Richtlinien. Entspannende Musik in mittlerer Lautstärke sowie Servicemaßnahmen der Radiosender tragen allerdings dazu bei, dass vor allem längere Fahrten angenehm und auch sicherer vonstattengehen können.

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Erstellt:
23.03.2016, 11:35 Uhr
Lesedauer: ca. 5min 27sec
zuletzt aktualisiert: 23.03.2016, 11:35 Uhr

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