Much Loved

Much Loved

Drama aus Marokko über drei Freundinnen, die sich in Marrakesch als Prostituierte durchs Leben schlagen.

15.02.2016

Von Klaus-Peter Eichele

Allah hin, Koran her – auch in arabischen Ländern floriert die Prostitution. Nur wird darüber nicht offen gesprochen. Der Film der Marokkaners Nabil Ayouch, der drei junge Huren zu Heldinnen macht, kommt somit einem Tabubruch gleich – zumal er die Frauen weder verdammt, noch zu bedauernswerten Opfern stilisiert, sondern relativ nüchtern ihr Tag- beziehungsweise Nachtwerk schildert. Die unverblümte Sprache, in der Muschi und Schwanz beim Namen genannt werden, tat ein übriges, dass „Much Loved“ von der marokkanischen Regierung mit Aufführungsverbot belegt wurde und es Morddrohungen gegen Regisseur und Darstellerinnen gab. Beim Festival in Tunis gewann er allerdings den Hauptpreis.

Schauplatz der intensiven Milieustudie ist Marrakesch. Jeden Abend brechen die Freundinnen Noha, Soukaina und Randa zu Partys oder in teure Clubs auf, wo reiche Einheimische und vor allem Touristen schon auf Frischfleisch warten. Manche der Freier sind pflegeleicht, vor allem die Saudis („hübsch, nett, kleiner Penis“), anderen geht es weniger um Sex, als um die Erniedrigung von Frauen – wobei sich Araber und Europäer in nichts nachstehen. Ein korrupter Polizist schreckt auch vor einer Vergewaltigung nicht zurück.

Das Trio erträgt die Torturen meistens mit Galgenhumor („Er hat gebrüllt wie ein Esel“), wohl wissend, dass es in der marokkanischen Gesellschaft für junge Frauen, mal abgesehen vom Haustier-Status einer Ehefrau, kaum Überlebens-Alternativen gibt. Noha hält mit dem Verdienst ihre ganze Familie über Wasser, wird von ihr aber trotzdem wie Luft behandelt.

Vor allem aber schweißt die gemeinsame Erfahrung die Frauen aufs Intensivste zusammen und lehrt sie, auch wenn es mitunter Streit gibt, Solidarität. So ist es keine Frage, dass sie eine schwangere Obdachlose, die sich als Straßenhure durchschlägt, in ihre Wohngemeinschaft aufnehmen. Wenn das Quartett dann eng umschlungen daheim eine Liebeschnulze schaut oder zusammen mit anderen Außenseitern eine Party nach eigenen Bedürfnissen schmeißt, blitzt fast so etwas wie Freiheit auf.

Männer kommen, abgesehen vom gutmütigen Fahrer und Vertrauten der Huren, in „Much Loved“ nur als auf den Sexualtrieb reduzierte Tiere vor. Dies und die Demonstration, dass sich Frauen auch ohne männliche Autorität im Leben behaupten können, sind vielleicht die eigentlichen Gründe, dass dem Film in Marokko so viel Hass entgegenschlägt.

Drei junge Huren auf dem schmalen Grat zwischen Freiheit und Erniedrigung.