Manche Bilder gehen nie mehr aus dem Kopf

Nach 25 Jahren gibt Günter Fischer die Führung der Seebronner Feuerwehr ab

Seit 30 Jahren lebt Günter Fischer in Seebronn. Davon war er 25 Jahre lang Feuerwehr-Kommandant. Am morgigen Mittwochabend wird er offiziell verabschiedet.

19.04.2016

Von Andreas Straub

Nach 25 Jahren gibt Günter Fischer die Führung der Seebronner Feuerwehr ab

Eigentlich wollte Günter Fischer schon vor fünf Jahren als Kommandant der Seebronner Feuerwehr-Abteilung aufhören. Doch erst jetzt fand sich ein Nachfolger: Fabian Thomas.

Der 61-jährige Fischer bleibt normales Mitglied der Wehr. „Ich helfe und berate, wenn es nötig ist.“ In seiner Anfangszeit sei es genauso gewesen. Seit 1990 war er Kommandant der derzeit 33-köpfigen Abteilung. Zuvor war er zwei Jahre lang Stellvertreter gewesen.

Schon als 22-Jähriger trat Fischer der Wehr in seinem Heimatort Waldachtal-Salzstetten im Schwarzwald bei, fasziniert von Feuerwehrtechnik, Fahrzeugen und gelebter Kameradschaft. Schon sein Vater war Feuerwehrmann. „Auch meine Brüder sind Feuerwehrleute, genauso mein Onkel.“ Eine Familienfeier, auf der nicht über Feuerwehr gesprochen werde, gebe es nicht.

1986 zog Fischer mit seiner Frau nach Seebronn – und wechselte zur dortigen Feuerwehr. Die beiden haben einen 29-jährigen Sohn und eine 24-jährige Tochter. Günter Fischer lernte Mechaniker bei einer Firma, die heute in Bosch-Rexroth aufgegangen ist, und machte später den Industriemeister. Seit 1984 arbeitet er bei der Firma Pleva in Empfingen, die Richt- und Kontrollgeräte herstellt, in der Entwicklungsabteilung und im Sonderbau. „Drei oder vier Jahr habe ich noch vor mir“, sagt Fischer lachend, mit Blick auf die nahende Rente.

An Hobbys mangelt es ihm nicht. Zu Hause hat er einen Garten, vom Schwiegervater pflegt er eine Streuobstwiese. Auch im Seebronner Wald hat er einige Grundstücke. Das Holz für die heimische Zentralheizung und den Kaminofen sägt und hackt Fischer selbst: „Im Wald habe ich große Freude.“ Er sei gerne in der Natur. Früher habe er auch Fußball gespielt, in Seebronn in der zweiten Mannschaft und bei den Alten Herren. Inzwischen mache das Knie nicht mehr mit.

Fischer spricht besonnen, wirkt ruhig. „Das ist mir bei Einsätzen schon oft zu Gute gekommen.“ Oft spüre er die Aufregung erst hinterher. Wie bei einem seiner ersten Einsätze, einem Scheunenbrand in Heiligenbronn. „Das war ein richtiger Großbrand. Die gesamte Wehr aus Waldachtal war im Einsatz, und die Drehleiter aus Horb musste dazukommen“, erinnert er sich. Und bei einem seiner ersten größeren Einsätze in Seebronn brannte ein Wohnhaus samt Scheune, ausgelöst durch einen Blitzschlag.

Mit Schaudern erinnert sich Fischer an zwei Leichenfunde im Jahr 1992. Eine sei in Richtung Wendelsheim im Wald gelegen, die andere zehn Monate später beim Autobahnzubringer. Eines Sonntagnachmittags musste die Feuerwehr da ein paar Bäume für die Kriminalpolizei freischneiden. „Ich habe nur die Beine gesehen, die unter der Abdeckung herausgeschaut haben.“

Glimpflich sei dagegen ein Einsatz bei der Firma Stotz in Hailfingen im vergangenen Jahr ausgegangen. Dort, das wusste Fischer von einer Betriebsbesichtigung, lagerten Farben und Chemikalien. Der Brand erstreckte sich jedoch hauptsächlich auf den Lüftungsschacht. Von fast Mitternacht bis fünf Uhr morgens waren die Feuerwehrleute im Einsatz. „Danach ging es ganz normal in den Betrieb.“ Doch um 17 Uhr kam schon der nächste Alarm, wieder bei Stotz: Kabelbrand, jedoch in einer anderen Ecke des Betriebes, ein ungewöhnlicher Zufall. „Nach so einem Tag weiß man, was man gemacht hat.“

Zu Verkehrsunfällen werden die Seebronner selten gerufen. Solche Einsätze übernehmen zumeist die Abteilungen Stadtmitte und Ergenzingen. Vor zwei Jahren sei die Seebronner Truppe nach Hailfingen gerufen worden, wo sich ein Sportwagen überschlagen hatte. Ein Mensch, der im Auto gesessen hatte, wurde schwer verletzt ins Krankenhaus gebracht, der andere konnte nur noch tot geborgen werden.

„Solche Bilder kriegt man nie ganz aus dem Kopf. Das sind Belastungen für die Mannschaft.“ Durch Gespräche habe er versucht herauszufinden, ob einer der Kameraden größere Schwierigkeiten habe. Zusammen im Feuerwehrhaus zu sitzen und darüber zu sprechen, helfe beim Verarbeiten. Ihn selbst habe das Ereignis noch Tage und Wochen beschäftigt.

Wenn er an die Feuerwehr denke, blieben jedoch vor allem viele gesellige und schöne Stunden mit den Kameraden. Besonders fasziniert haben Fischer Ausflüge zu anderen, großen Feuerwehren. So ging es beispielsweise schon ins österreichische Sankt Georgen, nach Wien und nach Paris.

Sonntags fährt Fischer seit Kurzem wieder Motorrad. Von seinem Bruder hat er eine 900er Triumph übernommen. Die ist zwar schon 20 Jahre alt, hat aber 100 PS. Mal alleine, mal in der Gruppe fährt er gerne auf die Alb oder durch den Schwarzwald, seine alte Heimat. Dafür soll jetzt mehr Zeit sein.