Hopfau · Fernsehen

Nach 414 Sendungen ist Schluss

Der WDR beendet die Kooperation mit den Hopfauer TV-Köchen Martina Meuth und Bernd Neuner-Duttenhofer. Wiederholungen werden bis Ende 2022 ausgestrahlt. Das dienstälteste Küchen-Paar im deutschsprachigen Raum bleibt präsent.

22.10.2021

Von Cristina Priotto

Selbst Prominente standen in Hopfau in der Küche des Apfelguts – so bei einer Küchenparty im Juli 2019 etwa Schauspieler Uwe Ochsenknecht (Zweiter von rechts) sowie die Moderatorinnen Christine Westermann (links) und Marwa Eldessouky (Mitte). Archivbild: Cristina Priotto

Selbst Prominente standen in Hopfau in der Küche des Apfelguts – so bei einer Küchenparty im Juli 2019 etwa Schauspieler Uwe Ochsenknecht (Zweiter von rechts) sowie die Moderatorinnen Christine Westermann (links) und Marwa Eldessouky (Mitte). Archivbild: Cristina Priotto

Nicht einmal die „Lindenstraße“ oder der „Tatort“, Deutschlands Kult-Fernsehserien, können es mit der „Servicezeit Essen & Trinken“ beziehungsweise „Kochen mit Martina und Moritz“ im WDR-Fernsehen aufnehmen: Die erste Folge mit Bernd Neuner-Duttenhofer und Martina Meuth aus Hopfau wurde 1988 ausgestrahlt, seither folgten 413 weitere. „Es gibt im deutschen Fernsehen keine andere Sendung, die solange mit denselben Protagonisten ausgestrahlt wurde“, sagt Meuth stolz. Wurde? Ja, denn mit der Kochsendung von Bernd Neuner-Duttenhofer und Martina Meuth in Kürze für immer Schluss sein.

„Der Sender hat bereits vor der Corona-Pandemie angekündigt, dass irgendwann auch mal ein Ende sein müsse“, bedauert die 72-Jährige das ungewollte Aus. Im Sommer erfuhr das Paar dann, dass die Produktion neuer Sendungen Ende des Jahres aus Kostengründen eingestellt wird. Diese Woche wurden die beiden letzten Folgen aufgezeichnet – ein Beitrag über Saucen für den 13. November und das Weihnachts-Menü für 18. Dezember. Eine Überraschungssendung mit Promis, über die die Hauptakteure noch wenig wissen, wird am 16. November gefilmt. Fans der Fernsehköche wird das Aus womöglich gar nicht so schnell bewusst, denn der WDR wird den Sendeplatz noch ein ganzes Jahr lang erhalten, allerdings werden samstags um 17.45 Uhr bis Ende 2022 nur Wiederholungen ausgestrahlt.

Während Bernd „Moritz“ Neuner-Duttenhofer die Leidenschaft fürs Kochen bereits als Kind auf dem Apfelgut in Hopfau entdeckte, 1975 bei der Zeitschrift „Meine Familie und Ich“ 1975 die Leitung des Kochressorts übernahm und 1981 stellvertretender Chefredakteur des Magazins wurde, legte niemand die Liebe zu bodenständiger, aber raffinierter Küche Meuth in die Wiege. Die einstige Leiterin des Kochressorts bei der Zeitschrift „Freundin“ und Neuner-Duttenhofer heirateten jeweils in zweiter Ehe 1983, jeder behielt aber den alten Namen.

Zwei Jahre später machte das Paar sich selbstständig, lebt und arbeitet seither auf dem Duttenhofer’schen Apfelgut in Hopfau und verwendet viele Produkte aus eigenem Anbau aus dem 1500 Quadratmeter großen Garten. Kurioserweise absolvierten die als „Fernsehköche“ Titulierten gar keine Koch-Ausbildung, eigneten sich aber als Journalisten und auf weltweiten Reisen ein umfangreiches Wissen über kulinarische Themen und das Kochen an.

Zum ersten Mal auf den TV-Bildschirmen der Nation zu sehen waren die Hopfauer am 1. Januar 1988 im ARD-Fernsehen, damals noch unter dem Namen „Ratgeber: Essen und Trinken“. Nach drei Jahren wanderte die Sendung als „Servicezeit Essen und Trinken“ zum WDR ab, der Meuth von Reihe „WDR Gasthaus“ kannte. „Wir haben von Anfang an vorgeschlagen, es zu zweit zu machen
– und das Konzept gefiel“, erinnert sich Martina Meuth. Die Dialoge mit Frotzeleien zwischen der 72-Jährigen und dem 77-jährigen Ehemann beim Schnippeln und Brutzeln sind legendär und machen einen Teil des Erfolgs der Sendung aus. Im Lauf von 34 Jahren kamen 414 Sendungen mit über 5000 Rezepten zusammen
– „und wir haben kein Rezept wiederholt“, betont die Wahl-Hopfauerin. Das 30-jährige Bestehen der Sendung feierten Neuner-Duttenhofer und Meuth 2018 mit Promis wie Denis Scheck, Yvonne Willicks oder Dietmar Bär.

Im Rückblick auf Jahrzehnte des Kochens vor laufenden Kameras stellt Martina Meuth fest: „Wir haben einer ganzen Generation das Kochen beigebracht“. Nachgewiesenermaßen seien die Fernsehzuschauer im Lauf der Zeit jünger geworden. Bei den Kochkursen, zu denen das Paar jährlich über 300 Lernwillige ins Glatttal lockt, erzählten Teilnehmer gelegentlich, die Sendung bereits als Kind auf dem Schoß der Oma verfolgt und als Erwachsene selbst Fans von „Kochen mit Martina und Moritz“ geworden zu sein.

Schnörkelloser Hochgenuss

Ein Geheimrezept, das die Zusammenarbeit als Paar zu Deutschlands erfolgreichsten Fernsehköchen gemacht hat, gibt es nicht. Das Ziel bei den Rezepten – mittlerweile beläuft sich die Sammlung auf über 50000 – ist aber, dass diese schnörkellos und leicht nachzukochen sind, aber dennoch kulinarischen Hochgenuss bieten. Exotische Speisen, besonders aus dem asiatischen Raum, kommen in Hopfau ebenfalls auf die Teller, und Reste werden zu Brühe.

Jahrzehnte lang wurden die Sendungen in der Küche im Untergeschoss des Apfelguts aufgezeichnet. Seit dem Umbau des Farrenstalls 2008 wurde dort gedreht. Treue Zuschauer lassen sich auch vom zu den jeweiligen Gerichten passenden Ohr- und Halsschmuck Meuths überraschen. Letzteren fertigt eine Glaskünstlerin von der Ostsee.

Mit der wöchentlichen TV-Präsenz mit zuletzt gut einer Viertelmillion Zuschauern auch in der Schweiz, Österreich, Holland und Belgien und hunderten Kochschülern im Jahr verhalfen Martina und „Moritz“ Hopfau zu großer Bekanntheit und sorgten für touristischen Umsatz im Glatttal. Darüber hinaus veröffentlichten die Journalisten bislang 85 Kochbücher, darunter die 15-bändige Reihe „Kulinarische Landschaften“.

In 34 Jahren Fernsehküche wurden die Missgeschicke zunehmend seltener. „Wir sind es geübt, dass jemand uns beim Kochen zuschaut“, erklärt Meuth. Beim ersten Drehtag 1988 musste die Kamera-Crew im Dobeltal 60 Zentimeter Schnee schippen. Die erste Weihnachtsgans gelang zwar, doch wegen einer falsch eingestellten Blende wirkte das perfekt zubereitete Mahl für die Fernsehzuschauer wie verbrannt. Bei einer Tarte-Tatin-Variante verwechselten die Profis zum Karamellisieren Salz mit Zucker – der Kuchen konnte, anders als sämtliche anderen Gerichte, nicht mit dem TV-Team verzehrt werden.

Apropos Team: Mit Produzent und Regisseur Arno Imhoff arbeiteten die Köche von 1994 bis 2013, seither ist Imhoffs Tochter Sara regelmäßig auf dem Apfelgut. „Wir sind zu einer richtigen Familie zusammengewachsen“, beschreibt Meuth die Kooperation.

Im Lauf der Zeit haben die Mitglieder des „Food Editors Club“ und von „Slow Food“ fast soviele Preise Medaillen eingeheimst wie Starkoch Eckart Witzigmann.

Wer sich knapp dreieinhalb Jahrzehnte beim Kochen von einem Kamera-Team hat über die Schultern schauen lassen, kann doch wohl unmöglich einfach aufhören? Martina Meuth bestätigt: „Selbstverständlich legen wir nicht die Hände in den Schoß. Wir fühlen uns zu jung, um aufzuhören und haben noch viele Ideen“. Derzeit laufen Überlegungen, wie die Köche die Bildschirmpräsenz auf andere Weise fortsetzen könnten. Vielleicht erstmal nur auf Youtube, doch dürfte es durchaus andere Fernsehsender geben, die die Promi-Köche unter Vertrag nehmen – schließlich wurden die Sendungen auch bisher schon gerne von SWR oder MDR wiederholt. Das Aus beim WDR bedeutet zwar einen herben Schlag, doch Martina Meuth verspricht: „Wir werden weiterhin zu sehen sein“.

Viele Preise erhielten Martina Meuth und Bernd Neuner-Duttenhofer, so 2018 den ersten „Special Award Lifetime“ der „Gastronomischen Akademie Deutschlands“ sowie ungezählte Medaillen für etliche der 85 Kochbücher. Mit der „Goldenen Schlemmerente“ wurde das Paar 2011 von der „Aktionsgemeinschaft Schlemmer-Markt Rhein-Maas“ und dem Zeitungsverlag Aachen ausgezeichnet. Archivbild: privat

Viele Preise erhielten Martina Meuth und Bernd Neuner-Duttenhofer, so 2018 den ersten „Special Award Lifetime“ der „Gastronomischen Akademie Deutschlands“ sowie ungezählte Medaillen für etliche der 85 Kochbücher. Mit der „Goldenen Schlemmerente“ wurde das Paar 2011 von der „Aktionsgemeinschaft Schlemmer-Markt Rhein-Maas“ und dem Zeitungsverlag Aachen ausgezeichnet. Archivbild: privat

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Erstellt:
22.10.2021, 21:30 Uhr
Lesedauer: ca. 4min 07sec
zuletzt aktualisiert: 22.10.2021, 21:30 Uhr

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