1250-Jahr-Feier

Nach 56 Jahren wieder im Einsatz

Einen ganz besonderen Schatz hat „Heimat und Brauchtum“ Eutingen für den Umzug am Sonntag ausgegraben: Rosalie Fischer wird in einer original Kindertracht mitlaufen.

23.06.2018

Von Alexandra Feinler

Beim Kinderfest 1962 präsentierten die Eutingen Mädchen und Jungs ihre Trachten. Eine davon wird am Sonntag wieder getragen. Bilder: Norbert Teufel

Beim Kinderfest 1962 präsentierten die Eutingen Mädchen und Jungs ihre Trachten. Eine davon wird am Sonntag wieder getragen. Bilder: Norbert Teufel

Diese wurde zuletzt beim Kinderfest 1962 getragen. Fotos davon hat Nobert Teufel noch in seinem Archiv. Mit großer Begeisterung hat er auch diese an Heimat und Brauchtum Eutingen weitergeleitet. Marlies Maier, Bernd Wallkamm, Norbert Teufel, Dieter Wettach und Rosemarie Platz sind auf den schwarz-weiß Fotos zu erkennen.

Besonders ist an der Tracht, dass sie noch gut erhalten scheint. Denn viele Trachten wurden früher täglich getragen. Sondergrößen oder Sonntagstrachten hat Heimat und Brauchtum einige, doch auch an ihnen nagt der Zahn der Zeit. „Mit den Jahren verbricht einfach das Material“, weiß die Trachtengruppe. Andere Trachten können von den heutigen Trachtenträgern nicht getragen werden, da die Menschen früher kleiner und sehr schmal gewesen seien. So werden die Trachten zum Erhalt der Geschichte aufbewahrt.

Unterschiede von Gebiet zu Gebiet

Umso größer ist die Freude, wenn eine Original-Tracht zum Einsatz kommt, wie am kommenden Sonntag. Weitere Mitglieder von Heimat und Brauchtum werden die Eutinger Trachten, einige davon wurden aufwendig nachgeschneidert, präsentieren. Von den Ansagern erfahren die Gäste mehr zur Geschichte der katholischen Gäu-Tracht, die nicht nur in Eutingen, sondern in der Region getragen wurde.

Meist unterscheiden sich die Trachten von Gebiet zu Gebiet. Die „katholischen Gäu-Tracht“ kommt im ehemaligen vorderösterreichischen Gebiet zwischen Rottenburg und Horb vor, so die Aufzeichnungen. In Eutingen habe es eine große Ortsgruppe des „Vereins zur Erhaltung der Volkstrachten in Schwaben“ gegeben, weshalb die Trachtenkultur teilweise erhalten blieb. Die Bauschkittel-Tracht, mit dem gleichnamigen Bauschkittel, dem Spenzer und Mutzen stammt aus der Mitte des 19. Jahrhunderts und enthält Biedermeier-Elemente in der bäuerlichen Kleidung. In Eutingen gab es noch die barocken Schnürmieder, sozusagen die Vorläufer. „Bäuerliche Trachten waren Spiegelbilder der Mode von Adel und Bürgertum, nur dass es Jahre brauchte, bis sie auf dem Land heimisch wurden und dann dauerte es Jahre, bis man sich von dieser Mode verabschiedete“, heißt es in der Geschichte. Zur Hochzeit wurden die Frischvermählten mit Kleidung ausgestattet und schafften, je nach Geld, nach und nach weitere Trachten an. Im Todesfall wurden die Trachten vererbt.

In Eutingen lebte von 1826 bis 1831 Pfarrer Josef Ignaz Maier, der die damalige Mode wie die Sonntagstracht in Eutingen aufgeschrieben habe: „Unter das blaue Schnürmieder gehört ein Leibchen, dazu die Hippe, ein faltenreicher Rock aus Wifling (Kette - Leinen, Schuss – Wolle), Blaue Seidenschürze und die Zughaube mit dem bunten Boden. Die ledigen Mädchen hatten im 19. Jahrhundert eine eigenständige Tracht. Ein Seidenmieder, das ebenfalls weit ausgeschnitten war, ohne Abnäher, die nötige Oberweite wurde durch eingefügte Spickel erreicht. Wie in der ersten Hälfte des Jahrhunderts üblich, war der Ausschnitt mit einem in Fältchen gelegten Seidenband eingefasst.“ Später wurde das Seidenband durch eine rote Schleife ersetzt.

Arbeitstracht mit Kopftuch

Die Werktags-Tracht, die unter der Woche getragen wurde, sah etwas anders aus. Oft war ein unterer Rock, wie der blau-schwarz karierte Halb-Rock aus Wolltuch, mit einem weißen Leinenhemd mit halblangem glattem Arm kombiniert worden. Das „schwarze Peterle“ aus Baumwolle und eine Zeugleschürze gehörten dazu. In der Chronik heißt es: Verheiratete Frauen in Europa gingen früher auch nicht ohne Kopfbedeckung aus dem Haus – so gehörte zur Werktags- und Arbeitstracht ein Kopftuch, zur Sonn- und Feiertagstracht die entsprechende Haube. Die Männertracht war im 19. Jahrhundert in Württemberg fast gleich: Die gelbe oder schwarze Lederhose, je nach Vermögen Hirsch, Bock oder Kalb, das rote Brusttuch, das blaue Wammes. Dazu kam bei der Heirat der blaue Kirchenrock. Der Dreispitz, der Hut, wurde nach 1830 nicht mehr neu angeschafft. Wer jedoch noch einen zuhause hatte, trug diesen, ansonsten wurde ein schwarzer Hut aufgesetzt.

Einige dieser Trachten werden am morgigen Sonntag ab 14 Uhr beim Festumzug zu sehen sein.

Marlies Maier (von links), Bernd Wallkamm, Norbert Teufel, Dieter Wettach und Rosemarie Platz zeigen stolz ihre Trachten.

Marlies Maier (von links), Bernd Wallkamm, Norbert Teufel, Dieter Wettach und Rosemarie Platz zeigen stolz ihre Trachten.

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Erstellt:
23.06.2018, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 56sec
zuletzt aktualisiert: 23.06.2018, 01:00 Uhr

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