Analyse

„Ja“-Mehrheit in allen Wahlbezirken

Das frühere Stadt-Land-Gefälle ist eingeebnet: Die Gewerbegebiets-Gegner haben flächendeckend gewonnen.

21.10.2018

Von Michael Hahn

Bild: Hahn

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Bei den Wahlen der vergangenen Jahre gab es eine unumstößliche Faustregel: Die 17 Stadtteile wählen insgesamt deutlich „schwärzer“ als die „grün angehauchte“ Kernstadt. Dieses Gefälle wurde gestern eingeebnet: Kernstadt und Stadtteile haben fast genau gleich abgestimmt: 70 Prozent „Ja“, 30 Prozent „Nein“.

Auch die Wahlbeteiligung war halbwegs ausgewogen, auch wenn sich hier genaue absolute Angaben nicht machen lassen. Denn die Briefwahlstimmen (auch die aus den Stadtteilen) werden zentral ausgezählt. Insgesamt wurde etwa ein Viertel aller Stimmen per Brief abgegeben.

Den größten Ausreißer bildete erwartungsgemäß Kiebingen. Nur hier ging die Mehrheit der Stimmberechtigten zur Wahl (mit Briefwählern vermutlich weit mehr als 60 Prozent), und diese Mehrheit stimmte zu 95 Prozent mit „Ja“.

Den Gegenpol bildete – ebenso erwartungsgemäß – Ergenzingen. Hier war die Wahlbeteiligung relativ niedrig, und die „Ja“-Mehrheit war nur relativ knapp (55 zu 45 Prozent). Viele Ergenzinger/innen klagen darüber, dass ihre Gemarkung in den vergangenen Jahren besonders viel Grünfläche für Gewerbe opfern musste. Jetzt sei eben auch mal die Kernstadt dran, war in Ergenzingen oft zu hören. Sonst blieb nur noch Frommenhausen unter der 60-Prozent-Schwelle.

Auffällig sind die hohe Beteiligung und die hohen „Ja“-Anteile im Oberen Neckartal. In Bad Niedernau, Obernau und Bieringen hat das Aktionsbündnis satte Mehrheiten eingefahren. Das könnte daran liegen, dass diese Ortschaften wegen ihrer eingeengten Tallage nicht befürchten müssen, dass sie nun selbst neue Gewerbeflächen anbieten müssten – sozusagen als Alternative zum „Herdweg“.

Auch Dettingen und Weiler, beide nicht weit von Kiebingen entfernt, stimmten überdurchschnittlich stark gegen den Standort „Herdweg“. Selbst Wurmlingen, das bei der Frage „Straßenbau“ (neue B 28) jahrelang mit Kiebingen über Kreuz lag, hat sich diesmal mit dem Nachbardorf auf der anderen Neckarseite solidarisiert. In Wurmlingen schneiden allerdings auch die Grünen traditionell besonders gut ab.

Und die Kernstadt? Auch hier waren die Mehrheiten erstaunlich gleichmäßig verteilt – viel gleichmäßiger jedenfalls als bei Partei-Wahlen. Die Gewerbegebiets-Gegner verfehlten nur in drei (von insgesamt dreizehn) Kernstadt-Bezirken die Zweidrittel-Mehrheit.

Wenn man die Ergebnisse mit denen der Bundestagswahl 2017 vergleicht fällt auf, dass es keinen direkten Zusammenhang zwischen Bürgerentscheid und Partei-Präferenzen gibt. In manchen damaligen CDU-Hochburgen gab es diesmal relativ viele „Nein“-Stimmen (Beispiel: Carl-Joseph-Leiprecht-Schule, der diesmal auch noch ein Teil des Bezirks Festhalle zugeschlagen wurde). In anderen zur CDU neigenden Bezirken (Beispiel: Berufsschule) schnitt aber das Aktionsbündnis besonders gut ab.

Umgekehrt gilt das Gleiche: Auch die Grünen-Hochburgen in der Kernstadt haben diesmal nicht unbedingt stärker mit „Ja“ gestimmt als die Bezirke, in denen die Grünen schwach sind.

Die höchste Wahlbeteiligung (außer in Kiebingen) gab es in der Hohenbergschule: 43 Prozent. Hier gab es zugleich deutlich mehr „Nein“-Stimmen als im Durchschnitt. Je höher die Beteiligung, desto mehr „Nein“? Das könnte ein Indiz dafür sein, dass es den Befürwortern nicht gelungen ist, ihre Seite zur Wahlteilnahme zu mobilisieren.

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Erstellt:
21.10.2018, 20:32 Uhr
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zuletzt aktualisiert: 21.10.2018, 20:32 Uhr

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