Kommentar

Nachts um halbdrei in der won_derBAR!

30.11.2015

Von Peter Ertle

Ach, nun naht sie also wieder, die chocolART. So schreibt sich das ja offiziell. Damit jeder merkt, dass dieser Satzteil Kunst meint und dass die Kunst bei der Schokolade groß geschrieben wird.

Seltsamerweise wird sie bei der ArTÜthek nicht groß geschrieben, hier scheint wichtiger, dass es sich um Tübinger Künstler handelt. Dabei ist das ja auch eine Onlineplattform. Wieso hat man das eigentlich nicht gleich mittels eines @ oder eines Unterstrichs signalisiert? Oder eines Hashtags? Oder mittels eckiger Klammern wie im Namen der Literaturzeitschrift ]trash[pool? ArTÜth@k. ArTÜ_thek. ArTÜ#hek. Ar]TÜ[thek. Die Zimmertheaterreihen, wiewohl ohne Netzpräsenz, heißen wohn_zimmer, sprech_zimmer, und so weiter. Vermutlich wollte man damit einfach zeigen, dass man nicht verschnarcht ist. Einfach zusammen schreiben ging ja nicht. Kein Markenzeichen, kein Alleinstellungsmerkmal. Viel zu langweilig.

Auch der Bindestrich ist so was von out. Lieber greift man zu Binnenkapitälchen wie sie sich bei den MadisonBelles finden. Oder beim BachChor. Die Mitglieder des BachChors sind dann wahrscheinlich die BachChorIsten, das große I zeigt an, dass der Chor auch weibliche Mitglieder hat.

Gern werden auch ganz neue Gebilde kreiert: „Sparkassen Carré“. Hier stimmt gar nichts. Eigentlich heißt es ja Carrée, mit zwei e. Und auseinander geschrieben ist es Quatsch. Aber wir haben es mittlerweile eben mit lauter eigenwilligen Sprachkünstlern zu tun.

Die „junge sinfonie reutlingen“ will sich durchgehend klein geschrieben haben, vermutlich steht es für das Antihierarchische. Die christliche Buchhandlung ALPHA hingegen besteht auf Grußbuchstaben. Das ist verständlich. Es geht ja um den HERRN.

Würde ich heute eine Bar eröffnen, sie müsste wON_derBar! Heißen. Das ON wäre durch die Großschreibung herausgehoben, als schöner Gegensatz zu einem ja auch denkbaren OFF. Den Zaunpfahl eines Binnenkapitälchens B bräuchte es, damit die Leute merken, dass bar nicht nur ein Satzteil ist, sondern auch die Bar meint. Der Unterstrich zeigt, dass es WLAN-Anschluss gibt. Das Ausrufezeichen wie beim Ract!festival. Oder dem Regenerate!-Festival neulich im Sudhaus – das macht unglaublich viel Wind. Da ist die Fusion aus dem deutschen Wort wunderbar und dem englischen Wort wonderful schon fast wieder altbacken. Und würde alleine lange nicht hinreichen.

Obwohl. Mir persönlich würde eine Wonderbar völlig reichen. Meine Bar würde vielleicht sogar einfach nur Bar heißen. Oder B.A.R. – so viel konkrete Spielerei würde ich mir erlauben. Oder Müllerthomas. Müllerthomas fände ich lustig.

„Sehen wir uns heute Abend im Müllerthomas?“

„Na klar!“