Giftliste

Nicht einfach nur abnicken

Der Kreistag verabschiedete eine Resolution an die Landesregierung und machte Einsparpläne bei den Tageseltern publik.

19.11.2016

Von Christiane Hoyer

Kaum hatten sich Kommunalverbände und Landesregierung nach zähen Verhandlungen vor zwei Wochen auf eine Summe von 200 Millionen Euro geeinigt, die Kommunen und Landkreise aus dem kommunalen Finanzausgleich abzwacken müssen, wurden neue Einsparpläne bekannt, die auch den Landkreis betreffen. In der jüngsten Sitzung des Kreistags machte Emanuel Peter (Linke) öffentlich, dass das Land im kommenden Jahr die finanziellen Mittel für die Qualifizierung von Tageseltern um 25 Prozent kürzen will.

Davon ist auch der Tageselternverein Tübingen betroffen – zumindest indirekt. Sollte die Landesregierung ihre Sparpläne realisieren, müsste der Landkreis Mehrkosten von rund 23 000 Euro im Etat 2017 für die Qualifizierung der Tagesmütter und -väter veranschlagen, erklärte Sprecherin Martina Guizetti auf TAGBLATT-Nachfrage. Laut Kooperationsvertrag mit dem Tageselternverein erhält dieser unabhängig von den Landeszuschüssen die Kosten für Aus-und Fortbildung der Tageseltern. Die Nachfrage „ist kreisweit stark angestiegen“, erklärt Andrea Keinath vom Tageselternverein. Alle Gemeinden sähen vor allem in der Betreuung von Kindern unter drei Jahren durch geschulte Tagesmütter eine gute Alternative zu Kindertagesstätten. Man habe diese Woche vor allem den Landesverband bei seiner Aktion in Stuttgart unterstützt: Der schickte saubere Windeln an die Fraktionsvorsitzenden der Regierungsparteien im Landtag – mit der Forderung, die Kindertagespflege in trockene Tücher zu bringen.

Gehören die Sparpläne in der Kindertagespflege auch zu jener „Giftliste“, die die grün-schwarze Koalition unter der Hand verdealt hat? Der Kreistag verabschiedete am Mittwoch auf Antrag der Linken eine Resolution, die selbst bei den Freien Wählern Zustimmung fand. Darin fordern die Kreisräte von der Koalition unter anderem die Veröffentlichung aller Nebenabsprachen, die für den Haushalt relevant sind. Sie wollen auch, dass die Landesregierung die Verwendung ihrer Steuereinnahmen offenlegt und künftig kooperativ mit Landkreis-, Städte- und Gemeindetag zusammenarbeitet.

Die Freien Wähler, so Thomas Hölsch, „sind bei dem Thema völlig unbefangen, da sie noch nie in der Regierungsverantwortung waren“. Der ausgehandelte Kompromiss sei „grottenschlecht“. Die Resolution lege den Finger in die Wunde und mache deutlich, dass man vor Ort „nicht alles nur abnickt“. Auch Gerd Weimer (SPD) konnte dem Papier Positives abgewinnen. Tübingens Alt-OB Eugen Schmid habe zwar immer gesagt: „Resolutionen haben die Sprengkraft einer Platzpatrone“. Doch die Nebenabsprachen der Koalition „untergraben das Vertrauen in die Politik“, die Landesregierung sei „kommunalfeindlich“, so Weimer.

Als „nicht seriös formuliertes Papier“ kritisierte Dietmar Schöning (FDP) die Vorlage der Linken. Emanuel Peter sprach in seinem Eingangsstatement die Rolle von Kommunen und Landkreisen als „Basis der Demokratie“ an und bedankte sich ausdrücklich bei Landrat Joachim Walter für seinen „hartnäckigen Widerstand“ in seiner Eigenschaft als Landkreistagspräsident .

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Erstellt:
19.11.2016, 01:00 Uhr
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zuletzt aktualisiert: 19.11.2016, 01:00 Uhr

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