Handball-WM

Nicht einmal Trainingsniveau

Zwei Mannschaften mit der zweiten Garde: Die Deutschen werfen gegen stark überforderte Chilenen ein klares 35:14 heraus.

16.01.2017

Von SEBASTIAN SCHMID

Die Chilenen mussten schon alle Kräfte mobilisieren, um die deutschen Handballer um Topwerfer Jannik Kohlbacher zu stoppen. Trotzdem war der Kantersieg des Europameisters nicht zu verhindern. Foto: Eibner

Die Chilenen mussten schon alle Kräfte mobilisieren, um die deutschen Handballer um Topwerfer Jannik Kohlbacher zu stoppen. Trotzdem war der Kantersieg des Europameisters nicht zu verhindern. Foto: Eibner

Rouen. Wir haben mit südamerikanischen Mannschaften nicht so gute Erfahrungen“, hatte Dagur Sigurdsson vor dem Duell der deutschen Handballer mit Außenseiter Chile gewarnt, damit vor allem die 30:33-Vorrunden-Niederlage bei den Olympischen Spielen 2016 gegen Gastgeber Brasilien gemeint. Dass die Südamerikaner im Vergleich mit Europa aufgeholt haben, mussten bei der WM in Frankreich bereits die Polen erfahren, die Brasilien mit 24:28 unterlagen.

Dass auch Chiles Ballwerfer sich im Aufschwung befinden, zeigte der 32:28-Auftaktsieg gegen Weißrussland, der erste Erfolg bei einer WM überhaupt. Zum Niveau von Deutschland sind es für das Team des aus Spanien stammenden Trainers Mateo Gerralda aber noch Welten, wie der überdeutliche 35:14 (17:6)-Sieg gestern zeigte.

Die Partie gegen Chile als Trainingseinheit zu bezeichnen, würde den deutschen Spielern nicht gerecht werden. In ihren Übungseinheiten bekommen es die DHB-Akteure mit deutlich mehr Gegenwehr durch die eigentlichen Mitspieler zu tun. Schnell wurde klar, dass Chile nicht ernsthaft an eine Siegchance gegen Deutschland glaubte. Gerralda schickte eine komplett andere Mannschaft auf das Feld wie gegen Weißrussland und ließ zu Beginn seine stärksten Spieler auf der Bank.

Auch Sigurdsson wechselte seine Startformation munter durch, beorderte beispielsweise Andreas Wolff ins Tor oder Tobias Reichmann und Rune Dahmke auf Außen. Das Trio war beim 27:23-Auftaktsieg gegen Ungarn gar nicht zum Einsatz gekommen. Die Wechselspiele schadeten dem offensiv deckenden Außenseiter mehr als den Deutschen. Obwohl einige Chancen vergeben wurden, war schnell klar, dass es vor 5000 Zuschauern im französischen Rouen nicht einmal annähernd zu einer Handballsensation reichen wird.

Bis auf 10:3 zog der Europameister davon, ehe Gerralda seine Stammspieler brachte. Aber auch die waren gegen die 6:0-Abwehr und den stark haltenden Wolff chancen- und ideenlos. Bis zur Halbzeit führten die „Bad Boys“ 17:6. Die Chilenen mussten sich von dieser Lehrstunde anscheinend ausgiebig erholen, zumindest überzogen sie die Halbzeitpause und wurden vom Schiedsrichter zurück ins Hallen-Innere beordert.

So lange die Pause auch gedauert hat, sie brachte nichts. Egal was Chile versuchte, Deutschland leistete sich trotz munteren Wechselspielen kaum Schwächen. Und falls der Abwehr doch mal ein Fehler unterlief, bügelte ihn Wolff wieder aus, der mit 53 Prozent gehaltenen Bällen zum Spieler der Partie ernannt wurde. Mit zahlreichen Gegenstoßtoren schraubten seine Vorderleute den Vorsprung immer weiter in die Höhe, ehe Kreisläufer Jannik Kohlbacher mit seinem achten Tor den 35:14-Endstand besorgte.

„Beide Trainer haben nun Saudi-Arabien im Kopf“, sprach Sigurdsson für sich und seinen chilenischen Kollegen. Mit dem Unterschied, dass Deutschland morgen (17.45 Uhr/handball.dkb.de) und Chile erst am Freitag gegen die Saudis spielt – dann müssen sich die Südamerikaner anders präsentieren.