Horb·Fußball-Bundesliga

Nico Willig: Begeisternd durch gute Arbeit

Der frühere Spieler des TuS Ergenzingen Nico Willig ist neuer Cheftrainer des VfB Stuttgart. Für ehemalige Weggefährten eine logische Konsequenz.

21.04.2019

Von Maik Wilke

Nico Willig als Spieler beim TuS Ergenzingen in der Saison 1998/99.

Nico Willig als Spieler beim TuS Ergenzingen in der Saison 1998/99.

Ein paar Runden um die Trainingsplätze, dann verschwanden die Profifußballer des VfB Stuttgart am heutigen Sonntagmorgen im Kraftraum. Als richtige Einheit kann man das Programm am Tag nach der niederschmetternden 0:6-Niederlage in Augsburg nicht bezeichnen. Doch spätestens nach Ostern steht Nico Willig als neuer (und wohl vorübergehender) Trainer der Stuttgarter Bundesligamannschaft vor der Aufgabe, den VfB vor dem dritten Abstieg aus der höchsten deutschen Fußballliga zu bewahren. Wenig Zeit, um das total verunsicherte Team aufzubauen. Viel Druck, mit dem der 38-Jährige umgehen muss.

„Die Anspannung wird mit Sicherheit größer sein als bisher“, sagt Heiko Kieferle. Der jetzige Trainer des TuS Ergenzingen spielte 1998/99 in der Landesliga zusammen mit Willig, ist seither mit ihm befreundet. „Mit den Profispielern kann er umgehen, aber der Druck auf einen Trainer in der Fußball-Bundesliga ist enorm. Dennoch wird er sich da schnell einfinden und das Drumherum gut ausblenden können.“

Als Motivator gefordert

38 Jahre alt, gebürtiger Tübinger, wohnhaft in Balingen, eine Fahrgemeinschaft mit Domenico Tedesco und Julian Nagelsmann zu den Trainerlehrgängen. Die Personalie Nico Willig wird seit gestern Abend im Ländle besprochen, erzählt, diskutiert. Ist ein Neuling im Profigeschäft der richtige Mann für den Kampf um den Klassenerhalt? Als bisheriger Trainer der U 17- und U 19-Mannschaften des VfB ist die Ernennung Willigs zum Interimstrainer der Profis ohne Zweifel ein großer Schritt in dessen Karriere – kommt aber keineswegs überraschend. „Das Standing im gesamten Verein ist aufgrund seiner guten Arbeit in der U 17 und U 19 immens“, sagt Kieferle, der nach wie vor in engem Kontakt mit Willig steht. „Für mich war es daher naheliegend, Nico zum Trainer zu ernennen. Ein externer Mann bräuchte allein schon zwei Wochen, um die Strukturen im Verein und die Spieler kennenzulernen. Die Zeit hat der VfB nicht – dann wäre die Runde rum.“ Dass Willig keine Eingewöhnungszeit braucht, nannte auch VfB-Sportvorstand Thomas Hitzlsperger als großen Pluspunkt.

Die desolate Leistung der Stuttgarter am Samstagnachmittag hat gezeigt, dass vor dem ehemaligen Spieler des TuS Ergenzingen eine schwierige Aufgabe steht. Und erst einmal die Motivation wieder stimmen muss: „Es ist viel Kopfsache gerade beim VfB“, sagt Sven Hayer, der ebenfalls mit Willig in der Landesliga auflief und Lizenztrainer ist. „Die Einstellung und der Wille haben da zuletzt komplett gefehlt. Da muss Nico Mittel und Wege finden, die Spieler zu erreichen. Aber das kann er. Nico macht klare Ansagen, ist sehr geradlinig“, so Hayer, der in der neuen Saison die SG Altheim-Grünmettstetten trainiert.

Für Heiko Kieferle liegt genau darin eine Stärke Willigs. „Die Spieler werden schnell und nach wenigen Trainingseinheiten seine Idee von Fußball verstehen“, erklärt er. Zunächst werde der neue VfB-Trainer jede freie Minute nutzen, um Videomaterial zu analysieren – und dann die notwendigen Schlüsse zu ziehen. „Er begeistert durch seine gute, akribische Arbeit“, sagt Kieferle.

In den Juniorenteams des VfB steht Nico Willig für Offensivfußball. Die Mannschaften stehen tief in der Hälfte des Gegners, attackieren früh. Das soll der 38-Jährige nun auch bei den Profis einbringen: „Wir müssen daran arbeiten, wieder offensiv zu denken, dass wir wieder mutiger nach vorne gehen. Wir müssen mehr ins letzte Drittel kommen, müssen Chancen erzwingen wollen“, wird Hitzlsperger im Kicker zitiert. Auch Kieferle glaubt, dass sein Freund den bisher erfolgreichen Weg beibehält. „Nico passt die Spielweise nicht der Situation an. Also dass Abstiegskampf gleich bedeutet, sich hinten rein zu stellen. Vielmehr wird er davon losgelöst die Spieler anschauen und nach deren Stärken spielen lassen.“

Landesliga-Saison 1998/1999: Nico Willig (links) spielt mit Heiko Kieferle und dem TuS Ergenzingen eine schwache Runde, es geht gegen den Abstieg. Am gestrigen Samstag, also 20 Jahre später, wurde Willig zum Interimstrainer der Bundesliga-Mannschaft des VfB Stuttgart ernannt. Archivbild: Ulmer

Landesliga-Saison 1998/1999: Nico Willig (links) spielt mit Heiko Kieferle und dem TuS Ergenzingen eine schwache Runde, es geht gegen den Abstieg. Am gestrigen Samstag, also 20 Jahre später, wurde Willig zum Interimstrainer der Bundesliga-Mannschaft des VfB Stuttgart ernannt. Archivbild: Ulmer

Nico Willig im Kurzporträt:

Nico Willig spielte in seiner Jugend lange bei der TSG Balingen, bis der heute 38-Jährige 1997 zu den A-Junioren des TuS Ergenzingen wechselte. Dort stand er auch für die Aktiven ein Jahr in der Landesliga auf dem Platz, unter anderem mit dem jetzigen Ergenzingen-Trainer Heiko Kieferle. 2001 wechselte Willig zurück nach Balingen, wo er bis 2013 als Spieler aktiv war. Bereits 2008 übernahm er parallel dazu das Amt des A-Jugendtrainers, war später Jugendkoordinator. Nach einer einjährigen Pause von 2014 bis 2015 trainierte der 38-Jährige die Stuttgarter Kickers, allerdings nur für sechs Monate. Denn nachdem schon länger Kontakt zum Stadtrivalen bestand, ging es für Willig von den Kickers direkt zum VfB. Zwei Jahre trainierte Nico Willig die B-Junioren beim VfB Stuttgart, zuletzt die A-Junioren.

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Erstellt:
21.04.2019, 17:58 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 15sec
zuletzt aktualisiert: 21.04.2019, 17:58 Uhr

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