Horb · Weihnachtszeit

Nikolaus feiert Jubiläumsbesuch

Seit drei Jahrzehnten gibt Walter Burgbacher den Nikolaus. Dabei muss er sich nicht nur mit skeptischen Kindern herumschlagen.

10.12.2019

Von Hans-Michael Greiß

Zum 30. Mal ließ Walter Burgbacher als Nikolaus die Kinderaugen in Bildechingen leuchten. Bild: Hans-Michael Greiß

Zum 30. Mal ließ Walter Burgbacher als Nikolaus die Kinderaugen in Bildechingen leuchten. Bild: Hans-Michael Greiß

Am 6. Dezember kommt der Nikolaus, das weiß jedes Kind. Im Bildechinger Kindergarten war diesmal ein Jubiläum mit dem Besuch verbunden: Walter Burgbacher kam zum dreißigsten Mal im Gewand des heiligen Gabenbringers.

Die junge Kindergartenleiterin Ruth Göttler war 1989 in Not, für die adventliche Feier fehlte der Nikolaus. Wie sollten die Kinder von Teilen und Nächstenliebe erfahren? Eine Mutter, Brigitte Schubert, kannte jedoch einen in der evangelischen Kirche aktiven Realschullehrer, der zur Vertretung einsprang. Nach 30 Jahren ist der Nikolausbesuch für Walter Burgbacher noch immer ein Herzensanliegen, und er holt bei Jürgen Schubert jedes Jahr die Insignien seiner Bischofswürde ab: die goldene Mitra, die Albe, den Bischofsstab und das goldene Buch, das ihm Allwissenheit über die kleinen Verfehlungen der Menschen verleiht.

Gerade das brachte ihn einmal in Verlegenheit, wie er der SÜDWEST PRESSE berichtete. Da fragte er einmal nach der Freude über die Geschenke, doch ein Kind verweigerte die Antwort mit der logischen Begründung: „Das musst du doch selbst wissen, was du mir gebracht hast.“ Einmal wurde gar seine Identität in Zweifel gezogen: „Du bist nicht der Nikolaus! Du bist der Herr Burgbacher!! Meine Mama hat das gesagt!“ Da suchte er Hilfe in der Runde, wer er denn sei – und alle riefen unisono: „Der Nikolaus!“ Der Zweifler schwieg, wohl etwas verunsichert.

Auch für seinen Kunstbart fand er eine Begründung: Sein deutlich spärlicherer echter Bart mache nicht so viel her. Alle bestätigten, der schöne lange Bart gefalle eindeutig besser. Auf überraschende Fragen gut informierter Naseweise ist er stets gefasst, wie etwa nach den Rentieren. Die würden doch Dreck in den schönen Kindergarten bringen. Und die Kinder malten sich weitere Folgen aus: Vielleicht würden sie sich in die Kuschelecke legen und da „Kacka hinmachen“. Da war die Frage erledigt, ohne sie richtig beantworten zu müssen. Die vage Richtungsangabe seines Hauses weit hinten im Wald lokalisierte ein Bub ganz in der Nähe seines Opas. Für den Schornstein zu dick geworden, um auf diesem Wege die Geschenke zu bringen, fand ein Mädchen eine pragmatischere Lösung, doch einfach durch die Türe zu kommen.

Auch Heilige müssen sich mit irdischen Problemen herumschlagen. So bedingte der Vormittagsunterricht an der Schule, dass der Schutzpatron der Seefahrer erst nachmittags anschipperte; oder der Nikolaustag im Kindergarten wurde wegen Prüfungen eben in der Woche zwischen Barbara (4. Dezember) und Mariä Empfängnis (8. Dezember) gefeiert.

Bei aller Freude über die Begegnungen mit den kleinen Bildechingern ist dem scheidenden Kirchengemeinderatsvorsitzenden Burgbacher („Man muss aufhören, wenn alle weinen, weil man geht, statt dass man immer noch nicht weg ist.“) wichtig, die Figur des Nikolaus zu präsentieren, der mit seiner Nächstenliebe Not linderte. Bewusst lenke er vom bloßen Schenken ab und verweise auf das Kreuz und die Geburt Christi.

Eine Verbündete hat er in Ruth Göttler, die vor den Besuchen die Kinder eingehend vorbereitet, wovon die vielen Bilder zeugen, die der Nikolaus als Geschenk erhält und in seiner Nikolauskiste aufbewahrt. Er sei immer wieder überrascht, wie viel die Kinder behalten hätten. Ganz ohne in sein goldenes Buch zu schauen lobte Burgbacher die Elternvertretung, die die Wertschätzung der Arbeit zum Ausdruck bringe, dass er am Vorabend Geschenke für alle Erzieherinnen gebracht bekomme, die er nach der Bescherung der Kinder weitergebe. Wenn diese merkten, dass noch Päckchen im Korb seien, verstünden sie schnell, dass diese für die Erzieherinnen bestimmt sind.

Göttler führte die prächtige Krippe vor, die die Eltern jede Woche erweitern. Die Schäfchen seien die beliebtesten Figuren; sie vermittelten auch den leichtesten Zugang zum Christfest für die Kinder muslimischen Glaubens. Die Vielfalt der Religionen sei eine Bereicherung, alle Festtage fänden in der Jahresarbeit Beachtung. Dies wecke Einblick in andere Kulturen und stärke die Toleranz. Gerade die Weihnachtskrippe mit dem Kind lasse ihre Schützlinge von der eigenen Herkunft erzählen.

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Erstellt:
10.12.2019, 17:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 00sec
zuletzt aktualisiert: 10.12.2019, 17:00 Uhr

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